Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Hausbesuch vom Friseur ist strafbar
Obermeister und Fachverband appellieren an Berufskollegen und Kunden
GBIBERACH/STUTTGART - Dass man in Zeiten von Corona nicht zum Haareschneiden gehen kann, nehmen einige mit Humor und sind schon gespannt, wie sie mit langer Mähne in einigen Wochen aussehen. Für andere wiederum scheint genau das derzeit eines der größten Probleme zu sein, und sie bemühen sich, Friseure zu finden, die zu den Kunden nach Hause kommen oder diskret die Salontür aufschließen. Scheinbar gibt es im Moment noch Einzelne, die sich auf solche Deals einlassen, worüber Boris Aierstock, Obermeister der Friseurinnung Biberach, verärgert ist und an Kunden wie Friseure appelliert.
„Ich selbst und auch einige Kollegen haben in den vergangenen Tagen Anrufe einzelner Kunden bekommen, ob wir nicht zu ihnen nach Hause kommen könnten. Sie seien nicht an Corona erkrankt, wird dann noch hinzugefügt“, sagt Aierstock. Auch über WhatsApp und andere soziale Medien würden Mitarbeiter gezielt darauf angeschrieben. „Und ich muss leider auch feststellen, dass es einzelne Friseure gibt, die ihre Dienstleistungen im Netz noch immer anbieten“, sagt Aierstock. Ihm sei berichtet worden, dass es auch nach den strengen Restriktionen des Landes zur Eindämmung des Coronavirus noch zu Hausbesuchen von Friseuren gekommen sei. „Ich weiß, dass der eine oder andere Einzelkämpfer oder Soloselbstständige, der bislang auf diese Weise sein Geld verdient hat, sich schwertut, den jetzigen Zustand zu akzeptieren“, sagt der Innungs-Obermeister.
Klar sei aber, dass Hausbesuche von Friseuren im Moment verboten sind, so Aierstock. Dies stellt das Land in seiner Corona-Verordnung explizit klar, wo unter anderem auch die Tätigkeit von mobilen Dienstleistern (dazu zählen explizit auch Friseure) untersagt wird. Denkbar ist bei einem wiederholten Verstoß ein Bußgeld von bis zu 25 000 Euro.
Auch wenn es seine Branche hart treffe, sei er doch etwas erleichtert gewesen, als das Land die Schließung der Friseursalons angeordnet habe. „Als Unternehmer kann man ja eigentlich keine Kunden wegschicken“, sagt er. Allerdings habe er in den Tagen vor der Schließung bemerkt, dass sich seine Mitarbeiterinnen zunehmend schwerertaten, nah an den Kunden zu arbeiten. „Es war einfach eine gewisse Angst da, sich irgendwie anzustecken.“Die vorgeschriebenen 1,5 Meter Abstand seien bei der Friseurtätigkeit nicht einzuhalten.
Er hoffe deshalb, dass sich seine Kollegen, aber auch die Kunden nun nicht unnötig in Gefahr brächten. „Es muss auch den Kunden klar sein, dass sie ihre Gesundheit aufs Spiel setzen, wenn sie jemanden für eine Friseurtätigkeit in ihr Haus lassen, von dem sie nicht wissen, ob er oder sie mit Corona-Infizierten Kontakt hatte“, so Aierstock. Und die Kollegen sollten nicht riskieren, ein saftiges Bußgeld aufgebrummt zu bekommen.
Unterstützung erhält Aierstock von Matthias Moser, Geschäftsführer des Fachverbands Friseur und Kosmetik Baden-Württemberg. „Ich hoffe, dass die Kunden so vernünftig sind, die Corona-Beschränkungen durchzuhalten und nicht die Friseure dazu verleiten oder bedrängen, Dinge
zu tun, die sie im Moment nicht dürfen.“Dabei gehe es um die Gesundheit auf beiden Seiten. Außerdem schade ein Fehlverhalten am Ende möglicherweise dem guten Image, das sich sein Berufsstand in BadenWürttemberg in den vergangenen Jahren erarbeitet habe, so Moser.
Er wünsche sich, dass die Kunden ihren Friseuren die Treue halten und diese wieder besuchen oder zu sich bestellen, wenn die Corona-Krise vorbei ist. „Ich werde mich über den Verband dafür einsetzen, dass die Friseure in den ersten Wochen nach der Krise auch mal an Sonntagen öffnen dürfen, um den zu erwartenden Ansturm zu bewältigen“, sagt Moser. Auch Aierstock stellt in Aussicht, dass Salons möglicherweise am sonst freien Montag öffnen, um die Nachfrage zu bewältigen – „sofern die Mitarbeiter damit einverstanden sind“.