Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Forstarbeiter tilgen „Sabines“Spuren
Im Oberried hat der Sturm gewütet – Jetzt wird das Holz aufgearbeitet und abtransportiert
GBALTRINGEN - Die Welt erlebt in diesen Wochen einen Konjunktureinbruch, verbunden mit Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit. Nicht so in den Wäldern rings um Laupheim, insbesondere nicht im Oberried bei Baltringen. Dort hat der Sturm „Sabine“gewütet und seine Spuren hinterlassen. Das Holz muss schleunigst aufgearbeitet und abtransportiert werden.
„Man kennt sich im Oberried gar nicht mehr aus“, hört man manche Baltringer sagen. Revierförster Norbert Schick bestätigt, dass das Gebiet vom Sturm außerordentlich stark getroffen wurde. Während „Sabine“in anderen Bezirken einzelne Bäume oder Baumgruppen umwarf, habe der Sturm hier ganze Schneisen hinterlassen.
Was auffällt: Ganze Wurzelteller wurden herausgerissen. Schick kennt die Ursachenkette, sie hängt letztendlich mit dem Klimawandel zusammen. Starkregen mit Staunässe vor vier Jahren schädigte die Kleinwurzeln der Bäume. Dann musste der Wald zwei Jahre lang Trockenheit über sich ergehen lassen. Folge: Der trockene Boden kann keine Feuchtigkeit halten und das Niederschlagswasser fließt ab. Die gestressten Bäume sind willkommene Opfer der Borkenkäfer. Hinzu kommt erschwerend der Baumbestand: Fichten. „Es gibt keine Fichtenwälder im anmoorigen Gebiet, die länger als 50 bis 60 Jahre halten“, sagt der Fachmann. „Die Fichte leidet unter dem Klimawandel.“Betriebswirtschaftlich sei sie aber durchaus ein sinnvoller Baum.
Um die 60 Jahre alt sind auch die Wälder im Oberried. Voraufgegangen war dem Baumbestand die Nutzung der Flächen für die Gewinnung von Torf oder als Streuwiese. Der Torfstich endete vor etwa 60 Jahren. Das billige und bequeme Heizöl hatte dem Torf den Rang abgelaufen. Der Baltringer Gemeinderat beschloss deshalb im November 1960 einstimmig, das gesamte Oberried zum Waldgebiet zu erklären. Dabei sollten möglichst zusammenhängende Waldflächen geschaffen werden.
Im Ratsprotokoll wird auf das Problem der Kleinparzellierung hingewiesen. Wenn der Begriff der Handtuchgröße zutrifft, dann hier. Die einzelnen Parzellen messen 150 mal 30 Meter. An die 100 Besitzer teilen sich das rund 100 Hektar große Oberried.
Das kam so: 1844 wurde das im Besitz der Gemeinde befindliche Gebiet per Losentscheid an alle Ortsbürger verteilt. Es lieferte einen damals begehrten Rohstoff: Torf. Dieser war deshalb so begehrt, weil es in Baltringen kaum Waldbesitz gibt. Die Grenzen von 1844 sind auch heute noch erhalten, durch einen Graben sind die Grundstücke voneinander getrennt. Das Oberried präsentiert sich heute als ein bunter Fleckenteppich an Wald, landwirtschaftlich genutzten Parzellen und Brachflächen.
Bei der Holzernte stellt die Kleinparzellierung ein Hindernis dar. Der Großteil der Grundstückseigentümer hat das Forstamt mit der Aufarbeitung und dem Verkauf des Holzes betraut. „Das ist unsere Dienstleistung, das wollen wir anbieten“, sagt
Norbert Schick. Die SturmholzWaldfläche hat nach seinen Angaben eine Fläche von etwa fünf Hektar, mit etwa 15 verschiedenen Waldbesitzern hat er zu tun. Drei Wochen lang ist ein Forstarbeiter-Team damit beschäftigt, die Stämme abzusägen, zu entasten und an der Grundstücksgrenze aufzustapeln. Der Sonnenschein der vergangenen Wochen hat die Arbeiten begünstigt. Allerdings sind die Umstände der Vermarktung derzeit denkbar ungünstig.
Meist wird das Forstamt auch mit der Wiederaufforstung beauftragt. Erle, Birke und Bergahorn lösen die Fichtenbestände ab. „Nicht überall macht eine neue Waldbepflanzung Sinn“, räumt Schick ein. Einzelne Besitzer überlassen ihre Flächen auch ganz einfach der Natur. Wenn man jetzt durch das Oberried spaziert, muss man sich nicht wundern, wenn sich da Röhre an Röhre aufreiht, wie die Soldaten des Wachbataillons. In den Röhren versteckt sich die Neubepflanzung. Der Nachwuchs soll vor Verbiss durch das Wild geschützt werden.
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