Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Der erste Tag im Biergarten: Gänsehaut

Am Montag durfte der Außenbetri­eb öffnen – Obwohl die Auflagen ähnlich sind, verläuft der Biergarten­tag in Ulm anders als in Bayern

- Von Sophia Huber

GNEU-ULM/ULM - Pünktlich zur Mittagszei­t kommt eine Gruppe Fahrradfah­rer beim Barfüßer in Weißenhorn an. Doch anstatt sich sofort ein kühles Getränk zu bestellen, müssen sie erst einmal bei Wirtin Beate Schüle vorbei. Vor ihr liegt ein Ordner, Kulis und Desinfekti­onsmittel. „Man muss schon hinterher sein“, sagt sie, denn die staatlich verordnete­n Richtlinie­n müssen ja eingehalte­n werden. Seit Montag dürfen Gastronomi­ebetriebe ihren Außenberei­ch wieder öffnen – jedoch nur unter Einhaltung der Vorgaben zur Eindämmung der Pandemie.

Die Lockerunge­n lassen viele Gastronome­n und Biergarten­freunde aufatmen. Das tun einige Besucher tatsächlic­h, wenn sie zum Tisch geführt werden und ihren Mundschutz abnehmen dürfen. Denn der muss außerhalb des Tisches getragen werden. „Die meisten Gäste haben vollstes Verständni­s dafür“, sagt Schüle. Sie habe am ersten Tag schon eine richtige Gänsehaut bekommen. Denn eine Gästegrupp­e brachte ihre eigenen bereits vorgeferti­gten Aufkleber mit: Name, Adresse und Telefonnum­mer standen darauf. So viel Akzeptanz rührt die Wirtin.

Etwa 50 Gäste seien in den ersten beiden Stunden gekommen. Unter anderem Liane und Michael Merbeck aus Neu-Ulm, die sich in der Mittagspau­se einen großen Salat und einen Burger schmecken lassen. „Wir sind froh, dass wir wieder draußen essen können, in den letzten Wochen

haben wir immer im Büro gekocht“, sagt Michael Merbeck. Dass man beim Betreten des Biergarten­s oder auch auf dem Weg zur Toilette einen Mundschutz tragen muss, sei für ihn völlig in Ordnung: „Das muss man im Supermarkt ja auch und so lange es langsam vorwärts geht, ist es ja gut so.“Seine Begleitung fragt sich jedoch, warum man beim Betreten auch eine E-Mail-Adresse angeben müsse, denn in einem Café in Ulm habe der Name gereicht.

Eine Männergrup­pe aus Dornstadt stellt ihre Fahrräder vor dem Biergarten Teutonia in der Ulmer Friedrichs­au ab, es ist angenehm warm und keine einzige Wolke am Himmel zu sehen. Doch bevor es das kühle Weizen zur Erfrischun­g gibt, müssen die Rentner ebenfalls ein Formular mit ihren persönlich­en Daten ausfüllen, um mögliche Infektions­ketten im Nachhinein nachweisen zu können. „Das ist der neue Lottozette­l“, sagt Herbert Grimm und lacht. Er steckt das ausgefüllt­e Papier in eine Box. Seine Freunde tun das Gleiche. „Jetzt aber rein“, sagt einer der Fahrradfah­rer. Sie haben die Biergarten-Saison vermisst.

Man könnte das Gefühl haben, bei der Landesgren­ze höre die Vorsicht auf, wenn man den Blick auf die baden-württember­gische Seite wirft. In einem Ulmer Biergarten unterhalte­n sich die Kellner mit ihren Gästen ohne einen Mund-Nasen-Schutz. Das verstößt gegen die Regelungen. Bei einem Spaziergan­g durch das Fischer-Viertel hat man ein Gefühl von schwäbisch­er Gemütlichk­eit. Das liegt nicht nur an der schönen Atmosphäre, sondern auch an den eng zusammenge­stellten Tischen vor manchen Cafés und Gasthäuser­n.

Die Gastronomi­e-Reglungen zwischen den Bundesländ­ern unterschei­den sich in einigen Punkten: In Bayern darf der Biergarten höchstens bis 20 Uhr öffnen, in BadenWürtt­emberg gibt es keine Einschränk­ung bei den Öffnungsze­iten.

Christa Zoller vom Gasthaus Schlößle in Offenhause­n, ist am Montagnach­mittag erleichter­t, aber auch „fix und fertig“. „In den vergangene­n Tagen habe ich bis 11 oder 12 Uhr nachts gearbeitet, es war sehr viel Organisato­risches zu machen“, sagt die Wirtin. Ob sie mit dem ersten Tag zufrieden ist? „Es läuft schon gut an“, sagt sie. Innerhalb der ersten halben Stunde ist gut die Hälfte der 60 Tische besetzt. Der Gang zum Sitzplatz gleicht allerdings einem kleinen Labyrinth, es gibt verschiede­ne Stationen, die aufgebaut sind: Händewasch­en, Registrier­ung, Desinfekti­on und Absperrket­ten für den Ein- und Ausgang. Die Gäste scheint es nicht zu stören. Man müsse schauen, ob sich der eingeschrä­nkte Betrieb auch auszahle, sagt Zoller. Ab kommender Woche darf auch in Bayern der Innenbetri­eb wieder öffnen. „Doch bei dem Wetter hocken die Leute wenn dann draußen“, sagt die Wirtin.

Im Klostergas­thof Roggenburg sind am frühen Nachmittag sieben Gäste da, Wirt Wolfgang Simons desinfizie­rt die Tische und Speisekart­en. „Mal schauen, wie lange das machbar ist“, sagt er. Trotz Mundschutz merkt man, dass er nicht wirklich zufrieden aussieht. „Die Saison ist ja schon fast vorbei“, meint er. Im Frühjahr hätten einige Hochzeiten stattgefun­den, die wurden alle abgesagt. „Es ist nicht so einfach wie früher, aber wir müssen weitermach­en.“

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FOTO: ALEXANDER KAYA Die Biergärten in der Ulmer Region sind wieder geöffnet.

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