Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Bei Quarantäne erstattet der Staat den Lohn
Was Arbeitnehmer und Arbeitgeber zur Corona-Krise wissen sollten
GWEINGARTEN - Das neuartige Coronavirus Sars-CoV-2 hat Deutschland fest im Griff. Was müssen Arbeitnehmer in diesen Zeiten tun, wenn sie befürchten, sich angesteckt zu haben? Was ist zu beachten, wenn eine Quarantäne verordnet wird? Und was sollten Arbeitgeber beachten? Wichtige Antworten zu den Folgen des Coronavirus und der von ihm ausgelösten Krankheit Covid-19 auf das Arbeitsleben im Überblick.
Was ändert sich bei Krankschreibungen während der Corona-Krise?
Krankschreibungen bei Erkältungen – also nach medizinischer Definition „leichten Erkrankungen der oberen Atemwege“– sind vereinfacht worden, seit die Corona-Krise Deutschland richtig getroffen hat. Die Entscheidung dazu haben die Kassenärztliche Vereinigung und die Krankenkassen getroffen. Schon seit dem 9. März können Ärzte ihren Patienten bei entsprechenden Erkrankungen nach persönlicher telefonischer Rücksprache eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für bis zu sieben Tage ausstellen. Seit dem 23. März ist das sogar für bis zu 14 Tage möglich. Diese Regelung gilt vorerst bis 23. Juni – und nur bei leichten Erkrankungen der oberen Atemwege. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wird den Patienten in diesen Fällen per Post zugesendet.
Was muss ich tun, wenn ich kürzlich aus einem Coronavirus-Risikogebiet zurückgekehrt bin?
Das für Infektionskrankheiten zuständige Robert-Koch-Institut führt auf seiner Webseite eine Liste mit Coronavirus-Risikogebieten, die es fortlaufend aktualisiert. Derzeit gelten als Risikogebiete: ganz Ägypten, in China die Provinz Hubei (inklusive der Stadt Wuhan), in Frankreich die Region Grand Est (die Elsass, Lothringen und Champagne-Ardenne enthält), ganz Iran, ganz Italien, in Österreich das Bundesland Tirol, in Spanien die Hauptstadt Madrid, in Südkorea die Provinz Gyeongsangbuk-do (Nord-Gyeongsang) – sowie in den USA die Bundesstaaten Kalifornien, Washington und New
York. Wer aus einem dieser Gebiete zurückkehrt, der soll so weit möglich bis zu zwei Wochen zu Hause bleiben – auch wenn keine der häufigen Covid-19-Symptome wie trockener Husten und Fieber auftreten. Wer darüber hinaus Symptome zeigt (neben Husten und Fieber sind das manchmal Müdigkeit, Gliederschmerzen, Halsschmerzen und Kopfweh und bei schweren Verläufen Atemnot), der sollte sich dringend an das zuständige Gesundheitsamt und an seinen Hausarzt wenden. Dann kann auch ein Test auf das Coronavirus angeordnet werden.
Was muss ich tun, wenn ich mit jemandem Kontakt hatte, der positiv auf das Coronavirus getestet wurde?
Relevant ist der Kontakt mit der infizierten Person nur, wenn er in den vergangenen 14 Tagen stattgefunden hat. Wer mit der infizierten Person engen Kontakt hatte, muss in häusliche Quarantäne gehen. „Enger Kontakt“bedeutet laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung,
dass man mindestens 15 Minuten lang mit dem Erkrankten gesprochen hat oder angehustet oder angeniest worden ist, während dieser ansteckend gewesen ist. Wenn der Kontakt nicht eng war, muss man nicht in Quarantäne – es sei denn, das Gesundheitsamt ordnet die Quarantäne ausdrücklich an.
Was müssen Arbeitnehmer beachten, wenn bei ihnen eine Quarantäne angeordnet wurde?
Die Quarantäne ordnet das Gesundheitsamt an, im Falle eines Coronavirus-Verdachts dauert sie in aller Regel 14 Tage, während der man das Haus grundsätzlich nicht verlassen darf.
