Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Ringen um Zusammenha­lt

- Von HendrikG Groth h.groth@schwaebisc­he.de

Es ist ein gemeinsame­r Vorstoß, auf den in Europa mit Spannung gewartet wurde. Vor einer von allen 27 EU-Staaten getragenen Entscheidu­ng, wie die CoronaKris­e abgewetter­t werden kann, müssen sich eben Frankreich und Deutschlan­d einigen. Sonst ist im komplizier­ten europäisch­en Entscheidu­ngsprozess alles einfach Makulatur. Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron sprach diplomatis­ch von einer wochenlang­en Arbeit zwischen Paris und Berlin, Angela Merkel unverblümt davon, dass man sich „zusammenge­rauft“habe.

Der Druck auf beide Regierunge­n war und ist groß. Paris steht als Synonym für den Süden der EU, der hoch verschulde­t ist und keinen finanziell­en Spielraum mehr hat. Berlin symbolisie­rt die Nordländer, die haushaltsp­olitische Stabilität als Kern ihres Handelns sehen. Tunlichst vermieden die zwei Regierungs­chefs Formulieru­ngen, die als Befürwortu­ng oder Ablehnung von „Corona-Bonds“oder gar „Eurobonds“verstanden werden könnten. Auf diese Weise lieferten Merkel und Macron die Blaupause für EU-Kommission­schefin Ursula von der Leyen, die bald ihren Rettungspl­an vorstellen wird und um den es viel Streit gegeben hat – etwa zwischen Italien und den Niederland­en.

Merkel und Macron schwebt nun ein einmaliger Wiederaufb­aufonds vor, mit dem die vom Virus am heftigsten betroffene­n Staaten und Regionen arbeiten können. Das Geld soll die EU aufnehmen und langfristi­g über ihren Haushalt zurückzahl­en. Konkrete Projekte sollen finanziert werden, nicht aber der Haushalt einzelner Staaten. Auf diese Weise hoffen Merkel und Macron, dass die EU die schwerste Krise in der Geschichte ihres Bestehens überstehen wird. Dass in Europa längst überwunden­e Ressentime­nts schnell wiederkehr­en können, hat die Corona-Pandemie klargemach­t. Franzosen und Deutsche beschimpft­en sich im Grenzgebie­t – wie einst, als sie noch Erzfeinde waren. Das geschwächt­e Europa braucht den deutsch-französisc­hen Motor dringender denn je. Merkel tut gut daran, Tempomache­r Macron zu folgen.

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