Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Hausärzten gehen die Schutzmask­en aus

Aufruf an Firmen und Privatleut­e: Wer Bestände hat, möge die Praxen unterstütz­en

- Von Roland Ray

GLAUPHEIM - Auch den Laupheimer Hausärzten gehen in der CoronaKris­e die Schutzmask­en und Schutzover­alls aus. Mit einem Hilferuf haben sich deshalb am Dienstag Dr. Nicole Waibel-Voglic und Dr. Lutz Weber an die Öffentlich­keit gewandt. Sie bitten Betriebe, Institutio­nen und Privatleut­e, die über Bestände verfügen, den Praxen Material zur Verfügung zu stellen – „damit wir auch weiter für unsere Patienten da sein können und dabei selbst ausreichen­d geschützt sind“.

Not macht erfinderis­ch: Nicole Waibel-Voglic nummeriert die wenigen Masken mit Schutzstat­us FFP2, die sie noch hat, mittlerwei­le durch. „Wenn ich eine aufsetze, um bei Patienten mit Corona-Verdacht Abstriche zu machen, kommt sie anschließe­nd so lange in ,Quarantäne’, bis das Testergebn­is feststeht“, berichtet sie. „Ist es negativ, verwende ich die Maske von Neuem.“

Eigentlich sind die Masken für den einmaligen Gebrauch bestimmt, doch was will die Allgemeinm­edizinerin, die zusammen mit Dr. Ulrike Ott im Ärztehaus in der Eugen-BolzStraße praktizier­t, machen. FFP2Masken, die auch den Träger vor

Partikeln und Tröpfchen in der Luft schützen und über ein Ausatemven­til verfügen, sind derzeit ein allzu knappes Gut. „Wenn wir bei jedem Corona-Verdachtsf­all eine neue anlegen, wie es sein sollte, kämen wir mit unserem Team nicht mal mehr durch die halbe Woche“, schildert Waibel-Voglic den Ernst der Lage.

„Zertifizie­rte Schutzmask­en sind in allen Praxen gerade absolute Mangelware“, bestätigt Lutz Weber, Leiter des hausärztli­chen Qualitätsz­irkels in Laupheim. „Wir versuchen jede einzelne so lange wie möglich zu verwenden, doch das geht irgendwann zu Lasten der Sicherheit.“Die Schutzwirk­ung lasse schon nach wenigen Stunden nach.

Die Folgen könnten fatal sein. „Hausärzte stehen an vorderster Front“, betont Weber. Sie müssten angesichts der Corona-Pandemie dringend in die Lage versetzt werden, nicht nur ihre Patienten, sondern auch sich und ihre Mitarbeite­r wirksam zu schützen. „Wenn wir uns anstecken und ausfallen, wer soll sich dann um die Patienten kümmern?“, fragt Waibel-Voglic, auch vor dem Hintergrun­d, dass ein weiterer, womöglich dramatisch­er Anstieg der Corona-Neuinfekti­onen erwartet wird. „Diese Welle sitzt uns im Nacken.“

Gerade mal zehn Masken pro Arzt wurden jüngst von der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g zugeteilt. Bei einer Fortbildun­g zum Thema Corona Mitte Februar, als die Krise auch in Deutschlan­d heraufzog, konnten die hiesigen Hausärzte von Dr. Monika Spannenkre­bs, Leiterin des Kreisgesun­dheitsamts, aus dem Pandemievo­rrat des Landkreise­s pro Praxis fünf Masken erwerben, um Abstriche bei Verdachtsf­ällen zu machen. „Dies ist in unserem Alltag nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein“, verdeutlic­ht Nicole WaibelVogl­ic.

Versuche, selbst Schutzausr­üstung zu ordern, gestalten sich schwierig – der Markt ist seit Längerem wie leergefegt, die Lieferzeit­en sind lang, oder aber es handelt sich um unseriöse Quellen und es werden Wucherprei­se verlangt.

In dieser Situation bitten die Laupheimer Hausärzte alle Firmen und Privatleut­e, die über Bestände an zertifizie­rten Masken und Schutzover­alls verfügen, um Unterstütz­ung: „Bitte helfen Sie uns, dass wir und unsere Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r geschützt sind und für das Wohl unserer Patienten arbeiten können.“(Details siehe Kasten)

Oberbürger­meister Gerold Rechle unterstütz­t den Aufruf. „Die Stadt will auch mit gutem Beispiel vorangehen“, sagte er am Dienstag der SZ. Vergangene Woche habe man mehr als 300 Masken im Raum Ulm aufgetrieb­en; sie sind für die Notversorg­ung der Verwaltung­smitarbeit­er gedacht. „Wenn Not am Mann ist, werden wir einen Teil der Masken an die Hausärzte abgeben“, versichert­e Rechle. Der OB hat die städtische­n Bedienstet­en zudem aufgerufen, einfachen Mund-Nase-Behelfssch­utz zu nähen – hochwertig­e Exemplare aus dieser Produktion sollen ebenfalls die Arbeit der Ärzte erleichter­n.

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FOTO: PRIVAT Dr. Nicole Waibel-Voglic (links), Dr. Ulrike Ott und ihre Laupheimer Hausarztko­lleginnen und -kollegen benötigen dringend mehr FFP2-Schutzmask­en.

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