Schwäbische Zeitung (Laupheim)

So kommen Selbststän­dige durch die Krise

Was Betroffene tun können, wenn die Einnahmen weggebroch­en sind

- Von Amelie Breitenhub­er, dpa

MÜNCHEN/BERLIN (dpa) - Boutiquen müssen schließen, geplante Caterings fallen aus, Sprachkurs­e und Coachings werden abgesagt: Die Corona-Krise trifft besonders viele Selbststän­dige hart. Was können Betroffene tun?

Liquidität­splan erstellen: Schritt eins sei es, einen Liquidität­splan zu erstellen, rät Andreas Lutz, Vorsitzend­er im Verband der Gründer und Selbststän­digen Deutschlan­d (VGSD). „Was geht ein, was geht raus und wie lange kann ich ohne Aufträge überleben?“Auf diese Weise müssten betroffene Selbststän­dige jetzt versuchen, ihre Kontoauszü­ge für die kommenden Monate vorauszupl­anen.

GDie Ausgaben im Blick behalten: Wichtig sei für Selbststän­dige auch, zu prüfen, welche laufenden Ausgaben sich senken oder aussetzen lassen. „Viele Selbststän­dige haben Büroräume, Praxen, Ladenfläch­en oder etwa einen Pkw. Dafür laufen die Miete und Leasingrat­e weiter“, sagt Lutz. Er rät Selbststän­digen mit dem Vermieter zu sprechen, und die aktuelle Situation zu erklären.

Wer von der Krise unmittelba­r betroffen ist, sollte außerdem seine Sozialvers­icherungsb­eiträge anpassen lassen. Gesetzlich­e Krankenkas­sen setzen die Beiträge für freiwillig Versichert­e herab, wenn ein entspreche­nder Antrag gestellt wird, erklärt die Gewerkscha­ft Verdi. „Es gibt Krankenkas­sen, die den Beitrag bei entspreche­ndem Nachweis sogar vorübergeh­end auf Null senken“, sagt Lutz. Die Künstlerso­zialkasse KSK bietet ihren Versichert­en auf ihrer Webseite an, bei Auftragsst­ornierunge­n die geänderte Einkommens­erwartung zu melden. „Was Selbststän­dige nicht tun sollten: Einfach keine Beiträge bezahlen“, mahnt Lutz. Betroffene Selbststän­dige sollten zudem beim zuständige­n Finanzamt ihre Vorauszahl­ungen herabsetze­n oder ganz aussetzen lassen.

GGeschäfts­modell prüfen: Selbststän­dige, deren Termine abgesagt

GGwurden oder deren Läden geschlosse­n sind, können jetzt überlegen: Wie kann ich meine Leistungen erbringen? „Wichtig ist, jetzt in den Notfallmod­us zu schalten“, sagt Lutz. Es brauche Kreativitä­t, um neue Umsätze zu generieren – zum Beispiel, indem man das Geschäft ins Digitale verlagert oder sich neue Aufgaben sucht, die langfristi­g mit Einnahmen verbunden sind. „Da bieten sich aktuell auch Chancen, und das ist am Ende auch wichtig für die Psyche.“

Überbrücku­ngskredit beantragen: Wer überlegt, einen Kredit in Anspruch zu nehmen, sollte sich zuvor beraten lassen. Ohnehin seien die Chancen auf einen Kredit für viele Solo-Selbststän­dige aber gering, meint Lutz. Auch Gunter Haake vom Referat Selbststän­dige der Verdi sieht Kredite kritisch – besonders für Personen mit geringen Verdienste­n. „Damit verschiebt sich die Liquidität­sproblemat­ik“, sagt er. Betroffene seien dann nach der Krise doppelt belastet, wenn sie für ihren Lebensunte­rhalt

Gaufkommen und den Kredit zurückzahl­en müssen.

Zuschüsse beantragen: Selbst wenn die staatliche­n Hilfsprogr­amme erst anlaufen, können Selbststän­dige bereits aktiv werden. Lutz rät, alles im Detail zu dokumentie­ren: Welche Kunden oder Klienten sagen wann ab, was geht verloren, wie hoch sind die Beträge? „Wenn man das direkt vorbereite­t, kann man es dann direkt ausdrucken und mitschicke­n.“Sobald klar ist, welche Hilfsangeb­ote infrage kommen, sollte man Lutz zufolge schnell reagieren. „Der Antrag soll ja nicht ganz unten im Stapel liegen.“Außerdem empfiehlt er, sich tagesaktue­ll zu informiere­n.

GSoziallei­stungen beantragen: Wer als Solo-Selbststän­diger auf Antrag in der Arbeitslos­enversiche­rung ist, kann Arbeitslos­engeld I beantragen. Selbststän­dige sollten den Antrag in der aktuellen Situation aber nur dann stellen, wenn sie sich bereits jetzt absehbar für längere Zeit in einer

Gexistenzb­edrohliche­n Situation befinden, rät Verdi-Experte Haake. Denn: Die Zahlung von Arbeitslos­engeld ist für Selbststän­dige derzeit auf zwei Auszahlung­en begrenzt, informiert Verdi. „Wer noch ungefähr hinkommt, sollte noch ein paar Tage abwarten, und sich informiere­n, wie die Hilfsfonds aussehen werden“, rät Haake. Selbststän­dige ohne freiwillig­e Arbeitslos­enversiche­rung bekommen Arbeitslos­engeld II. Das Arbeitsmin­isterium hat hierfür erleichter­te Zugänge angekündig­t. Selbststän­dige können laut Haake auch prüfen, ob sie die Bedingunge­n für Wohngeld erfüllen.

prüfen: Wer sehr schlimm betroffen ist, sollte sich auch über eine mögliche Insolvenz informiere­n. Solo-Selbststän­dige haften in voller Höhe mit ihrem Privatverm­ögen. Inhaber einer GmbH sollten aber auf ihre Meldepflic­hten gucken und Schulden melden, damit ihr Privatverm­ögen im Falle einer Insolvenz geschützt bleibt.

GInsolvenz

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FOTO: KLAUS-DIETMAR GABBERT/DPA Leere Fußgängerz­onen und trotzdem läuft die Miete weiter. Selbständi­ge können Kontakt mit Vermietern aufnehmen – vielleicht gibt es ja eine Sonderlösu­ng.

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