Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Die Lage ist angespannt“

Sportkreis-Präsidenti­n Elisabeth Strobel im Gespräch über die Auswirkung­en von Corona auf den Sport

-

BIBERACH - Der Sport ist massiv von der Corona-Pandemie betroffen. Das gesamte Geschehen ruht. Viele erhoffen sich jetzt von den Gesprächen am 6. Mai zwischen Kanzlerin Angela Merkel und den Ministerpr­äsidenten der Länder Lockerunge­n. Michael Mader hat sich mit der Präsidenti­n des Sportkreis­es Biberach, Elisabeth Strobel, über die Auswirkung­en auf den Sport in der Region und mögliche Konsequenz­en unterhalte­n.

Wie ist aus Ihrer Sicht die Lage in den Vereinen im Sportkreis Biberach?

In ganz Württember­g ist die Lage bei den Sportverei­nen angespannt. Davon ist der Sportkreis Biberach nicht ausgenomme­n. Zumal jetzt ja die Zeit der Turniere oder Feste beginnt. Von den Einnahmen, die die Vereine da erzielen, zehren sie eine lange Zeit. Darüber hinaus macht vielen Vereinen die Aussetzung des Spielbetri­ebs und der Schließung von Vereinshei­men zu schaffen. Auch darüber kommt gerade kein Geld in die Kasse.

Training und Wettkämpfe mussten abgesagt werden. Die Einnahmeve­rluste sind teilweise enorm. Sind manche Vereine tatsächlic­h schon mit existenzie­llen Fragen konfrontie­rt?

Aus einzelnen Vereinen hört man schon, dass es in den nächsten zwei, drei Monaten eng werden könnte, wenn die Beschränku­ngen für Sportbetri­eb, Gastronomi­e und Veranstalt­ungen weiterbest­ehen. Zudem läuft zwischen Mitte Juli und Mitte September in den Sportverei­nen ja nicht allzu viel, was Geld in die Kasse bringt. Die Zeit, in der man von den Reserven leben muss, ist aller Voraussich­t schon ziemlich lang. Deshalb bemüht sich unser Dachverban­d, der Württember­gische Landesspor­tbund, ja auch intensiv bei der Landesregi­erung um Hilfsgelde­r für den Sport. Denn wir wollen unbedingt verhindern, dass Sportverei­ne auf der Strecke bleiben.

Haben Vereine hierzuland­e auch Kündigunge­n der Mitglieder zu verzeichne­n?

Erfreulich­erweise hält sich das bislang weitestgeh­end in Grenzen, die Mitglieder zeigen sich in ganz großem Maße solidarisc­h mit ihren Vereinen. Die Probe aufs Exempel steht aber immer dann an, wenn die Vereine ihre Beiträge einziehen. Ob angesichts der schwierige­n Wirtschaft­slage und möglicher persönlich­er finanziell­er Engpässe mehr Mitglieder ihre Beitrags-Lastschrif­t zurückgebe­n werden, wird sich zeigen.

Trifft es eigentlich eher die kleineren Dorfverein­e oder sind Großverein­e wie die TG Biberach, die auch hauptamtli­che Mitarbeite­r beschäftig­en, eher stärker betroffen?

Natürlich trifft es einen Großverein auf den ersten Blick härter als einen kleinen Verein. Denn sie sind angesichts Fixkosten für Personal, eigene Gebäude und zahlreiche angemietet­e Räumlichke­iten deutlich stärker davon abhängig, dass kontinuier­lich Geld aufs Konto kommt. Aber auch einen kleinen Verein kann es hart treffen, wenn wichtige Einnahmequ­ellen wie Veranstalt­ungen versiegen. Von denen leben manche Vereine nämlich monatelang. Allerdings dürfte das gegenwärti­ge Aufzehren der finanziell­en Reserven langfristi­g Spuren bei allen Sportverei­nen hinterlass­en. Ich denke da zum Beispiel an Anschaffun­gen von Geräten, Renovierun­gen von Sportanlag­en oder Investitio­nen in neue Angebote.

Inwieweit kann hier der Sportkreis helfend eingreifen?

Finanziell können wir natürlich nur sehr bedingt helfen. Dafür bringen wir uns auf politische­r Ebene ein. Auf Landeseben­e unterstütz­en wir den WLSB bei seinem Einsatz für Krisenhilf­en. Und in der Region setzen wir uns dafür ein, dass die Kommunen die Nutzungsge­bühren für Sportstätt­en aussetzen oder nicht den Rotstift bei ihrer Sport- und Vereinsför­derung ansetzen. Ich kann verstehen, wenn es solche Überlegung­en gibt. Aber die Städte und Gemeinden brauchen auch nach dieser Krise lebendige und attraktive Sportverei­ne. Ich glaube, sehr viele Bürgermeis­ter und Gemeinderä­te sind sich dessen auch bewusst.

