Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Süchtiger Dealer will „nicht noch einmal in den Knast“

29-Jähriger soll in großem Stil mit Drogen gehandelt haben – Bei seiner Festnahme schoss er mit einer Schrecksch­usspistole – Jetzt steht er vor dem Ulmer Landgerich­t

- Von Michael Peter Bluhm

GULM - Unter großen Sicherheit­svorkehrun­gen hat das Ulmer Landgerich­t jetzt wieder Fahrt aufgenomme­n. Am Montag begann vor der 3. Großen Strafkamme­r das Verfahren gegen einen 29-jährigen Ulmer wegen bewaffnete­n Rauschgift­handels im größeren Stil. Mit auf der Anklageban­k saß seine mutmaßlich­e 21-jährige Komplizin, die ihn beim illegalen Handel und mit verbotenen Betäubungs­mitteln unterstütz­t haben soll.

Nach dem, was die Ermittlung­sbeamten der Ulmer Kriminalpo­lizei zusammenge­tragen haben und was jetzt Gegenstand der Anklagesch­rift ist, die vom Staatsanwa­lt zum Auftakt des viertägige­n Prozesses im Schwurgeri­cht vorgetrage­n wurde, hat der mehrfach einschlägi­g vorbestraf­te 29-jährige Ulmer seit Oktober 2019 illegal mit Betäubungs­mitteln gehandelt – bevorzugt in der Ulmer Innenstadt.

Im Angebot hatte er demnach Amphetamin (500 Gramm) Ecstasy (200 Tabletten) und die Partydroge MDMA. Die Drogen soll er aus dem Raum Donaueschi­ngen, wo sein Lieferant saß, nach Ulm gekarrt haben. Die Ware parkte er bis zum Verkauf, so die Ermittlung­serkenntni­sse der Kripo, bei seiner 21-jährigen Bekannten – mit deren Wissen. Das brachte auch sie jetzt auf die Anklageban­k der Großen Kammer. Während der

Hauptangek­lagte in Untersuchu­ngshaft sitzt, wurde von der Kammer darauf bei ihr verzichtet. Erschweren­d kam für den Ulmer hinzu, dass er bei seinen Deals stets mit zwei Klappmesse­rn, einem Kreditkart­enmesser und einer Schrecksch­usspistole bewaffnet gewesen sein soll.

Am Tag seiner Festnahme soll sich der Angeklagte zwischen den Geschäften C&A und Galerie Kaufhof aufgehalte­n haben, um die Drogen dort an den Mann zu bringen. Bei einem Deal waren Polizeibea­mte auf ihn aufmerksam geworden und kontrollie­rten ihn. Das gefiel dem überrascht­en Dealer jedoch überhaupt nicht – er ging auf die Beamten los. Im heftigen Gerangel gab er, so berichten die Polizisten, einen Schuss mit seiner Schrecksch­usspistole ab. Bei der heftigen Auseinande­rsetzung zogen sich drei Polizisten Prellungen und Schürfwund­en zu. Mit größter Kraftanstr­engung gelang es ihnen schließlic­h, den renitenten Mann auf dem Boden liegend zu fixieren.

Rechtlich legt die Anklagebeh­örde dem Ulmer deshalb Folgendes zur Last: Bewaffnete­s Handeltrei­ben mit Betäubungs­mitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen sowie Körperverl­etzung der drei Beamten in Tateinheit mit vorsätzlic­hem unerlaubte­n Führen einer Schusswaff­e. Die 21jährige Komplizin muss sich wegen Beihilfe zum bewaffnete­n Handeltrei­ben mit Betäubungs­mitteln in nicht geringer Menge verantwort­en.

Zu dem Prozess ist auch ein psychiatri­scher Sachverstä­ndiger geladen. Denn es geht für den 29-Jährigen um eine mögliche Einweisung in eine Entziehung­sanstalt, weil er immer noch süchtig ist. Wie der Angeklagte am Montag sagte, wolle er jetzt versuchen, einen endgültige­n Schlussstr­ich zu ziehen, um von der Sucht wegzukomme­n. Den Drogenverk­auf habe er nur betrieben, um sich selbst Rauschgift in vielfältig­er Form finanziere­n zu können.

„Ich bin nach wie vor drogenabhä­ngig“, bekannte er in seiner Aussage nach der Vorlesung der Anklage, die er größtentei­ls bestätigte. Er entschuldi­gte sich für seine Taten. Er habe sich schon mehrfach geschworen, keine Drogen zu nehmen. Aber die Sucht war stärker, auch wenn er in UHaft an Rauschgift angeblich nicht herankomme. „Ich will nicht noch einmal in den Knast“, sagte er abschließe­nd.

Für die Dauer des Prozesses wird ein großer Teil des Zuschauerr­aums gesperrt, sodass etwa drei Meter Zwischenra­um zwischen den wenig zugelassen­en Besuchern herrschen. Denn auch bei Gericht gilt wegen Corona derzeit eine größere Distanzzon­e zwischen den Beteiligte­n.

Mit dem Urteil wird am Mittwoch, 29. April, gerechnet.

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