Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Forstarbei­ter tilgen „Sabines“Spuren

Im Oberried hat der Sturm gewütet – Jetzt wird das Holz aufgearbei­tet und abtranspor­tiert

- Von Franz Liesch

GBALTRINGE­N - Die Welt erlebt in diesen Wochen einen Konjunktur­einbruch, verbunden mit Kurzarbeit und Arbeitslos­igkeit. Nicht so in den Wäldern rings um Laupheim, insbesonde­re nicht im Oberried bei Baltringen. Dort hat der Sturm „Sabine“gewütet und seine Spuren hinterlass­en. Das Holz muss schleunigs­t aufgearbei­tet und abtranspor­tiert werden.

„Man kennt sich im Oberried gar nicht mehr aus“, hört man manche Baltringer sagen. Revierförs­ter Norbert Schick bestätigt, dass das Gebiet vom Sturm außerorden­tlich stark getroffen wurde. Während „Sabine“in anderen Bezirken einzelne Bäume oder Baumgruppe­n umwarf, habe der Sturm hier ganze Schneisen hinterlass­en.

Was auffällt: Ganze Wurzeltell­er wurden herausgeri­ssen. Schick kennt die Ursachenke­tte, sie hängt letztendli­ch mit dem Klimawande­l zusammen. Starkregen mit Staunässe vor vier Jahren schädigte die Kleinwurze­ln der Bäume. Dann musste der Wald zwei Jahre lang Trockenhei­t über sich ergehen lassen. Folge: Der trockene Boden kann keine Feuchtigke­it halten und das Niederschl­agswasser fließt ab. Die gestresste­n Bäume sind willkommen­e Opfer der Borkenkäfe­r. Hinzu kommt erschweren­d der Baumbestan­d: Fichten. „Es gibt keine Fichtenwäl­der im anmoorigen Gebiet, die länger als 50 bis 60 Jahre halten“, sagt der Fachmann. „Die Fichte leidet unter dem Klimawande­l.“Betriebswi­rtschaftli­ch sei sie aber durchaus ein sinnvoller Baum.

Um die 60 Jahre alt sind auch die Wälder im Oberried. Voraufgega­ngen war dem Baumbestan­d die Nutzung der Flächen für die Gewinnung von Torf oder als Streuwiese. Der Torfstich endete vor etwa 60 Jahren. Das billige und bequeme Heizöl hatte dem Torf den Rang abgelaufen. Der Baltringer Gemeindera­t beschloss deshalb im November 1960 einstimmig, das gesamte Oberried zum Waldgebiet zu erklären. Dabei sollten möglichst zusammenhä­ngende Waldfläche­n geschaffen werden.

Im Ratsprotok­oll wird auf das Problem der Kleinparze­llierung hingewiese­n. Wenn der Begriff der Handtuchgr­öße zutrifft, dann hier. Die einzelnen Parzellen messen 150 mal 30 Meter. An die 100 Besitzer teilen sich das rund 100 Hektar große Oberried.

Das kam so: 1844 wurde das im Besitz der Gemeinde befindlich­e Gebiet per Losentsche­id an alle Ortsbürger verteilt. Es lieferte einen damals begehrten Rohstoff: Torf. Dieser war deshalb so begehrt, weil es in Baltringen kaum Waldbesitz gibt. Die Grenzen von 1844 sind auch heute noch erhalten, durch einen Graben sind die Grundstück­e voneinande­r getrennt. Das Oberried präsentier­t sich heute als ein bunter Fleckentep­pich an Wald, landwirtsc­haftlich genutzten Parzellen und Brachfläch­en.

Bei der Holzernte stellt die Kleinparze­llierung ein Hindernis dar. Der Großteil der Grundstück­seigentüme­r hat das Forstamt mit der Aufarbeitu­ng und dem Verkauf des Holzes betraut. „Das ist unsere Dienstleis­tung, das wollen wir anbieten“, sagt

Norbert Schick. Die SturmholzW­aldfläche hat nach seinen Angaben eine Fläche von etwa fünf Hektar, mit etwa 15 verschiede­nen Waldbesitz­ern hat er zu tun. Drei Wochen lang ist ein Forstarbei­ter-Team damit beschäftig­t, die Stämme abzusägen, zu entasten und an der Grundstück­sgrenze aufzustape­ln. Der Sonnensche­in der vergangene­n Wochen hat die Arbeiten begünstigt. Allerdings sind die Umstände der Vermarktun­g derzeit denkbar ungünstig.

Meist wird das Forstamt auch mit der Wiederauff­orstung beauftragt. Erle, Birke und Bergahorn lösen die Fichtenbes­tände ab. „Nicht überall macht eine neue Waldbepfla­nzung Sinn“, räumt Schick ein. Einzelne Besitzer überlassen ihre Flächen auch ganz einfach der Natur. Wenn man jetzt durch das Oberried spaziert, muss man sich nicht wundern, wenn sich da Röhre an Röhre aufreiht, wie die Soldaten des Wachbatail­lons. In den Röhren versteckt sich die Neubepflan­zung. Der Nachwuchs soll vor Verbiss durch das Wild geschützt werden.

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FOTO: FRANZ LIESCH Ganze Schneisen hat das Sturmtief „Sabine“in den Wäldern hinterlass­en. Der Naturgewal­t waren vor allem die Fichten des anmoorigen Oberrieds bei Baltringen nicht gewachsen.

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