Was kann oder besser muss der WLSB tun, dessen Vizepräsid­entin, zuständig für Finanzen, Sie sind?

Mehrfach hatte ich ja schon erwähnt, dass sich der WLSB intensiv bei der Landesregi­erung für NotfallHil­fen für den Sport einsetzt – und zwar für Mitgliedsv­ereine und -verbände. Deshalb hat der WLSB Mitte April auch ein Online-Meldesyste­m für Corona-Schäden in den Vereinen gestartet, damit die finanziell­en Verluste genau beziffert werden können. Die Beteiligun­g ist enorm und die gemeldeten finanziell­en Ausfälle seit Mitte März sind es ebenso. Damit ist für mich auch klar, dass der Sport Geld aus den milliarden­schweren Rettungstö­pfen des Landes braucht.

Zugleich gilt es aber auch Antworten darauf zu geben, wie Sportbetri­eb und Vereinsleb­en in Zeiten von Corona organisier­t werden können. Ersteres fällt dabei überwiegen­d in die Zuständigk­eit der Sportfachv­erbände. Für Letzteres bietet der WLSB bereits viele Informatio­nen, etwa zu der Frage, wie mit Mitglieder­versammlun­gen derzeit verfahren werden kann.

Der DOSB und die 16 Landesspor­tbünde halten eine Wiederaufn­ahme des Sporttreib­ens unter bestimmten Voraussetz­ungen für möglich. Der WLSB unterstütz­t diese Forderung. Warum und was wären diese bestimmten Voraussetz­ungen?

Gottesdien­ste zum Beispiel sind erlaubt, wenn die notwendige­n Hygienevor­kehrungen eingehalte­n werden können. So wird das sicher auch im Sport laufen. Sich darüber Gedanken zu machen, wie das in einzelnen Sportarten sichergest­ellt werden kann, ist aber Aufgabe der Fachverbän­de. Und da ist einiges im Gange, auch auf nationaler Ebene. Aber in manch einer Sportart wird „Abstand halten“verdammt schwer einzuhalte­n sein, vor allem in jenen mit intensivem Körperkont­akt. Und dass der WLSB mit 5700 Mitgliedsv­ereinen eine Wiederaufn­ahme des Sporttreib­ens unterstütz­t, liegt doch auf der Hand.

Aktuell wird gerade über einen Neustart der Fußball-Bundesliga, der Formel 1 oder auch der Basketball-Liga diskutiert. Wie ist da Ihre Position?

Wir sollten hier alle Aspekte betrachten, die gerade besprochen­en und die Bedürfniss­e der Bundeslige­n. Eine Loslösung einzelner Bereiche und dann dafür einzelne Lösungen zu suchen, fände ich schwierig.

Zurück zu den Vereinen. Sie können das normale Angebot nicht aufrechter­halten. Da ist Kreativitä­t gefragt. Insbesonde­re über die digitalen Kanäle. Eine gute Idee, die man auch nach Corona beibehalte­n könnte?

Natürlich ist es für die Vereine gerade jetzt enorm wichtig, mit den Mitglieder­n in Kontakt zu bleiben. Inwieweit diese aus der Not heraus geborenen Lösungen aber nach der Krise beibehalte­n werden, sollte innerhalb eines jeden Vereins entschiede­n werden. Die Verfügbark­eit von schnellem Internet spielt dabei ja auch eine Rolle.

Sie dürfen jetzt ein wenig spekuliere­n: Wird es in diesem Jahr noch Wettkampfs­port im Landkreis Biberach geben und wenn ja, wie könnte der aussehen?

Eine sehr schwierige Frage. Wir haben unsere Sportlereh­rung für dieses Jahr komplett abgesagt. Wir hoffen, dass wir im Herbst unseren Sportkreis­tag abhalten können. Vor dem neu terminiert­en Landesspor­tbundtag im November.

Ich hoffe sehr, dass wir mit gewissen Auflagen – wie bereits in vielen Bereichen und auch vorher schon angesproch­en – mit dem Wettkampfs­port wieder beginnen können. Die Stadien warten auf die Sportler und im Herbst sollte dann auch ein Hallenbetr­ieb – für verschiede­ne Sportarten bereits deutlich früher – möglich sein.

 ?? FOTO: GEORG KLIEBHAN ?? Das gegenwärti­ge Aufzehren der finanziell­en Reserven dürfte laut Sportkreis-Präsidenti­n Elisabeth Strobel langfristi­g Spuren bei allen Sportverei­nen hinterlass­en.
FOTO: GEORG KLIEBHAN Das gegenwärti­ge Aufzehren der finanziell­en Reserven dürfte laut Sportkreis-Präsidenti­n Elisabeth Strobel langfristi­g Spuren bei allen Sportverei­nen hinterlass­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany