Schwäbische Zeitung (Laupheim)
„Es ist eine Katastrophe“
Corona-Pandemie hat dramatische Auswirkungen auf Indien-Projekte der Doktores Kölle
GSCHWENDI/KALKUTTA - Keine guten Nachrichten gibt es aus Indien. Dort engagieren sich die Doktores Dankwart und Uta Kölle seit vielen Jahren für an Tuberkulose erkrankte Kinder und Frauen. Erst am 26. Februar ist das Ehepaar von einem Aufenthalt in Kalkutta nach Schwendi zurückgekehrt. Zum damaligen Zeitpunkt war die Corona-Pandemie noch kein Thema in Indien – nun aber spitzt sich die Lage dramatisch zu.
„Es ist eine Katastrophe“, sagt Dankwart Kölle über die Situation der Menschen in Kalkutta. Sie ist schon in „normalen“Zeiten nicht einfach, doch die Corona-Pandemie hat die Lage noch verschärft. „Es sieht furchtbar aus“, weiß der Mediziner.
Das von Dankwart und Uta Kölle 2009 initiierte Mädcheninternat „Asha Kiran“mit 40 Plätzen ist geschlossen. Die Mädchen, die von dort aus bis zur siebten Klasse eine benachbarte, von einem Bruder des Prado-Ordens geleitete Schule besuchen, wurden nach Hause geschickt.
„Wir wissen nicht, was mit den Kindern ist. Im Moment haben wir keinen Kontakt zur Schulleitung.“Kölles wissen auch nicht, ob der betagte Rektor krank ist oder vorübergehend keinen Zugang zum Internet hat.
Das „Pushpa Home“, ein Hospital für tuberkulosekranke Kinder, das Uta und Dankwart Kölle maßgeblich initiiert haben, Partnerprojekt der Hilfsorganisation German Doctors, ist weiterhin geöffnet. Allerdings sind dort momentan nur noch 16 Kinder untergebracht, das ist gut die Hälfte der normalerweise üblichen Belegung. „Es wurde darauf geachtet, die Gruppe kleiner zu machen“, sagt Dankwart Kölle.
Probleme bereitet zudem der öffentliche Nahverkehr, der von Einschränkungen des öffentlichen Lebens stark betroffen ist. „Wir müssen deshalb das Personal mit der Ambulanz holen und heimfahren“, erzählt der Mediziner von den Zuständen in der indischen Millionenstadt.
Was die indische Regierung aufgrund der Corona-Krise gemacht habe, sei furchtbar für die Bevölkerung. „Von einem Tag auf den anderen wurden die Straßen mit Polizeigewalt leergefegt“, erzählt Dankwart Kölle, der in Kontakt mit einem Kollegen steht, der bis vor Kurzem in Kalkutta weilte. „Mir ist es ein Rätsel, wie die Menschen dort überleben sollen, denn Hausangestellte oder Tagelöhner können nicht mehr zur Arbeit. Da bricht der gesamte Verdienst weg.“
Staatliche Hilfen seien schwer zu bekommen, auch, weil rund 60 Prozent der Inder Analphabeten sind. „Wie sollen diese Menschen Unterstützung überhaupt beantragen?“, fragt sich Kölle. Wanderarbeiter trügen das Virus ins ganze Land. Und Indien mit seinen Slums und vielen armen Menschen bietet Corona beste Bedingungen, sich auszubreiten. „Nicht genug zu essen, Vorerkrankungen – das macht die Schwachen in der Bevölkerung besonders anfällig.“
Um die Not der Menschen zu lindern, haben sich Kölles an einer Aktion des St. Thomas Home für tuberkulosekranke Frauen beteiligt. „Über die German Doctors haben wir 2000 Euro hingeschickt. Davon werden
Care-Pakete finanziert.“Auch die indische Hilfsorganisation Howrah South Point hat eine Hilfsaktion geplant, um die Tuberkulose-Ambulanz zu stützen.
Wer von Deutschland aus helfen will, kann über den Verein „Projekt 36 – Kalkutta-Hilfe“spenden, Stichwort „Corona-Virus“. Das Geld wird für die Versorgung der Ärmsten in der Umgebung des Pushpa Home verwendet.
Der Verein „Projekt 36 – KalkuttaHilfe“wurde 2017 gegründet, um die Arbeit der Doktores Kölle zu unterstützen und langfristig zu sichern. Aus den Spenden des Vereins werden das „Pushpa Home“und das Mädcheninternat „Asha Kiran“finanziert. Außerdem unterstützt „Projekt 36“das St. Thomas Home für tuberkulosekranke Frauen.
Wer mehr über das „Projekt 36“wissen möchte, kann sich auf der Homepage des Vereins informmieren:
www.projekt-36.de