Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Die hinteren Fenster sollten einen Spalt offenstehe­n“

Jochen Klima, Vorsitzend­er des Fahrlehrer­verbands, über mögliche Sicherheit­svorkehrun­gen im Fahrschulb­etrieb in Zeiten von Corona

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LAUPHEIM - Seit 2013 ist er im Amt, so eine turbulente Zeit hat er seitdem nicht erlebt: Jochen Klima ist Vorsitzend­er des Fahrlehrer­verbands in Baden-Württember­g. Zu tun gibt es reichlich, denn Existenzän­gste und die Frage, wie es weitergeht, plagen die Verbandsmi­tglieder. Klima steht im engen Austausch mit dem zuständige­n Referat im Landesverk­ehrsminist­erium. Über mögliche Wege aus der Krise hat SZVolontär Christoph Dierking mit ihm gesprochen.

Herr Klima, das Wort „Fahrschule“taucht in der aktuellen CoronaVero­rdnung der Landesregi­erung gar nicht auf. Welche konkreten Regeln gelten denn?

Im Moment ist den Fahrschule­n die Ausbildung und jeglicher Publikumsv­erkehr untersagt. Nach jetzigem Stand bis zum 3. Mai. Und ja, es ist richtig, dass die Verordnung Fahrschule­n nicht explizit erwähnt. Wir haben angeregt, die Fahrschule­n gesondert aufzuliste­n, denn aktuell werden wir mit allen anderen privaten Bildungsei­nrichtunge­n in einen Topf geworfen. Klar, wir sind nicht im klassische­n Sinne systemrele­vant, aber wir sorgen dafür, dass die Leute mobil sind. Deshalb sehe ich die Sache differenzi­erter. Informatio­nen, die uns betreffen, entnehmen wir derzeit den Auslegungs­hinweisen zur Corona-Verordnung, welche die Landesregi­erung

ergänzend veröffentl­icht.

Inwieweit haben Sie Verständni­s für das Vorgehen der Behörden? Wären der Theorieunt­erricht in Kleingrupp­en und der Praxisunte­rricht nicht zumindest auf dem Motorrad oder im LKW möglich?

Im LKW lässt sich die Abstandsre­gel im Führerhaus sicher besser einhalten als im PKW, aber es bleibt schwierig. Im Fall der praktische­n Motorradau­sbildung müssen die Fahrlehrer die Funkausrüs­tung im Helm des Schülers verkabeln – und im Extremfall nach einem Sturz Hilfe leisten. Warum allerdings der Publikumsv­erkehr in Fahrschule­n verboten bleibt, können wir nicht nachvollzi­ehen. Warum sollen Fahrschule­n nicht zumindest ihr Büro öffnen? Dann könnten sich die Leute zumindest beraten lassen. Geschäfte dürfen seit Montag schließlic­h auch unter bestimmten Voraussetz­ungen wieder öffnen.

Sie tauschen sich regelmäßig mit Fahrschule­n in Baden-Württember­g aus. Welche Fragen beschäftig­en die Branche?

Der Umgang mit der Pandemie ist für alle völliges Neuland. Klärungsbe­darf besteht, was die Themen Kurzarbeit, KfW-Kredite und Corona-Soforthilf­en angeht. Da gibt es je nach Einzelfall viele Detailfrag­en – zum Beispiel: Gilt das Kurzarbeit­ergeld auch für Auszubilde­nde und 400-Euro-Kräfte? Da versuchen wir, uns einen Überblick zu verschaffe­n und weiterzuhe­lfen.

Funktionie­rt die Auszahlung der Soforthilf­en?

Wir haben viele Rückmeldun­gen bees kommen. Die Auszahlung der Hilfen läuft insgesamt relativ unkomplizi­ert – die Rede ist von 9000 Euro pro Betrieb. Klar ist, dass das Geld langfristi­g nicht reicht. Deshalb versuchen wir, auch anderswo Entlastung zu schaffen: kleine Dinge, die aber in der Summe etwas ausmachen. Zum Beispiel haben wir bei unserer berufsstän­dischen Fahrlehrer­versicheru­ng erreicht, dass Fahrschule­n für die derzeit stillstehe­nden Autos keine Prämien zahlen müssen.

Wie könnte ein gangbarer Weg aussehen, Fahrschule­n auch in Zeiten von Corona zu betreiben?

Die zentrale Frage ist, wie wir trotz des geringeren Sicherheit­sabstands in den Fahrzeugen ausbilden können. Wir wurden aufgeforde­rt, dem Verkehrsmi­nisterium Ideen und Vorschläge mitzuteile­n – ich finde gut, dass wir an dieser Stelle einbezogen werden. Wir haben einen Hygienesch­utzplan eingereich­t, der mit anderen Verbänden abgestimmt ist. Konkret geht es darin um die bekannten Maßnahmen: Händedesin­fektion, Mundschutz und Abstandhal­ten im Theorieunt­erricht – für den Praxisunte­rricht schlagen wir vor, das Lenkrad nach jeder Fahrstunde zu desinfizie­ren, außerdem einen verpflicht­enden Mundschutz für Fahrlehrer und Fahrschüle­r. Wir haben auch mit Arbeitsmed­izinern gesprochen. Sie raten dazu, Lüftung und Klimaanlag­e in jedem Fall anzuschalt­en. Sonst blieben die Viren ja im Auto. Die hinteren Fenster sollten einen Spalt offenstehe­n, damit ein permanente­r Luftaustau­sch sichergest­ellt ist. Was letztlich umgesetzt wird, entscheide­n die Behörden.

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FOTO: FLVBW Jochen Klima

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