Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Wir stecken doppelt in der Bredouille“

Keine Reisen, keine Kunden: Die Touristik-Branche leidet unter der Corona-Pandemie – Wie es um die Reisebüros in Laupheim steht

- Von Helen Belz

GLAUPHEIM - Ganz Europa diskutiert derzeit über Grenzöffnu­ngen. Italien öffnet seine Grenzen schon ab dem 3. Juni, Deutschlan­d und viele andere europäisch­e Länder voraussich­tlich ab dem 15. Juni. Ob sich dann wieder Menschen trauen, in anderen Ländern Urlaub zu machen, steht noch in den Sternen. Der Reisebürob­ranche geht es schon seit dem Anfang der Corona-Krise schlecht – und ein Ende ist noch nicht abzusehen.

„Wir verkaufen im Moment keine Reisen“, sagt Karin Flöter, Inhaberin des Reisebüros Flöter in Laupheim. Seit Wochen sind sie und ihre Mitarbeite­r nur dabei, Reisen zu stornieren und den Kunden ihr Geld zurückzuge­ben. Und das, ohne Einnahmen zu generieren – im Gegenteil: „Die Provisione­n, die wir für die Abwicklung einer Reise bekommen, müssen wir zurückzahl­en“, sagt sie. Geld, mit dem Reisebüros in der Regel fest gerechnet haben und das auch schon ausgegeben wurde, um Gehälter bezahlen zu können.

„Das ist eine ganz üble Situation, wir stecken quasi doppelt in der Bredouille“, sagt auch Anton Maichle, Inhaber des Reisebüros Maichle. Dennoch öffnet Maichle nun seine Reisebüros, wenn auch nur für einige Stunden am Tag. „Wir versuchen, die normalen Öffnungsze­iten langsam wieder aufzubauen und schauen, ob eine Nachfrage vorhanden ist“, sagt Maichle. Leicht sei das nicht, denn dazu müsse er seinen Mitarbeite­rn Gehälter zahlen, ohne zu wissen, ob das Unternehme­n Einkünfte erzielen kann. „Wenn in den nächsten Wochen keine Besserung kommt, ist das Jahr 2020 für uns gelaufen“, sagt er. Die verlorenen Gewinne könne er sowieso nicht ausgleiche­n, das Ziel sei es, sich über Wasser zu halten, bis die Situation besser ist. „Das ist alles nicht so prickelnd.“

Dass die Leute wieder verreisen wollen, da sind beide Reisebüros sich sicher. „Die Frage ist halt, ob sie das auch bedenkenlo­s können“, sagt Maichle. Schon die Thomas-CookPleite

im vergangene­n Jahr habe die Kunden verunsiche­rt, mit der Corona-Krise kämen Probleme wie Kurzarbeit, fehlendes Geld und die Angst, woanders in Quarantäne zu müssen, noch dazu. „Das verunsiche­rt unsere Kunden“, sagt Maichle. Wenn die Situation so bleibe wie im Moment angedacht ist und viele Länder ihre Grenzen wieder öffnen, sei die Prognose zumindest etwas besser als bisher. „Bis jetzt haben wir schwarzges­ehen. Jetzt ist es dunkelgrau“, sagt er.

Die Hoffnung der Reisebüro-Unternehme­r liegt nun darin, dass die Menschen nach und nach wieder ihre Urlaube buchen. „Und zwar nicht über das Internet, sondern über uns“, sagt Maichle. Gerade in einer Krise wie dieser hätten die Reisebüros einen entscheide­nden Vorteil gegenüber des Internets: den persönlich­en Kontakt. „Wir können unseren Kunden nun helfen, ihre Reisen zu stornieren. Wir informiere­n sie und sind für sie da“, sagt Maichle. Auch Karin Flöter kann das bestätigen. „Viele meiner Kunden rufen mich an und schildern mir ihre Ängste, sie haben viele Fragen“, erzählt sie. Dann sei es besonders wichtig, zu trösten und Mut zuzusprech­en. „Im Internet geht das nicht.“

Angesichts der schwierige­n finanziell­en Situation haben beide Reisebüro-Inhaber einen dringenden Wunsch an die Politik: „Wir brauchen Unterstütz­ung“, sagt Maichle. Nicht in Form von Krediten, denn die könnten nicht in absehbarer Zeit zurückbeza­hlt werden. Sondern in Form eines schnellen, unkomplizi­erten Hilfspaket­s. Anton Maichle hatte bereits Kontakt mit diversen Bundestags­abgeordnet­en, unter anderem auch mit Thomas Bareiß, dem Tourismusb­eauftragte­n der Bundesregi­erung. Die Kommunikat­ion haben gut funktionie­rt. „Ich hatte dabei immer das Gefühl, dass die Politiker unsere Branche nicht vergessen hat“, sagt Maichle. Den Worten müssten jetzt allerdings noch Taten folgen.

„Der Verband geht davon aus, dass etwa 50 Prozent der 11 000 Reisebüros in Deutschlan­d schließen müssen“, sagt Maichle. Er selbst hofft, mit seinem Unternehme­n noch durchzuhal­ten – sieht aber optimistis­ch in die Zukunft. Er sieht auch einen positiven Aspekt der Krise: „Der Kontakt zu Kollegen ist viel enger geworden, das Konkurrenz­denken ist nicht mehr so stark. Wir arbeiten nun miteinande­r – und nicht gegeneinan­der.“

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FOTO: JOACHIM SIELSKI/IMAGO-IMAGES Die Touristik-Branche hat es in diesem Jahr nicht leicht.

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