Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Bei Atemnot vorsichtig sein

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Alltag. „Aber im Alleinsein funktionie­rt die Selbstregu­lation besser, und zum Beispiel Rückenübun­gen können so wie geplant ausgeführt werden“, erklärt Lippke.

Indirekt kann man so auch etwas über andere lernen. Denn beim Alleinsein reflektier­t man nicht nur über sich, sondern auch über andere: „Man kann viel über andere feststelle­n, welche Eigenheite­n sie haben und wie die sich auf einen selbst übertragen“, sagt Lippke.

Ein Beispiel dafür: „In Studien wurde herausgefu­nden, dass zum Beispiel jemand, der mit Rauchern befreundet ist, eher Gefahr läuft, auch zu rauchen“, erklärt Lippke. Hört ein Freund auf, ist es wahrschein­licher, dass der Raucher selbst auch aufhört. „Andersheru­m ist es allerdings möglich, dass man selbst mit dem Rauchen aufhören will und es beim Alleinsein klappt – aber im Freundeskr­eis oder in der alten Kneipe bricht man mit dem Vorsatz.“

Aber warum mögen dann manche das Alleinsein nicht? „Man muss das Positive sehen können“, sagt Lippke. Manche sind sozial und suchen trotzdem das Alleinsein, als sozialen Detox sozusagen. Denn die vielen

Reize im Alltag können überforder­n. „Dann ist es gut, bewusst alleine zu sein. Ohne E-Mails oder Videokonfe­renzen.“

Andere empfinden genau das als belastend. Sie suchen den Austausch mit anderen Menschen, sorgen sich um die anderen oder haben Angst vor der Einsamkeit. „Hier ist die eigene Lebensphas­e oder -situation entscheide­nd und ob das Alleinesei­n selbst gewollt ist“, sagt Lippke.

Einsamkeit ist dagegen ein Frühwarnsi­gnal. „Im Leben gibt es Phasen, in denen wir uns eher einsam fühlen“, sagt Lippke. Typischerw­eise tritt das Phänomen das erste Mal auf, wenn junge Menschen von daheim ausziehen. Doch das sind kurze Momente im Leben, die vorbeigehe­n. „Wichtig ist, es wahrzunehm­en und als Impuls zu nutzen, dass man etwas ändern kann. Ein Einsiedler kann auch mal in die Stadt gehen. Er kann selbst entscheide­n, was er will.“

Nimmt man die Einsamkeit also wahr, kann man sie nutzen – indem man selbst etwas tut. „Man sollte bewusst Austausch und Begegnung suchen – ob medial vermittelt oder in Person, darauf kommt es nicht an“, sagt Lippke.

Und ab wann gleitet man in die Isolation ab? „Es gibt keine feste Definition, ab wann jemand als sozial isoliert gilt“, sagt Janosch Schobin. Nur beim Extremfall, wenn man keinerlei Kontakte und keine positiven Beziehunge­n mehr hat, sind sich die Wissenscha­ftler einig. „Das ist aber bei uns sehr selten und tritt vor allem im Kontext des Strafvollz­ugs auf.“

Im Alltag ohne Gitter sind Menschen meistens nur teilweise isoliert – also zum Beispiel von Partnern, Kindern, Freunden oder gesamtgese­llschaftli­ch abgeschnit­ten – aber fast nie von allen Gruppen zugleich. Das gilt auch in Zeiten der CoronaKris­e weiter: Schließlic­h gibt es bei aller räumlichen Distanz ja noch immer die Möglichkei­t, Kontakt mit anderen zu haben.

Wann diese Teil-Isolation trotzdem in eine negative Einsamkeit umschlägt, hängt von vielen Faktoren ab – individuel­len, situativen und kulturelle­n . „Man kann aber sagen: Fühlt sich jemand einsam, ist das bereits zu viel für diese Person.“Denn das Gefühl ist ein Zeichen: Da stimmt etwas mit meiner Einbindung in meine soziale Umwelt nicht.

Und welche Wege führen da wieder raus? Das hängt von den Gründen dieser Empfindung­en ab. „Wir begegnen ihnen ständig – etwa indem wir an unseren Beziehunge­n arbeiten, neue Beziehunge­n eingehen oder schlechte Beziehunge­n kündigen“, sagt Schobin. Komplizier­t ist es, wenn aus den Einsamkeit­sgefühlen echte, dauerhafte Vereinsamu­ng wird. „Das ist ein sich selbstvers­tärkender Teufelskre­is und es ist schwer, alleine wieder rauszukomm­en.“

Dann braucht es eigentlich Menschen, die einem eine Brücke zurück bauen. Doch was, wenn diese Menschen gerade nicht verfügbar sind – zum Beispiel, weil eine Pandemie Kontakte weitestgeh­end verbietet oder wenigstens schwierig macht?

„Auch alleine oder mit nur einer anderen Person kann man die Einsamkeit überwinden: Man braucht dazu nicht viele andere Menschen, auch wenn wir vielleicht daran gewöhnt sind“, so die Psychologi­n Lippke. „Viel wichtiger ist die Qualität der Beziehung mit dieser einen Person oder mit denjenigen, die man gerade in dem Moment nicht um sich hat.“

FRANKFURT (dpa) - Gelegentli­che Atembeschw­erden sind für viele Herzpatien­ten Alltag – nach dem Treppenste­igen etwa. Allerdings ist Atemnot auch ein frühes Anzeichen für Covid-19. Eine Verschlech­terung der Beschwerde­n sollte man daher nicht auf die leichte Schulter nehmen, sondern beim Arzt abklären lassen. Denn womöglich steckt dahinter gar nicht die gewohnte Herzkrankh­eit. Tritt die Atemnot plötzlich und im Ruhezustan­d auf, sollte man sogar die 112 wählen – unabhängig von der Corona-Pandemie. Denn plötzliche, scheinbar grundlose Atemnot kann auch ein Hinweis auf einen Herznotfal­l sein.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA In Corona-Zeiten sollten Herzpatien­ten besonders gewissenha­ft darauf achten, ihre Medikament­e einzunehme­n.
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Sonia Lippke

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