Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Eigener AfD-Kreis-Chef will Rottmann aus Landtag werfen
Differenzen hinter den Kulissen im Alb-Donau-Kreis und Ulm – Ciresa sägt am Stuhl des eigenen Abgeordneten
GULM/ALB-DONAU-KREIS - Freunde werden Daniel Rottmann und Eugen Ciresa in diesem Leben wohl nicht mehr. Während der für den Wahlkreis Ehingen im Landtag sitzende Rottmann dem gemäßigteren AfDLager zuzuordnen ist, fordert der Kreisvorsitzende Eugen Ciresa die Ablösung von AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen – weil dieser den als rechtsextrem geltenden „Flügel“von der Partei abspalten wollte. Nun sägt Ciresa am Stuhl seines Parteifreundes Rottmann. Bei der anstehenden Nominierungsversammlung tritt er gegen diesen an.
Bangt Daniel Rottmann angesichts der Kampfansage aus Allmendingen um seine Zukunft als Landtagsabgeordneter? Darauf angesprochen gibt er sich äußerst schmallippig. „Kein Kommentar“, lässt er die „Schwäbische Zeitung“wissen. Eugen Ciresa, sein Parteifreund und zugleich AfD-Kreisvorsitzender für Ulm und den Alb-Donau-Kreis, ist gesprächsfreudiger.
Ja, sagt Ciresa, er werde AfD-intern antreten gegen Rottmann, der bei der vergangenen Landtagswahl im Jahr 2016 Erfolg hatte und das Ticket gen Stuttgart löste. Gewählt wurde Rottmann damals nicht direkt ins Landesparlament von den Wählern im Wahlkreis 65 Ehingen. Die 15,9 Prozent reichten am Ende aber für ein Zweitmandat.
Bei der kommenden Landtagswahl am 14. März 2021 dürfte es deutlich enger werden für den bibelfesten Rottmann. Geboren wurde er in Lübeck, er arbeitete schon als Buchhändler und im Einzelhandel. Studiert hat er allerdings evangelische Theologie und steckte bereits in einer Pastorenausbildung. Jetzt Politiker. Nur: Wie lange noch?
Denn nun ist vieles anders als vor der zurückliegenden Landtagswahl. Zwar bewarb sich der Allmendinger Ciresa schon damals bei den Mitgliedern des Kreisverbands Ulm/AlbDonau darum, als Kandidat für die AfD in die Wahl gehen zu dürfen. Damals jedoch nur im separaten Landtagswahl-Kreis 64 – dem Ulmer Wahlkreis. Im Ehinger Wahlkreis 65 ließ er Rottmann ran. Jetzt aber will Ciresa von den Mitgliedern in beiden Wahlkreisen nominiert werden. Und wird damit zum direkten Gegenkandidaten Rottmanns, der bereits im Januar seinen Hut wieder für den Ehinger Bezirk in den Ring geworfen hat.
Nur einer kann gewinnen. Ciresa will will Rottmann aus dem Landtag werfen.
Auf die Qualitäten seines Konkurrenten Ciresa angesprochen, meint Rottmann nur: „Der redet viel.“Er selbst hingegen sei ein Schaffer – „ich mach’ Sacharbeit“, so der Oppositionspolitiker. Er kündigt an, sein Landtagsmandat verteidigen zu wollen.
Wen die rund 120 Mitglieder des Kreisverbandes für welchen Wahlkreis nominieren, ist noch unklar. Das Procedere sieht so aus: Mitglieder des Kreisverbandes (dem Ciresa vorsteht), die im Ehinger Wahlkreis wohnen, bestimmen den dortigen Kandidaten; die Ulmer AfDler ihren.
Eigentlich sollten die Nominierungsversammlungen in diesem Frühjahr stattfinden. Doch dann kam Corona und Versammlungen sind nicht gestattet. Ciresa geht allerdings davon aus, dass über die hiesigen AfD-Landtagskandidaten noch in diesem Jahr Klarheit herrschen werde.
Dass die Kampfkandidatur zwischen ihm und Rottmann das Ergebnis eines Zerwürfnisses sei, bestreitet Ciresa. Vielmehr lägen sie inhaltlich nicht auf einer Linie. Rottmann wird dem Meuthen-Flügel zugeordnet. Nicht kommentieren will er es, dass dieser auf Bundesebene für seinen Vorschlag, den „Flügel“von der Partei abzuspalten, nun mächtig Prügel bekam, sich sogar entschuldigten musste. Und Ciresa?
Der outet sich als Anhänger einer AfD mitsamt „Flügel“(der wird vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft). Meuthen, so Ciresa zur „Schwäbischen Zeitung“, solle zurücktreten. Seine Ankündigung, nun gegen Rottmann anzutreten, kann auch damit zusammenhängen, dass er sich im Ehinger Wahlkreis einfach bessere Chancen ausrechnet als in Ulm. Die Großstadt gilt als liberal, der Ehinger Wahlkreis als vielversprechender (siehe Rottmanns Erfolg), weil konservativer.
Doch egal, wer die Nominierung gewinnt. Eines ist schwer vorstellbar: Dass Rottmann und Ciresa am Ende zusammen Wahlkampf machen, Zettel verteilen an Ständen und für die gemeinsame Sache werben. Was aus Ciresas Sicht alle AfDler eine, sei „die Liebe zu unserem Volk und Vaterland“. Rottmann hingegen findet, AfD-Übervater Alexander Gauland habe durchaus Recht gehabt mit seiner Feststellung, die AfD sei ein „gäriger Haufen“.