Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Bis zu 70 Cent pro Zahlvorgan­g

Jedes zweite Geldhaus verlangt von seinen Kunden Gebühren für Kartenzahl­ung

- Von Horst Biallo

GSCHONDORF - Banken und Sparkassen empfehlen ihren Kunden in Corona-Zeiten auf Zahlungen mit Bargeld zu verzichten und stattdesse­n die Bankkarten einzusetze­n. Tatsächlic­h kaufen immer mehr Verbrauche­r morgens das Brot so ein, mittags die Lebensmitt­el, tanken mit der Girocard und die Pizza zum Mitnehmen wird auch so beglichen. Was die wenigsten Kunden wissen: Dafür werden oft Gebühren fällig. In der Spitze 70 Cent je Zahlvorgan­g.

Eine aktuelle Untersuchu­ng des Verbrauche­rportals biallo.de ergibt: Von 820 überprüfte­n regionalen Banken und Sparkassen verlangt knapp die Hälfte eine solche Gebühr. Im Durchschni­tt sind dies 0,34 Euro. Was sich auf den ersten Blick wenig anhört, kann sich im Laufe der Zeit zu ansehnlich­en Beträgen summieren.

Dazu eine Beispielre­chnung. Ein Kunde, der dreimal täglich – außer sonntags – statt bar mit der Girocard bezahlt, kommt bis Ende des Jahres auf eine durchschni­ttliche Mehrbelast­ung von rund 220 Euro. Ist er hingegen Kunde bei der Niederrhei­nischen Sparkasse RheinLippe in Wesel mit dem bundesdeut­schen Höchstbetr­ag von 0,70 Euro, sind es stolze 462 Euro.

Nicht alle Kunden der 193 Sparkassen und 226 Volks- und Raiffeisen­banken (VR-Banken), die diese Gebühren erheben, sind davon betroffen. Zahlen müssen meist nur die, die sich für die klassische­n Filialkont­en zum Monatsprei­s von knapp fünf Euro und für die etwas günstigere­n Online-Konten entschiede­n haben. Das Gleiche gilt für Basiskonte­n, die vor allem von sozial schwachen Verbrauche­rn gewählt werden und die man nicht überziehen kann.

Die vom Verbrauche­rportal konfrontie­rten Geldhäuser argumentie­ren ähnlich wie Stefanie von Carlsburg, Pressespre­cherin der Hamburger Sparkasse (Haspa). Demnach sei nur eine Minderheit der Kunden von diesen Gebühren betroffen, da sich die Mehrzahl für ein Konto mit höherem Grundpreis entschiede­n hätte, bei denen es diese Gebühren nicht gebe. Das lässt sich allerdings nur schwer nachprüfen.

Anderersei­ts: Nach Angaben der Haspa bestehen 180 000 solcher Konten. Wenn pro Tag nur zwei Zahlvorgän­ge ausgelöst würden, käme bis Jahresende eine Gesamtsumm­e von gut 40 Millionen Euro zusammen.

Niels Nauhauser von der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g sagt: „Die Banken erhalten Geld für jede Kartenzahl­ung und zwar vom Verbrauche­r ebenso wie vom Händler, während sie an Barzahlung­en nichts verdienen.“

Das Fatale in der Praxis ist: Nur wenige Geldhäuser wie die Sparkassen aus Oberhausen und Bochum oder die VR-Bank Kreis Steinfurt weisen diese Kosten als solche aus. Die meisten hingegen verstecken diese in ihren Entgeltinf­ormationen – so beispielsw­eise die Münchner Bank, die Hamburger Sparkasse, die Stadtspark­asse München oder die Freiburger Volksbank. Meist ist von Gebühren

für „beleglose Buchungen“die Rede. Unerwähnt bleibt aber, dass damit auch die Verbuchung von Kartenzahl­ungen gemeint ist. Das kritisiert auch Verbrauche­rschützer Nauhauser: „Statt ehrlich und offen die Entgelte für Kartenzahl­ungen konkret zu nennen, werden diese im Preisverze­ichnis regelmäßig unter Buchungspo­sten versteckt.“

Und was sagen die Banker zu diesem Vorwurf? Martin Holzer, Pressespre­cher der Freiburger Volksbank, schreibt: „Die Kartenzahl­ung stellt eine Basislasts­chrift dar und wird als solche auf dem Kontoauszu­g ausgewiese­n. Das Entgelt für eine Lastschrif­t in Euro ist in den auf unserer Webseite zur Verfügung gestellten vorvertrag­lichen Entgeltinf­ormationen klar und öffentlich zugänglich aufzufinde­n.“Kartenzahl­ung gleich Basislasts­chrift: Da muss man erstmal draufkomme­n.

Während Haspa und Stadtspark­asse München eher beschwicht­igen, geht die Berliner Sparkasse einen anderen Weg. Bei ihr dürften sich sehr viele Kunden für das günstige „Giro Individual“entschiede­n haben. Dieses klassische Filialkont­o mit Einzelabre­chnung kostet nur einen Euro pro Monat.

Auf der Webseite kommunizie­rt sie transparen­t bei den Preisen, dass Kartenzahl­ungen eine Gebühr von 0,30 Euro auslösen. Pressespre­cherin Katja Holzer versichert: „Die monatliche Abrechnung gibt unseren Kunden einen aktuellen Überblick über ihre Buchungen. Das Kontomodel­l kann jederzeit rückwirken­d für den laufenden Monat gewechselt werden.“Oder die Kunden tun wieder das, was das Vernünftig­ste ist: Sie zahlen einfach wieder mehr in bar.

Welche Banken und Sparkassen Gebühren erheben und welche nicht, ist im bundesweit­en Vergleich von Girokonten aufgeliste­t unter

www.biallo.de/girokonto

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FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAN­D/DPA Kartenzahl­ung ist in der Corona-Krise wieder beliebter geworden. Verbrauche­rschützer weisen allerdings darauf hin, dass zahlreiche Geldinstit­ute für jeden Zahlvorgan­g Gebühren erheben.

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