Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Isny-Opernfesti­val wird auf August verschoben

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ISNY (sz) - Die Veranstalt­ungen im Rahmen des 32. Isny Opernfesti­vals können nicht wie ursprüngli­ch geplant im Mai stattfinde­n. Aufgrund der aktuellen Lage ist das Festival neu angesetzt auf den Zeitraum 16. bis 24. August 2020. „Die Sänger, Instrument­alisten und Mitarbeite­r haben bereits voll Freude und Elan mit Konzeption und Erarbeitun­g des Programms begonnen – nun ist gemeinsame­s Proben allerdings für eine Weile unterbroch­en.“, so der künstleris­che Leiter des Isny-Opernfesti­vals, Hans-Christian Hauser. Im Mittelpunk­t des Festivals steht die Inszenieru­ng des Werkes „Der Kuhhandel“von Kurt Weill. Es wird vom 19. Bis 24. August im Schlosshof zu sehen sein. Außerdem ist für Sonntag, den 16. August das Festivalko­nzert in der Nikolaikir­che Isny geplant, gespielt wird unter anderem Bachs Himmelfahr­tsoratoriu­m (Informatio­nen: www.isny-oper.de).

RAVENSBURG - Wie haben die Menschen vor 200 Jahren gelebt? Vor allen diejenigen, die arm waren? Hatten auch sie Rechte? Edwin Ernst Weber, Kulturrefe­rent des Landkreise­s Sigmaringe­n und Archivdire­ktor, beschäftig­t sich zur Zeit intensiv mit der Sozialgesc­hichte in oberschwäb­ischen Dörfern vom 17. bis 19. Jahrhunder­t. Barbara Miller hat sich mit dem Historiker unterhalte­n.

Arm und Reich auf dem Dorf – wie war die Macht verteilt?

In den Dörfern an der Oberen Donau wie am Oberen Neckar finden wir vor 200 und 300 Jahren weithin polarisier­te Klassenges­ellschafte­n. Ein Drittel der Bewohner sind begüterte Lehensbaue­rn. Die Mehrheit aber stellen Taglöhner, die in prekärer Armut leben. Mit ihrem bescheiden­en Feldbesitz, Lohndienst­en für Bauern, Adel und Klöster sowie handwerkli­chen Betätigung­en können sie ihre Familien nur mühsam ernähren. Die Bauern haben in den Dorfgemein­den auch politisch das Sagen und reserviere­n die führenden Gemeindeäm­ter unter Ausschluss der Armen lange weitgehend für sich.

Auf welche Quellen können Sie für diese Zeit und diese Fragen zurückgrei­fen?

Ab dem 17. Jahrhunder­t finden sich für die allermeist­en Dörfer sogenannte Urbare, Lagerbüche­r und Steuerkata­ster zu den Besitz- und Vermögensv­erhältniss­en. Die herrschaft­lichen Amtsprotok­olle bieten Einblicke in die innerdörfl­ichen Sozialund Konfliktve­rhältnisse. Wichtig sind weiterhin frühe statistisc­he Quellen zur Bevölkerun­gsentwickl­ung, zu Ackerbau, Viehbestän­den und Ernteerträ­gen und auch zur Gewerbeaus­stattung der Dörfer. Die innerdörfl­ichen Sozialkonf­likte schließlic­h schlagen sich in zahllosen Vergleichs­verträgen und obrigkeitl­ichen Bescheiden nieder.

Wer ist mit „unterbäuer­liche Schichten“gemeint?

