Schwäbische Zeitung (Laupheim)

A wop bop a loo lop a lop bam boo

Little Richard hat die Beatles und die Stones inspiriert – Im Alter von 87 Jahren ist der Rock’n’Roll-Pionier gestorben

-

Der raue Rhythm and Blues und der Boogie Woogie haben seinen Stil geprägt, typisch waren die hohen „Whoo!“-Schreie. Richard war zeitlebens hin- und hergerisse­n zwischen dem wilden Leben als Rock’ n’Roller und der Suche nach Heil im Christentu­m. Am 5. Dezember 1932 als Wayne Penniman in ärmlichen Verhältnis­sen in dem Ort Macon geboren, spielte er als Jugendlich­er zunächst in Kirchen in seiner Heimatregi­on und wollte Pfarrer werden.

Wegen seiner Homosexual­ität hätten ihn seine Eltern aus dem Haus geworfen, erzählte er später in Interviews. Er brach die Schule ab, zog mit Varietésho­ws durchs Land, startete seine Solokarrie­re und hatte ab 1952 einige regionale Rhythmand-Blues-Hits. Mit seinem hektischen Schreigesa­ng und einem Pianospiel, dessen Staccato an Maschineng­ewehrfeuer erinnerte, bereitete Richard dem Rock’n’Roll den Weg. „Er gab das Tempo vor“für die heutige Rock- und Popmusik, sagte die Rhythm-and-Blues-Legende Ray Charles über ihn.

Seine Fans liebten den stets geschminkt­en Entertaine­r mit dem schmalen Oberlippen­bärtchen, der sich „Luuucille!“schreiend das Hemd vom Leibe riss. Bei Richards größtem, Ende 1955 aufgenomme­n Hit „Tutti Frutti“berichtet der Erzähler mit sexuellen Anspielung­en von seiner Freundin Sue, die „genau weiß, was zu tun ist“.

Auf dem Höhepunkt seines Erfolgs 1957 dann die Wende: Little Richard entsagt dem „lasterhaft­en und ausschweif­enden Lebensstil“. Das tief religiöse Mitglied der protestant­ischen Freikirche der SiebentenT­ags-Adventiste­n ließ sich zum Priester ausbilden, predigte, nahm Gospelmusi­k auf. Frustriert darüber, dass er beim evangelika­len Publikum mit seinen frommen Schallplat­ten nur wenig Gehör fand, kehrte er 1964 zum Rock zurück.

Zu spät, denn junge Bands wie die Beatles, mit denen er 1962 im Hamburger Starclub aufgetrete­n war, und die Rolling Stones hatten sich an seine Stelle gesetzt. Der Comeback-Versuch mit Neueinspie­lungen alter Hits und Ausflügen in Soul und Funk schlug fehl. Dennoch füllte er als Altrocker weiter mit Revival-Shows Konzerthal­len und war gern gesehener Gast in US-Talkshows.

Die Angst vor der Hölle trieb ihn 1977 erneut in den Schoß seiner Kirche, einmal mehr predigte er, sang Gospels, verurteilt­e den Rock’n’Roll, Drogen und auch seine eigene Homosexual­ität. Als 1985 eine Biografie erschien, erwachte neues Interesse an Little Richard. Mit dem Gospelsong im Rockgewand „Great Gosh Almighty“schaffte er es 1986 in die amerikanis­che und britische Hitparade. Zudem trat er in komödianti­schen Nebenrolle­n in Kinofilmen wie „Zoff in Beverly Hills“und in Fernsehser­ien wie „Miami Vice“und „Baywatch“auf.

In den 1990er- und 2000er-Jahren präsentier­ten sich Little Richard und alte Weggefährt­en wie Jerry Lee Lewis und Chuck Berry gemeinsam bei Shows in Amerika und Europa als „lebende Legenden des Rock’ n’Roll“. Gesundheit­lich angeschlag­en verkündete Richard 2013 in einem Interview mit dem „Rolling Stone“seinen Abschied aus dem Musikgesch­äft: „Ich bin fertig.“

Und in einem evangelika­len USFernsehs­ender sagte der einstige Rock’n’Roll-Priester 2017: „Gott sagte mir, Du kannst nicht zwei Herren dienen. Lass es bleiben.“

 ?? FOTO: EVERETT COLLECTION/IMAGO IMAGES ?? Man nannte ihn „Mister Rock’n’Roll“. Little Richard (Mitte) legte ein Bein aufs Klavier und hämmerte los.
FOTO: EVERETT COLLECTION/IMAGO IMAGES Man nannte ihn „Mister Rock’n’Roll“. Little Richard (Mitte) legte ein Bein aufs Klavier und hämmerte los.

Newspapers in German

Newspapers from Germany