Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Wie Stoffreste und Kaffeefilter helfen
Mit selbst genähten Atemmasken unterstützen Ehrenamtliche in der Region Menschen, die es nötig haben
GLANDKREIS NEU-ULM - Österreich hat sie schon, als erste deutsche Stadt hat sie Jena kürzlich eingeführt: Die Mundschutz-Pflicht im öffentlichen Raum. In Deutschland und damit auch im Landkreis Neu-Ulm ist zum Tragen von Masken zwar noch keiner verpflichtet, viele Menschen entscheiden sich aber trotzdem freiwillig für das Bedecken des Mundes. Der Bedarf an Atemmasken steigt also, vor allem in den Kliniken, die unmittelbar mit den Folgen des Coronavirus zu kämpfen haben. Um ihnen zu helfen, gibt es immer mehr Ehrenamtliche, die ihren Teil in der Krisenzeit beitragen. Nähbegeisterte kreieren daheim selbst gemachte Atemmasken und spenden sie dorthin, wo sie dringend benötigt werden.
Eine von ihnen ist Lea Schönleber aus Wullenstetten. Weil die Studentin momentan sowieso Semesterferien hat und gerne näht, beschloss sie, die Zeit zu nutzen und zu Hause Atemmasken aus ihren Stoffresten anzufertigen. Schönleber kam über eine Freundin ihrer Mutter dazu, die Masken herzustellen: „Sie ist selbst Hebamme und weiß, dass ich gerne nähe. Sie hat mir erzählt, dass solche Masken gerade dringend gebraucht werden. Ich fand die Idee gut und hab mir gleich die Anleitung angeschaut.“Für die Masken verwendet sie Stoffreste, die heiß gewaschen und dadurch wiederverwendet werden können. Außerdem benötigt sie ein Gummiband für die Fixierung der Maske an den Ohren und einen Draht, den sie für die Anpassung an der Nase einarbeitet. Bei Schönlebers Masken besteht außerdem die Möglichkeit, einen Filter einzuschieben. Das können beispielsweise handelsübliche Staubsaugerbeutel oder
Kaffeefilter sein. Die fertigen Masken spendet die Studentin an Hebammen aus der Umgebung. Da die Masken nicht den Vorgaben in den Kliniken entsprechen, dürfen die Hebammen sie nur bei privaten Besuchen tragen.
Eine weitere junge Helferin ist Pia Blaas aus Illerzell. Die 17-Jährige näht und verteilt ebenfalls ehrenamtlich Masken an Menschen aus dem Umkreis. Ihre Hauptabnehmer sind derzeit Familie und Bekannte. „Als mein Vater im Internet einen Beitrag gesehen hat, hat er mir die Anleitung ausgedruckt. Dann habe ich das einfach mal ausprobiert“, sagt die Illerzellerin.
Sie erzählt, dass sie vor allem für Oma und Opa angefangen hat zu nähen, damit diese die Masken beim Einkaufen tragen können. Da die Schülerin Anfang des Jahres ein Praktikum im Vöhringer Altersheim gemacht hat, möchte sie nun auch diese Einrichtung unterstützen und Masken für Pfleger und Personal nähen. Ihre Masken bestehen grundsätzlich aus alten Bettlaken der Großmutter, die heiß gewaschen und dann zugeschnitten werden. Bei den selbst genähten Masken geht es nicht darum, selbst geschützt zu sein, sondern darum, andere vor Infektionen zu bewahren. Sie halten Tröpfchen ab und können somit helfen, eine Verbreitung des Virus einzudämmen. Vor einer Ansteckung mit Covid-19 schützen sie aber nichtj.
Das wissen auch Andrea Merkle, Theresia Richter-Numberger, Sophie Richter und Anja Ziesche vom Nähcafé Dietenheim. Deshalb zögerten sie zunächst damit, selbst mit dem Nähen von Masken anzufangen. Doch die Nachfrage war da. Mittlerweile sind bereits 400 Atemmasken entstanden, die das Café an öffentliche Pflegeeinrichtungen wie die Seniorenzentren in Dietenheim und Regglisweiler gespendet hat. Für die Masken haben die Frauen viel herumgetüftelt, verwendet haben sie vor allem heiß waschbare Baumwollstoffe. Einige Stoffe und auch das Gummiband haben sie gespendet bekommen, die intensive Näharbeit lag bei ihnen.
Neben Lea Schönleber, Pia Blaas und dem Nähcafé gibt es noch viele weitere freiwillige Näherinnen und Näher in der Region. Auch Mitglieder des Vereins Heart for Life aus Senden nähen Masken für soziale Einrichtungen und Kliniken in der Umgebung und nehmen Stoff-Spenden entgegen. Die Malteser in NeuUlm sind ebenfalls aktiv und haben rund 40 freiwillige Näher gefunden. 1000 Masken sind so entstanden, die die Malteser gratis an Altenheime weitergegeben haben. Den wirtschaftlichen Weg in Sachen Mundschutz geht das Neu-Ulmer Unternehmen Shirtcity, das Textilien für Kunden bedruckt und jetzt auch individuelle Mundmasken herstellt – was gut ankommt. 25 000 verschiedene Designs gibt es.