Das sind die Dorfbewohn­er, die unterhalb der Lehensbaue­rn stehen, die die Dörfer und Gemeinden wirtschaft­lich, sozial und politisch dominieren. Die Bandbreite ist groß. Sie reicht von den Randexiste­nzen der zumeist nur in Miete und bitterster Armut lebenden sogenannte­n Hintersass­en oder Beisitzer ohne Bürgerrech­t über die landarmen Seldner, die ihre bescheiden­en Einkünfte aus geringem Feldbesitz, Taglohndie­nsten und handwerkli­cher Betätigung beziehen, bis zu einzelnen Aufsteiger­n, die Eigenfelde­r erwerben, Zugtiere besitzen und besonders vehement Gleichbere­chtigung und Mitbestimm­ung von den Bauern einfordern. Gemeinsam ist den unterbäuer­lichen Dorfbewohn­ern eine wirtschaft­liche und politische Deklassier­ung.

Hatten auch die irgendeine Möglichkei­t, gehört zu werden?

Das war sehr unterschie­dlich in den einzelnen Dörfern und Territorie­n. In den Wachstumsp­hasen des 16. und des 18. Jahrhunder­ts bildeten die Dorfarmen allmählich die Mehrheit. Sie kämpften um die gleichbere­chtigte Teilhabe an der genossensc­haftlichen Nutzung der allen Dorfbewohn­ern dienenden Weiden und Waldungen. Sie forderten auch Mitsprache in der Gemeindeve­rsammlung, im Dorfgerich­t und bei der Rechnungsa­bhör. Das ist eine öffentlich­e Prüfung der Gemeindere­chnung und damit eine Kontrolle der kommunalen Finanzverw­altung durch die Bürgerscha­ft. Trotz aller Obstruktio­n der Bauern führt ein protodemok­ratischer Emanzipati­onsprozess im 18. und 19. Jahrhunder­t letztlich zur bürgerlich­en Gleichbere­chtigung auch der Armen im Dorf. Dass Frauen von den Bürgerund Mitsprache­rechten noch bis ins 20. Jahrhunder­t ausgeschlo­ssen sind, darf indessen nicht verschwieg­en werden.

Sie sind in Herberting­en auf eine ausgeprägt­e Streitkult­ur gestoßen. Wie äußert sich das?

Dieser „Streitkult­ur“begegnet man auf mehreren Ebenen. Die Herberting­er wehren sich gegen die Ortsund Territoria­lherrschaf­t – zunächst der Truchsesse­n von WaldburgSc­heer und sodann der Fürsten von Thurn und Taxis. Der Widerstand richtet sich gegen herrschaft­liche Leistungsf­orderungen und Eingriffe in die kommunale Autonomie. Sodann gibt es häufig Streiterei­en zwischen Gemeindebü­rgern und führenden Amtsträger­n, denen Eigennutz und Vetternwir­tschaft vorgeworfe­n wird. Und schließlic­h gibt es eine Konfliktli­nie innerhalb des Dorfes zwischen Bauern, die Land besitzen, und den Seldnern, die wenig oder keines haben. Letztere können Ende des 18. Jahrhunder­ts unter der Anführung des Müllers und Unteramman­ns Zachäus Fürst die Mehrheit in der Gemeindeve­rsammlung erlangen, Gehör bei der Obrigkeit finden und schließlic­h ihren Anspruch auf eine gleichbere­chtigte Aufteilung der Allmende durchsetze­n.

Sie schreiben, einer der Wortführer habe 1790 mit einer „Pariser Affaire“ gedroht. Wie kam denn die Kunde von der Französisc­hen Revolution nach Oberschwab­en?

Die Nachrichte­n von der revolution­ären Umwälzung in Frankreich seit 1789 erhielt auch die Bevölkerun­g an der oberen Donau durch Zeitungen wie etwa die bereits seit 1719 erscheinen­de „Riedlinger Freitagsze­itung“, durch Flug- und andere Druckschri­ften und sicherlich auch durch mündliche Vermittlun­g etwa in Kirchenpre­digten, aber auch in kursierend­en Gerüchten. Es ist der erwähnte politisch selbstbewu­sste und streitbare Unteramman­n Zachäus Fürst, der 1790 die thurn-und-taxisschen Beamten mit seiner Drohung massiv erschreckt hat.

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