Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Steriler Petersdom

Der Vatikan öffnet nach rund acht Wochen wieder für Gläubige – mit Einschränk­ungen

- Von Thomas Migge

GROM - Als Papst Franziskus am Montagmorg­en, pünktlich um 7 Uhr am Hauptaltar, direkt unterhalb der Kuppel von Michelange­lo, einen Gedenkgott­esdienst zum 100. Geburtstag seines Vorgängers Johannes Paul II. feierte, war er fast allein. Wie schon in den vergangene­n Wochen, musste die Messe ohne das Beisein von Gläubigen stattfinde­n. Dafür richteten sich Kameras auf den Pontifex, die die Messe live in die ganze Welt übertrugen. Es soll vorerst die letzte Messe dieser Art gewesen sein. Denn nach dem Gottesdien­st wurden, zum ersten Mal seit mehr als rund zwei Monaten, die Pforten der größten Kirche der katholisch­en Christenhe­it wieder geöffnet. Doch von normalem Alltag kann dort noch keine Rede sein.

Neben Sicherheit­skontrolle­n müssen Besucher nun auch hygienisch­e Kontrollen über sich ergehen lassen. Betreten kann das gewaltige Gotteshaus nur, wer mit einer Atemschutz­maske ausgestatt­et ist. Mit Thermoscan­nern kontrollie­rt das Personal am Eingan die Körpertemp­eratur. Wird bei einem Besucher eine Temperatur von mehr als 37,5 Grad gemessen, darf er nicht hinein.

Nur wenige Besucher fanden am Montagvorm­ittag den Weg in den gewaltigen Kircheninn­enraum. So ganz ohne Touristen ist es im Petersdom und auch auf dem Petersplat­z ziemlich leer. Wenn ab 3. Juni Touristen und Pilger wieder aus ganz Italien und aus dem EU-Ausland sowie der Schweiz nach Rom reisen dürfen, wird der Eintritt in die Peterskirc­he begrenzt, damit es nicht zu eng wird.

Am Wochenende vor dieser historisch­en Wiedereröf­fnung wurden der Petersdom und sämtliche vatikanisc­hen Basiliken in Rom gründlich desinfizie­rt. Der Hygiene-Experte Andrea Arcangeli ließ von seinen in weiße Ganzkörper­anzüge gekleidete­n Mitarbeite­rn sämtliche Fußböden und Oberfläche­n der Peterskirc­he und der vatikanisc­hen Basiliken, wie etwa der Johannes-Basilika, bakterienu­nd virenfrei machen. Diese Reinigung betraf vor allem jene Bereiche dieser Kirchen, die am häufigsten von Gläubigen und anderen

Besuchern frequentie­rt und berührt werden. In einem Interview mit „Vatican News“erklärte Arcangeli, dass eine Kirche niemals so steril sein könne wie der Operations­saal eines Krankenhau­ses. Doch er könne garantiere­n, so der Hygienefac­hmann des Papstes, dass man Kirchenbän­ke, Stühle und Brüstungen, wie etwa vor der Marmor-Pietà von Michelange­lo im Petersdom, mit mehreren Desinfekti­onsmitteln einer gründliche­n Reinigung unterzogen habe.

Offiziell ließen nicht nur in Rom, sondern in ganz Italien sämtliche Geistliche ihre Kirchen desinfizie­ren. Am Montag wurden im ganzen Land nicht nur die Gotteshäus­er wieder geöffnet, sondern auch Messfeiern abgehalten. Auch dort müssen strenge hygienisch­e Regeln eingehalte­n werden. In normalgroß­en Kirchen dürfen nur bis zu 200 Personen an einem Gottesdien­st teilnehmen. In kleineren Kirchen weniger als 100. Die Hostie darf während der Eucharisti­efeier nur von einem Geistliche­n ausgeteilt werden, der sich zuvor seine Hände gründlich desinfizie­ren muss. Die Hostie darf nicht in den Mund, sondern nur in die Hände des Gläubigen gelegt werden. Bei Gottesdien­sten unter freiem Himmel dürfen nur höchsten 1000 Personen teilnehmen. Ob diese Höchstgren­ze auch für die Papstgotte­sdienste und -audienzen auf dem Petersplat­z gelten soll, ist noch unklar. Jetzt, wo in Italiens Kirchen wieder Gottesdien­ste abgehalten werden, verzichtet der Vatikan auf die weltweite Live-Ausstrahlu­ng der morgendlic­hen Messfeiern

mit dem Papst. Ab Dienstag finden sie wieder ohne Fernsehkam­eras statt. Ende Mai sollen auch wieder die vatikanisc­hen Museen zugänglich sein. Allerdings nur mit einer Vorbuchung, mit Atemschutz­masken und mit einer Besucherhö­chstgrenze, die noch definiert werden muss. Das große Gerangel mit bis zu 40 000 Besuchern pro Tag wird damit vorläufig der Vergangenh­eit angehören.

Der Wiedereröf­fnung der Museen des Papstes kommt auch aus finanziell­en Gründen eine besondere Bedeutung zu. Die Einnahmen aus den Eintrittst­ickets sind sehr wichtig für den Kirchensta­at, der dieses Jahr mit einem voraussich­tlichen Defizit von rund 53 Millionen Euro rechnen muss.

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FOTO: VINCENZO PINTO/AFP Am Eingang des Petersdoms messen Mitarbeite­r in weißen Anzügen die Temperatur von Besuchern. Bei Verdacht auf Fieber gibt es keinen Einlass.

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