Schwäbische Zeitung (Laupheim)
„Zu meinem drastischen Appell stehe ich“
Mietingens Bürgermeister Robert Hochdorfer über Corona, das Projekt Rathausneubau und den Stand der Haushaltsberatungen
MIETINGEN - Das Coronavirus wirbelt das Leben durcheinander. In der Gemeinde Mietingen sorgte Mitte März ein Aufruf von Bürgermeister Robert Hochdorfer für Wirbel. Er forderte die Öffentlichkeit mit deutlichen Worten dazu auf, die gebotenen Einschränkungen einzuhalten. Das abgeschwächte Wirtschaftswachstum hat auch Auswirkungen auf die Rathauspolitik. Unser Mitarbeiter Franz Liesch hat Hochdorfer zu beiden Themenkomplexen befragt.
SZ: Herr Hochdorfer, in zwei Wochen sollten nach Plan die Bauleute anrücken für den Neubau des Rathauses. Ein solcher Moment startet normalerweise mit einem feierlichen ersten Spatenstich. Muss den in diesem Fall ein Bagger zusammen mit einer Handvoll Personen ausführen?
Hochdorfer: Wir freuen uns auf den Baubeginn für das neue Rathaus am 5. Mai. Offiziell wollen wir den Spatenstich im Rahmen des „Tags der Städtebauförderung“begehen. Das kann aber auch erst sein, wenn der Bau schon begonnen hat. Sie haben Recht, ein großes Fest wird es nicht, die Details kläre ich im Moment.
Mietingen fährt bei den Investitionen immer auf Sicht, wie es heißt. Dennoch dürfte der Rückgang der Konjunktur sich auf die Einnahmen der Gemeinde niederschlagen. Können Sie schon sagen, welche geplanten Investitionen auf der Strecke bleiben?
Wir haben für 2020 wenige neue Maßnahmen geplant. Es läuft ja schon so viel, dass wir da etwas gebremst haben. Geplant waren schon länger der Rathausbau, die Hochwasserschutzmaßnahmen und ein Löschfahrzeug. Größtes neues Vorhaben ist die Kindergartenerweiterung in Walpertshofen. Wir haben Rücklagen gebildet und können die wichtigen Dinge trotz der schlechteplan ren Erwartungen durchführen. Etwas langsamer tun können wir dagegen mit kleineren Projekten wie zum Beispiel weiteren Kanalsanierungen.
Wie ist der Stand bei den Haushaltsberatungen für den Etat 2020? Das Zahlenwerk sollte längst in zweiter Lesung beraten und beschlossen sein.
Wir sind im Moment in der vorläufigen Haushaltsführung und haben kein Problem damit. Der Haushalts2020 ist allerdings gedruckt und wird in der nächsten Sitzung vom Gemeinderat beschlossen.
Das zweite Paket für den Rathausneubau ist wohl schon beschlossen. Was umfasst dieses Vergabepaket?
Ja, der Gemeinderat hat auch dies inzwischen vergeben. Enthalten sind darin die Gewerke Elektro, HeizungLüftung-Sanitär sowie die Zimmerarbeiten. Die Auftragssummen bleiben zusammen 90 000 Euro unter der
Kostenberechnung und liegen bei 964 000 Euro. Es sind auch für das zweite Paket solide Firmen an Bord.
Finden künftig Gemeinderatssitzungen eventuell in der Mehrzweckhalle statt?
Die nächste Gemeinderatssitzung wird im Mai stattfinden, entweder zum ursprünglichen Zeitpunkt am 18. Mai, oder nach Bedarf früher. Wir werden tatsächlich in die Halle gehen, wo wir den gebotenen Abstand einhalten können.
Geburtstagsfeiern, die Rückkehr von Tirol-Skiausflüglern und Corona-Partys bildeten einen giftigen Cocktail für die Verbreitung des Virus im März. Dies veranlasste Sie ja auch, Alarm zu schlagen. Wie ist der aktuelle Stand in der Gemeinde Mietingen in Sachen Coronavirus?
Wir haben die Situation im Januar und Februar ja alle nicht so dramatisch eingeschätzt. Dann haben die Bilder aus Italien und die Reaktionen der anderen Länder weltweit gezeigt, dass das Krisenmanagement in
Deutschland nicht so verkehrt ist. Zu meinem drastischen Appell stehe ich, so kam die Botschaft halt auch überall an. Inzwischen sind die Zuwächse bei den positiv Getesteten und zu den Quarantäne-Anordnungen sehr verlangsamt. Bis 15. April gab es offiziell 18 bestätigte Fälle von Corona. Insgesamt haben wir bisher 85 Quarantänen förmlich angeordnet, wobei viele die Quarantäne bereits wieder verlassen haben. Das Gesundheitsamt gibt aber noch keine Entwarnung. Ich glaube, es ist jetzt wieder wichtig, auch den Sinn der ganzen Virus-Maßnahmen zu betonen: Es geht nicht um übertriebene Angst, das Schauen auf fremde Autokennzeichen oder das Denunzieren von Einzelnen. Es wäre bedauerlich, wenn das auch bei uns vorkäme. Bei den Maßnahmen geht es um die Vermeidung von Kontakten, um die Ausbreitung des Virus langsam zu halten – und das unterstützen wir.
ANZEIGE