Schwäbische Zeitung (Laupheim)
„Die Details sind immer noch nicht geklärt“
Boris Aierstock erklärt im Interview, worauf die Friseure ab nächster Woche achten müssen
KREIS BIBERACH - Boris Aierstock ist im Stress. Zum einen hat er zwei Friseursalons, die ab Montag wieder öffnen dürfen. Zum anderen ist er im Landesvorstand der Friseurinnung und Innungsobermeister der Friseurinnung Biberach und hat somit die Aufgabe, den Kontakt zur Politik zu halten und Informationen an die Mitglieder der Innung weiterzugeben. Im Gespräch mit SZ-Redakteurin Helen Belz erklärt er, worauf die Friseure jetzt achten müssen und warum eine Vorbereitung immer noch nicht wirklich möglich ist.
SZ: Herr Aierstock, welche Auflagen haben Sie bisher von der Politik bekommen, die Sie vor einer Öffnung umsetzen müssen?
Aierstock: Die Verordnungen kamen erst am Mittwochmorgen. Wir hatten bisher ein Papier von der Berufsgenossenschaft, das zwar auf Bundesebene kursiert, aber jede Landesregierung behält sich Verschärfungen oder Entlastungen vor. Wir haben über eine Woche darauf gewartet, dass die Landesregierung uns das Okay für eine Öffnung gibt und die Regeln festlegt. Jetzt haben wir die Auflagen der Regierung und dürfen öffnen – aber die Details sind immer noch nicht geklärt.
Das heißt, Sie schweben immer noch im Ungewissen.
Teilweise schon, ja. Bisher haben wir uns an dem bundesweiten Papier orientiert. Da steht beispielsweise drin, dass ein Mundschutz obligatorisch ist und der Platzabstand mindestens 1,5 Meter betragen muss. Außerdem sind in dem Papier noch verschiedene Desinfektionsund Reinigungsauflagen beschrieben. Und natürlich sollten Kunden nur noch mit Termin kommen, da Wartezeiten im Salon vermieden werden müssen. Diese Grundregeln sind auch in den Auflagen der Regierung so enthalten. Was unklar ist, sind aber die Details, die uns den Arbeitsalltag erheblich erschweren können: Müssen wir nach jedem Kunden den Umhang auswechseln? Dürfen wir Getränke anbieten? Müssen wir bei jedem Kunden vorher die Haare waschen?
Wie leicht sind diese Regelungen für die Friseure umsetzbar?
Das bringt schon ein paar Probleme mit sich. Zum Beispiel hat der Abstand zur Folge, dass einige Plätze in den Salons nicht genutzt werden können. Dann sollten PlexiglasSchutzscheiben zwischen den Stühlen und an der Kasse eingebaut werden. Unsere Auslastung sinkt, während die Kosten steigen. Das ist das Verrückte an der Situation. Die Arbeit wäre da, aber wir können trotzdem nicht alle Friseure beschäftigen, weil die Abstandsregeln eingehalten werden müssen.
Was wünschen Sie sich von der Politik?
Was ich mir auf jeden Fall wünschen würde, ist eine schnellere Weitergabe der Informationen. Als wir schließen mussten, haben wir das am Freitagabend im Radio erfahren, und schon am Samstag hat die Polizei kontrolliert. Ich befürchte, dass die Öffnung jetzt auch so ablaufen wird. Die Politik rechnet nicht ein, dass wir Vorbereitungen treffen und Kunden terminieren müssen. Wenn wir am Samstag die Details der Verordnungen noch nicht geklärt haben, dann ist das ein Unding.
Wie ist die Stimmung unter den Kollegen, was bekommen Sie mit?
Pure Existenzängste. Unsicherheit, wie das alles umgesetzt werden muss. Und Angst, Dinge falsch zu machen.
Wie bewerten Sie die aktuelle Situation? Sind die Beschränkungen verhältnismäßig?
Die Hygienemaßnahmen sind wichtig und die setzen wir natürlich auch gerne um. Im Großen und Ganzen ist es natürlich wichtig, eine zweite Infektionswelle zu verhindern. Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass die Infektionszahlen wieder steigen, nur weil die Friseure wieder offen haben. Das vermute ich allerdings auch nicht, weil das Virus sich vor allem über Partys ausgebreitet hat. In Ischgl, mit Bussi Bussi und so. Das machen wir ja nicht.