Erhalten Arbeitnehmer weiterhin Gehalt, wenn Sie in Quarantäne müssen?
Wenn für einen Arbeitnehmer Quarantäne angeordnet wird, zahlt dessen Arbeitgeber das Gehalt zunächst weiter. Das gilt unabhängig davon, ob die Quarantäne in der eigenen Wohnung oder an einem anderen Ort angeordnet wird. Zumindest gilt das, wenn die Quarantäne maximal sechs Wochen dauert. Falls eine Quarantäne länger dauern sollte, bekommen die Betroffenen eine Entschädigung, deren Höhe dem Krankengeld entspricht.
Was können Arbeitgeber tun, wenn bei einem Angestellten eine Quarantäne angeordnet wurde?
Nach Paragraph 56 Absatz 5 Satz 2 des Infektionsschutzgesetzes kann sich der Arbeitgeber das Gehalt, das er für Mitarbeiter in Quarantäne zahlt, bei der zuständigen Behörde erstatten lassen. In Baden-Württemberg ist es das Gesundheitsamt, in Bayern die jeweilige Bezirksregierung. Der Antrag auf Erstattung muss innerhalb von drei Monaten nach Ende der Quarantäne bei der zuständigen Behörde gestellt werden. Der Arbeitgeber muss dem Antrag eine Arbeitgeberbescheinigung über die Höhe des Arbeitsentgelts beifügen, das der Beschäftigte während der Quarantäne verdient hat – und über die gesetzlichen Abzüge. Auf Antrag können Arbeitgeber auch einen Vorschuss der Erstattung verlangen.
Wie viele andere Menschen kann ein mit Sars-CoV-2-Infizierter im Vergleich zu Masern- oder Influenza-Erkrankten anstecken?
Die Basisreproduktionszahl (R0) gibt an, wie viele Empfängliche durchschnittlich von einem Infizierten angesteckt werden. Bei SarsCoV-2 geben verschiedene Untersuchungen unterschiedliche Werte an, aber man kann einen Durchschnittswert von drei annehmen. Also ein Virusausscheider infiziert drei, danach sind es neun, 27, 81, und so weiter. Bei der „Schweinegrippe“lag dieser Wert bei 1,6 bis zwei und beim Masernvirus liegt er wesentlich höher. Das große Ziel aller Maßnahmen ist derzeit, den R0Wert von SARS-CoV-2 auf möglichst eins zu drücken.
Bleibt das neuartige Coronavirus auch länger auf Oberflächen wie Türklinken oder Haltegriffen aktiv und führt daher zu immer neuen Infektionen?
Viren vermehren sich nicht auf „toten“Materialien. Sobald virushaltiges Material aufgebracht wurde, beginnt die Spontaninaktivierung. Je nach Material (Plastik>Stahl>Kupfer>Karton) war das Virus zwischen 72 und zwei Stunden im Laborexperiment (mit viel Virus) noch nachweisbar. Gegen Ende des Zeitraums aber nur noch sehr, sehr wenig. Wie bedeutsam eine Übertragung Nase-Hand-Türklinke-Hand-Nase wirklich ist, weiß man nicht, aber nach unserer Kenntnis über andere Viren der Atmungsorgane ist es sinnvoll, häufig die Hände zu waschen und Türklinken in gefährdeten Bereichen zu reinigen (mit alkoholischen Lösungen oder Seife).
Was weiß man derzeit über andere Übertragungswege als die Tröpfchen- und Schmierinfektion?
Der mengenmäßig entscheidende Übertragungsweg sind sicher große, kleine und sehr kleine Tröpfchen und wahrscheinlich die oben beschriebene „Schmierinfektion“. Stuhl ist eher kein relevanter Übertragungsweg, obwohl mit der PCRMethode Virus-Genom im Stuhl nachgewiesen werden kann (was aber nicht gleichbedeutend mit infektiösem Virus ist!). Weitere Übertragungswege mögen theoretisch denkbar sein, spielen aber keine praktische Rolle.