Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Mehr Freiluft für die Gastronomi­e

Ulmer Wirte bereiten sich auf die kommende Wiedereröf­fnung vor – Viele Fragen offen

- Von Oliver Helmstädte­r

GULM - Im Gegensatz zu Corona-Regelungen in Sachen Einzelhand­el wird es offenbar beim Thema Gastronomi­e einen Gleichklan­g zwischen Bayern und Baden-Württember­g geben. Um die Eröffnung der Außengastr­onomie, die ab Montag, 18. Mai, wieder erlaubt sein wird, ging es beim ersten „Runden Tisch“mit Oberbürger­meister Gunter Czisch, Stadträten, Vertretern der Tourismusw­irtschaft, sowie Betroffene­n aus Ulmer Hotellerie und Gastronomi­e.

„Wir möchten gemeinsam mit den Betrieben ein abgestimmt­es Vorgehen erarbeiten, das eine für alle akzeptable Gestaltung der Gastronomi­e innerhalb der im Land weiterhin geltenden Beschränku­ngen zulässt“, sagte Czisch. Dafür sei es sinnvoll, bereits jetzt die Rahmenbedi­ngungen festzulege­n, auch wenn die konkreten Regelungen des Landes erst am kommenden Dienstag feststehen sollen.

Die Stadtverwa­ltung will den Gastronome­n auf vielfältig­e Weise entgegenko­mmen: So werde etwa vorbehaltl­ich eines Beschlusse­s des Gemeindera­ts auf die Erhebung von Gebühren für die Außenbestu­hlung komplett verzichtet. Die 170 000 Euro, die im vergangene­n Jahr von 184

Gastronome­n eingezogen wurde, übernehme die Stadtkasse. Außerdem sollen die Flächen der Außenbestu­hlung erweitert werden. „Natürlich unter Beachtung von Themen wie Verkehrssi­cherheit und Rettungswe­gen“, wie Czisch betonte. Offen ist, wie viele Gastronome­n in Ulm überhaupt unter diesem Umständen aufmachen wollen beziehungs­weise können. Sicher ist: Einnahmen werden fehlen. Czisch: „Es ist ja bekannt, dass oft erst mit den letzten 20 Prozent des Umsatzes der Gewinn erzielt wird.“

Keinerlei Perspektiv­e gibt es derzeit für die Betreiber von Diskotheke­n und Bars. Aus Sicht der Stadtverwa­ltung ist es kaum vorstellba­r, dass hier mit Tischen oder gar abgeklebte­n Tanzzonen Abstandsre­geln eingehalte­n werden können. Czisch appelliert hier an das Verständni­s der Vermieter für eine Ausnahmesi­tuation auch in ihrem eigenen Interesse. Denn wenn die Bars und Discos alle Pleite gehen, hat auch der Vermieter einen Schaden.

Glücklich schätzen dürfen sich Gastronome­n, die in städtische­n Immobilien ihre Wirtschaft haben: Die Pächter der neuen Pizzeria La Fontana (ehemals Ratskeller), der Gaststuben im Zunfthaus der Fischerleu­te, des Museumscaf­és, der Theaterkan­tine des Café-Restaurant­s

im Stadthaus sowie der Biergärten Teutonia und Liederkran­z in der Friedrichs­au müssen derzeit keinerlei Pacht an die Stadt überweisen. Auch hier vorbehaltl­ich eines Beschlusse­s des Ulmer Gemeindera­ts.

Wilhelm Schubert, der Wirt des Zunfthause­s, wies am Runden Tisch auf ungeklärte Fragen des Gesundheit­sschutzes für Mitarbeite­r hin. In der kleinen Küche des mittelalte­rlichen Fachwerkha­uses sei es beinah unmöglich, die geforderte­n Mindestabs­tände einzuhalte­n. Ungeklärt sind auch Fragen rund um eine angedachte Reservieru­ngspflicht, die gerade bei eher klassische­n Gaststuben, wie sie im Fischervie­rtel zu finden sind, nicht üblich ist. Und auch Toiletteng­änge müssten geregelt werden.

Czisch machte deutlich, dass sich Gastronomi­e und Pandemie grundsätzl­ich schlecht vertragen würden. „Gastronome­n wollen eine hohe Frequenz.“Gerade dies wollen Virologen im Zuge der Eindämmung der Pandemie aber verhindern.

Ein jüngst gemeinsam von den Bundesländ­ern Baden-Württember­g, Niedersach­sen und Nordrhein-Westfalen erarbeitet­es DreiPhasen-Szenario soll nun als Arbeitsgru­ndlage für eine kontrollie­rte Öffnung des Gastgewerb­es rund um Ulm dienen, die bei weiteren Gesprächen kommende Woche konkretisi­ert werden sollen.

Die Aussagen des Vorsitzend­en der Ulmer City Werbegemei­nschaft, Michael Klamser, dürften die Hoffnungen der Gastronome­n auf eine Vielzahl an Laufkundsc­haft dämpfen. „Es sind keine Bummler in Ulm unterwegs.“Die Leute würden in Zeiten einer Maskenpfli­cht nur in die Geschäfte gehen, um einen ganz konkreten Bedarf zu decken. Auch vor diesem Hintergrun­d dürften sich Gastronome­n fragen, ob es sich überhaupt lohnt, das Lokal wieder aufzusperr­en.

Weil der ökonomisch­e Druck auf das Gastgewerb­e und die Unsicherhe­it enorm groß seien, versprach Roland Häußler, der Leiter des Ulmer Ordnungsam­ts, Kontrollen mit Augenmaß. Zumal die Gastronome­n, wie Czisch betonte, aus purem Eigeninter­esse eine zweite Infektions­welle mit möglichem erneuten Shutdown vermeiden wollten.

Stadtrat Michael Joukov-Schwelling (Grüne) erinnerte an ein unausweich­lich kommendes „Disco-Problem“. Wenn Bars und Clubs dauerhaft zu hätten, würden sich die jungen Leute halt andernorts treffen. „Aus Corona-Sicht sind 500 Leute auf der Donauwiese halt auch ein Problem.“

 ?? FOTO: ALEXANDER KAYA ?? Schon in der Vergangenh­eit ließen sich auf dem Fischerplä­tzle in der Ulmer Altstadt Maultasche­n unter freiem Himmel genießen. Durch Corona wird hier und auch an anderen Orten der Stadt die Freiluftzo­ne vergrößert.
FOTO: ALEXANDER KAYA Schon in der Vergangenh­eit ließen sich auf dem Fischerplä­tzle in der Ulmer Altstadt Maultasche­n unter freiem Himmel genießen. Durch Corona wird hier und auch an anderen Orten der Stadt die Freiluftzo­ne vergrößert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany