Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Welche Schützenmomente es auch 2020 gibt
Das Schützenfest fällt aus – Trotzdem gibt es Möglichkeiten, das Schützengefühl zu erleben
GBIBERACH - Die Absage des Biberacher Schützenfests im Juli hat viele nicht mehr überrascht, aber dennoch traurig gestimmt. Während die Festbesucher in diesem Jahr auf schöne Momente verzichten müssen, geht es für andere um die Existenz. Brauer, Zeltbetreiber und Schausteller trifft all das bis ins Mark. Ein kleiner Überblick, was fehlen wird – und was es vielleicht trotzdem gibt:
„Scheene Schütza“– und darauf einen Schluck Schützenbier: Zumindest im Festzelt auf dem Gigelberg wird dieser Moment heuer ausfallen. Aber im heimischen Garten ist es nicht ausgeschlossen. „Wir wollen mit der Berg-Brauerei besprechen, ob nicht doch eine kleinere Menge Schützenbier gebraut werden kann, das dann in Getränkemärkten erhältlich ist“, sagt Rainer Fuchs, Vorsitzender der Schützendirektion. Das Brauen des Schützenfestbiers hätte eigentlich in den kommenden Tagen begonnen. „Spätestens in den nächsten 14 Tagen müssten wir es Einbrauen“, sagt Brauereichef Ulrich Zimmermann. Inwiefern es eine kleinere Auflage geben könnte, müsse man sehen: „Das wird auch davon abhängen, wie es mit der Gastronomie weitergeht.“Für seine Brauerei bedeute die Schützenabsage einen weiteren Einschnitt: „Nicht nur in wirtschaftlicher, sondern auch in emotionaler Hinsicht.“Feste gestrichen, die Gastronomie geschlossen – Zimmermann schätzt, dass dadurch der Bierabsatz um ein Viertel sinkt: „Damit sind wir nicht in der Existenz gefährdet, aber es ist ein massiver Einschnitt.“
GDie Sammlung an Festabzeichen erweitern: Auch das scheint nicht völlig ausgeschlosssen. So gibt es bereits etliche Biberacher, die Interesse an einem Festabzeichen 2020 haben. Derzeit sind diese noch nicht produziert. „Wir lassen beim Hersteller aber prüfen, was es kosten würde, eine geringere Anzahl an Festabzeichen zu produzieren“, sagt Fuchs. Wenn die Plenarversammlung der Schützendirektion das befürworte, könne er sich einen Abzeichenverkauf vorstellen. Dieser könne dann auch dazu dienen, die fehlenden Einnahmen durch das Fest bei der Schützendirektion etwas zu kompensieren, sagt Fuchs.
Sich ein Festplakat vom Schützenfest 2020 zu Hause aufhängen: Dafür stehen die Chancen tatsächlich gut, denn die Plakate für das Schützenfest und das Schützentheater sind bereits gedruckt. „Natürlich wollen wir die nicht einfach wegschmeißen“, sagt Fuchs. Wenn es ein Interesse dafür gebe, werde man auch die Plakate abgeben. Auch dafür werde man sich in der Schützendirektion noch eine Vorgehensweise überlegen.
Sich an einer mit Fahnen geschmückten Altstadt in der Schützenwoche im Juli freuen: Davon kann man derzeit nicht ausgehen. „Wir möchten natürlich alles tun, um das Schützengefühl im Juli wachzuhalten, aber wir müssen immer darauf achten, dass wir keine Menschenaufläufe hervorrufen oder andere Auswirkungen erzielen, die den geltenden Verordnungen nicht entsprechen“, sagt Fuchs. Aber wenn jemand die Schützenfahne zu Hause oder an seinem Geschäftshaus in der Innenstadt hissen möchte, werde man das nicht verbieten.
GGGIns Schützentheater gehen: Daraus wird 2020 nichts. Die Proben mit den Kindern für das Stück „Frau Holle“unter der neuen Theaterleitung hatten zwar begonnen, mussten aber mit Beginn der Corona-Pandemie unterbrochen werden. Im Jahr 2021 soll „Frau Holle“aber eine neue Chance bekommen. „Das Textbuch ist fertig, die Musik auch und das Bühnenbild ist im Entstehen“, sagt Fuchs. Das alles wolle man für das kommende Jahr nutzen.
Den Freund mit dem Autoscooter boxen: „Das Biberacher Schützenfest ist für mich wie eine zweite Heimat, in der sich auch viele Freundschaften entwickelt haben“, sagt Tobias Kritz. „Neben dem Canstatter Wasen ist das Schützenfest unser persönliches Highlight.“Der 30-Jährige betreibt mit seinem Team den Autoscooter „Carat 2000“. Mehr als 330 Quadratmeter groß ist die Fahrbahn, auf der sich Freunde und Familien gegenseitig rammen.
Für den Schausteller aus Stuttgart kommt die Nachricht nicht überraschend: „Trotzdem war es ein Schock und hat uns stark getroffen.“Mit dem Verbot fällt fast die gesamte Sommersaison flach: „Vielleicht können wir noch auf kleinere Feste, die nicht als Großveranstaltungen zählen.“Die Hoffnung darauf möchte er genauso wenig aufgeben wie auf den Winter mit seinen Weihnachtsmärkten. Die Festangestellten befänden sich bereits in Kurzarbeit: „Für uns sind diese Entwicklungen extrem existenzbedrohend. Wir müssen sehen, wie es weitergeht.“
Der Blick über Biberach vom Riesenrad: Das „Roue Parisienne“mit einer Höhe von 48 Metern wird in diesem Jahr nicht auf dem Gigelberg
GGGstehen. Hell erleuchtet weist es während Schützen den Weg auf den Vergnüngungspark. Verliebte Paare, Familien und Freunde lassen sich in einer der 36 drehbaren Gondeln in die Höhe bringen, um einen atemberaubenden Blick über die Stadt zu erleben. „Es ist auch für uns eine Katastrophe“, sagt der Dortmunder Betreiber Michael Burghard. Seit 2006 ist er mit seiner Mannschaft beim Biberacher Schützenfest vertreten.
Auch er muss in diesen Tagen viele andere Absagen verkraften. Die politische Entscheidung in Bezug auf das Großveranstaltungsgebot hat ihn überrascht: „Wir hatten gehofft, zumindest im August wieder starten zu können, auch wenn unter strengen Auflagen. Dann wären wir noch mit einem blauen Auge davongekommen.“Juli, August und September seien für ihn die wichtigsten Monate: „Vielleicht haben wir noch die Chance, dass die Kirmessen im Herbst stattfinden können.“Die Festangestellten würden sich derzeit um Restaurationsarbeiten kümmern, danach drohe Kurzarbeit: „Die Saisonarbeiter sind nicht gekommen. Für sie ist es besonders schwer, weil sie so schnell auch keine andere Beschäftigung finden.“
Das Schützenlied singen oder spielen: Dem steht tatsächlich nichts im Weg, denn das kann auch jeder für sich allein. „Vielleicht bringen wir in der Schützenwoche ja noch mal so ein Fensterkonzert zustande wie vor einigen Wochen“, sagt Fuchs.
Nichts spricht im Übrigen auch gegen eine Schützenrose am Revers oder einen Schützenkuss – sofern es sich um den eigenen Partner oder die eigene Partnerin handelt.
GGWas geht sonst noch?