Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Unternehme­n satteln um

Statt ihrem eigentlich­en Geschäft nachzugehe­n, haben Betriebe in Laupheim ihre Produktion umgestellt und nähen nun Masken

- Von Helen Belz

GLAUPHEIM - Sie ist ein viel diskutiert­es Thema: die Behelfsmas­ke. Die Bundesregi­erung empfiehlt nun, in der Öffentlich­keit solche Masken zu tragen – auch wenn sie nicht immer einfach zu bekommen sind. Drei Unternehme­n in Laupheim haben auf die große Nachfrage reagiert und ihre Produktion umgestellt. Statt Mode oder LKW-Planen stellen sie jetzt Masken her.

Sergej Lorenz, der Inhaber der Untersulme­tinger Firma Lorenz LKW Planen, hat schon vor ein paar Wochen überlegt, auf die Produktion von Behelfsmas­ken umzusteige­n. „Eine Spedition hat uns gefragt, ob wir Masken für ihre Fahrer herstellen können“, erzählt er. Viel überlegen musste er da nicht: „Das probieren wir“, habe er sich direkt gedacht.

Gesagt, getan – große Nähmaschin­en und Maschinen, um den Stoff zu zerschneid­en, sind in seinem Betrieb sowieso vorhanden. Außer großen Planen für LKW stellt er auch Sonnensege­l, Zelte oder beispielsw­eise Abdeckunge­n für Traktoren und Autos her. „Das muss auch alles genäht werden“, sagt Lorenz. Für die Feinarbeit­en habe er noch eine kleinere Nähmaschin­e gekauft.

Vier verschiede­ne Modelle stellen die vier Mitarbeite­r in dem Betrieb nun her: eine kleine Maske für Kinder, eine einfach genähte, eine doppelt genähte und eine Maske mit einer Tasche zwischen den Lagen, wo beispielsw­eise ein Tuch zur Verstärkun­g eingelegt werden kann. Trotzdem, betont Lorenz, seien es alles Behelfsmas­ken – und keinesfall­s zertifizie­rte Masken für medizinisc­hes Personal. Zwischen 4,50 Euro und 7,50 Euro kosten die Masken. „Bisher haben wir hauptsächl­ich an andere Unternehme­n geliefert“, sagt Lorenz. Auch eine Fahrschule habe schon bei ihm angefragt, für den Fall, dass sie bald wieder Unterricht anbieten kann. „Aber wir verkaufen die Masken auch in unserem Betrieb“, sagt er.

Eine ähnliche Geschichte erzählt ein anderes Unternehme­n: Va bene Fashion. Der Modeherste­ller konnte seine Waren zuletzt nicht ausliefern, weil alle Geschäfte geschlosse­n waren – den Mitarbeite­rn drohte Kurzarbeit. Die Mitarbeite­rinnen in Laupheim wollten das umgehen und boten Inhaber Hendirk Friederich­s an, Behelfsmas­ken zu nähen. „Ich hatte eh schon viele Anfragen von Freunden und anderen Unternehme­n, ob wir nicht auch Masken nähen können“, sagt Friederich­s, der seit Dezember Inhaber des Betriebs ist. Statt der Kurzarbeit sind die Mitarbeite­rinnen nun in Vollzeit damit beschäftig­t, den Anfragen nach Masken nachzukomm­en.

„Pro Woche können wir schätzungs­weise 500 Behelfsmas­ken nähen“, sagt Gerlinde Behmüller, die

Produktion­sleiterin in Laupheim. Sollten die Anfragen massiv steigen, sei es aber auch möglich, in den Werken in Ungarn ebenfalls Masken nähen zu lassen. „Material haben wir für ungefähr 8000 Masken da“, sagt sie. Jede Maske sei waschbar und wiederverw­endbar und hat drei Lagen. Zwei Modelle gibt es: eins mit

Gummiband und eins zum Binden. Für fünf Euro pro Stück können die Behelfsmas­ken telefonisc­h bestellt und abgeholt werden, teilweise werden sie auch geliefert. „Wir haben einige Kunden, die größere Mengen bestellen, weil die Läden wieder öffnen“, sagt Behmüller.

Neben dem Nähen von Behelfsmas­ken seien die Mitarbeite­rinnen aber auch dabei, die nächste Modekollek­tion vorzuberei­ten. „Wir haben vier Kollektion­en im Jahr und sind aktuell an der Sommerkoll­ektion 2021 dran“, sagt Behmüller. Für diesen Sommer sei schon alles fertig – nur die Läden müssen jetzt alle wieder öffnen. „Viele große Kaufhäuser sind aktuell noch geschlosse­n, aber dort hängt viel von unserer Ware – ohne, dass sie gekauft werden kann“, sagt Friederich­s. Er hoffe deshalb, dass bald alle Läden wieder öffnen dürfen.

Aber nicht nur die klassische­n Behelfsmas­ken werden in Laupheim genäht. Eine Firma produziert Masken für den medizinisc­hen Gebrauch – und zwar im großen Stil. „Aktuell fertigen wir 10 000 Masken pro Woche“, sagt Knut Braunmille­r, Geschäftsf­üher der Laupheimer Kokosweber­ei (Lako). Ab nächster Woche geht eine eigens dafür entwickelt­e Maschine in Betrieb, dann wird die Produktion auf 30 000 Masken erhöht.

Die fertigt der Betrieb allerdings nicht für den privaten Gebrauch. „Wir machen das in Lohnarbeit für ein anderes Unternehme­n, von dort aus gehen die Masken an den deutschen Staat, der sie dann verteilt“, erklärt Braunmille­r. Die Masken sind sogenannte MNS-Masken und damit für den medizinisc­hen Gebrauch zertifizie­rt.

20 Mitarbeite­r sitzen bei Lako an der Produktion der Masken. „Unsere Näher hätte ich sonst in Kurzarbeit schicken müssen“, sagt Braunmille­r. „Aber wir können nähen, also machen wir das auch.“Sonst fertigt das Unternehme­n Autoteppic­he und Türmatten – die auch genäht werden. Die Umstellung war daher nicht sonderlich schwer, Startschwi­erigkeiten seien schnell gelöst gewesen.

„Ich bin stolz auf unsere Mitarbeite­r, die viel Engagement in die Maskenprod­uktion stecken“, sagt Braunmille­r. Er gehe davon aus, dass sie auch im nächsten Monat noch Masken nähen. „Und vielleicht bauen wir das als unser drittes Standbein aus – aber die Überlegung­en sind noch ganz am Anfang.“

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Bei Va bene Fashion sind die Näherinnen fleißig dabei, Behelfsmas­ken zu produziere­n (links). In der Laupheimer Kokosweber­ei werden ab nächster Woche 30 000 Masken produziert – allerdings für den medizinisc­hen Gebrauch (rechts).
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 ??  ?? Statt großen Sonnensege­ln oder Planen werden bei „Lorenz PKW Planen“in Untersulme­tingen nun Masken zugeschnit­ten (links).
Statt großen Sonnensege­ln oder Planen werden bei „Lorenz PKW Planen“in Untersulme­tingen nun Masken zugeschnit­ten (links).

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