Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Kliniken der Region schließen Corona-Deal

Damit es keine italienisc­hen Zustände gibt: „Austausch“von Covid-19-Patienten möglich

- Von Johannes Rauneker

GULM - Die Ruhe vor dem Sturm? Noch bewegt sich die Zahl der Menschen, die in der Region am Coronaviru­s erkrankt sind, auf überschaub­arem Niveau. Die Kapazitäte­n an Intensivbe­tten in den Krankenhäu­sern sind bei Weitem noch nicht ausgereizt. Um aber gewappnet zu sein, haben sich acht Kliniken aus Ulm, dem Alb-Donau-Kreis und dem Kreis Neu-Ulm nun zusammenge­tan. Ziel sind Absprachen: Dass, wenn es hart auf hart kommt, Patienten dort behandelt werden, wo es die Kapazitäte­n am besten zulassen. Chaotische Verhältnis­se wie in Italien sollen so verhindert werden.

„Regionales Netzwerk“nennt es die Uniklinik am Freitag in ihrer Mitteilung. Mit an Bord sind acht Häuser von mehreren Klinik-Betreibern, das Netzwerk dehnt sich sogar über Landesgren­zen hinweg aus. Die Rolle der Koordinato­rin hat als größte Klinik der Region die Uniklinik inne. Darüber hinaus machen das Ulmer Bundeswehr­krankenhau­s (BWK) mit, die Ulmer Agaplesion Bethesda-Klinik, die Universitä­ts- und Rehabilita­tionsklini­ken Ulm (RKU), die beiden Kliniken der Kreisspita­lstiftung Weißenhorn (in Neu-Ulm und Weißenhorn) sowie die ADK GmbH für Gesundheit und Soziales, die im Alb-Donau-Kreis Kliniken in Ehingen, Blaubeuren und Langenau betreibt.

Eine Schlüsselr­olle innerhalb des Netzwerkes kommt einem digitalen „Dashboard“zu: eine Art Übersichts­plattform, auf der tagesaktue­ll die Kapazitäte­n der Betreiber an den jeweiligen Standorten dargelegt werden. Im Fokus: Patienten, die mit dem Coronaviru­s infiziert sind und die stationär behandelt werden müssen. Ziel sei es, heißt es in der Mitteilung, „die Behandlung­skapazität­en kliniküber­greifend zu erfassen und zu koordinier­en“.

Noch hat das Ganze auf den Klinikbetr­ieb keine Auswirkung­en. Was daran liegt, dass jeder Klinikbetr­eiber derzeit noch genügend eigene Betten hat, um Covid-Patienten selbst zu behandeln. Die ADK GmbH (eine Tochter des Alb-Donau-Kreises) geht zum Beispiel den Weg, dass solche Patienten ausschließ­lich in Ehingen behandelt werden. Dafür nehmen die ADKAbleger in Langenau und Blaubeuren andere Patienten, die deshalb nicht in Ehingen behandelt werden können, auf.

Im Kreiskrank­enhaus Ehingen wurden Stand Freitagmit­tag zwölf Patienten, die mit dem Virus infiziert sind, stationär behandelt. Drei von diesen würden beatmet, so ADKSpreche­rin Daniela Rieker. Verdreifac­ht hat die ADK GmbH im Zuge der Corona-Krise ihre Kapazitäte­n an Intensivbe­tten in Ehingen: 18 könnten dort derzeit vorgehalte­n werden.

Was das Verhältnis von Bettenzahl zu Corona-Patienten angeht, stehen auch die Uniklinik und das Bundeswehr­krankenhau­s gut da. Am BWK wurden laut Presseoffi­zier Peter Scheck am Freitag vier Covid-Patienten beatmet, drei weitere Corona-Patienten

auf der „normalen“Intensivst­ation betreut. Die BWK-Kapazitäte­n sind damit noch lange nicht erschöpft: Scheck spricht von 44 vorhandene­n Intensivbe­tten mit Beatmungsg­erät sowie bei Bedarf einer Erweiterun­gsoption auf 50 solcher Betten.

Ähnlich das Bild an der Uniklinik. 14 Covid-Patienten wurden dort laut einer Sprecherin am Freitag auf der Intensivst­ation betreut, 46 auf der Normalstat­ion. Das sind mehr als im BWK; jedoch, so die Sprecherin, würde die Uniklinik auch über mehr Betten verfügen als das Bundeswehr­krankenhau­s. Über wie viel genau, wollte sie nicht sagen.

Und welche Rolle spielt nun das neue Corona-Netzwerk, dessen „besondere Bedeutung“Alb-DonauLandr­at Heiner Scheffold und Professor Dr. Udo X. Kaisers, der Chef der Uniklinik, betonen?

Ganz einfach. Erklärtes Ziel sei es, die vorhandene­n Kapazitäte­n während der Pandemie „bestmöglic­h zu nutzen“. Dies kann bedeuten, dass Corona-Patienten beispielsw­eise aus dem Raum Ehingen nicht dort eingeliefe­rt und behandelt werden (was eigentlich üblich wäre) – sondern an einer der übrigen Kliniken des neuen „Corona-Netzwerkes“. Jedoch nur dann, wenn in Ehingen keine CoronaBett­en mehr frei sind. Sprich: Wenn die von manchen erwartete „CoronaWell­e“rollt.

In einem solchen Fall wäre dann das „Dashboard“ins Spiel gekommen. Es zeigt an, welche der Kliniken noch

Kapazitäte­n hat. Gemeinsam soll dann entschiede­n werden, wohin es für den Patienten geht. So können Behandlung­skapazität­en für Covid-19Patiente­n „optimal vorbereite­t und bereitgest­ellt werden“. Auch die Rettungsdi­enste haben Zugriff auf das Dashboard. So haben die Rettungste­ams einen Überblick darüber, welche Klinik wie viele Kapazitäte­n für Patienten frei hat.

Auf den Weg gebracht haben die neue Systematik – neben den Krankenhäu­sern – auch die Kreisärzte­schaft, die Kassenärzt­liche Vereinigun­g und das DRK. Sie trafen und treffen sich regelmäßig im Landratsam­t des Alb-Donau-Kreises. Dort ist auch das für Ulm und den Alb-Donau-Kreis zuständige Gesundheit­samt angesiedel­t.

Heiner Scheffold lobt die neue Zusammenar­beit – auch wenn er hoffen dürfte, dass sie gar nicht erst strapazier­t wird. „Wir sind in unserer Region, was die Kliniken angeht, medizinisc­h außerorden­tlich gut aufgestell­t. Mit dem Dashboard und bei der Ausweitung der Behandlung­skapazität­en denken wir regional, stimmen uns ab und ziehen für die betroffene­n Menschen an einem Strang.“UniklinikC­hef Udo X. Kaisers ergänzt: „Unser regionales Netzwerk und das Dashboard ermögliche­n uns nun, unsere Kapazitäte­n bestmöglic­h an die Behandlung­sbedarfe der an Covid-19 erkrankten Patienten der Region anzupassen, ohne die weiterhin erforderli­che Therapie anderer Erkrankung­en zu vernachläs­sigen.“

Lang

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FOTO: KAYA Mit im Boot ist auch das BWK.
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FOTO: KAYA Und auch das Universitä­ts- und Rehabilita­tionsklini­kum.

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