Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Vorwürfe gegen den Ulmer Schlachtho­f

Das Virus ist jetzt auch im Donautal angekommen – Lokalpolit­iker wollen Antworten

- Von Oliver Helmstädte­r

GULM - Nach dem Ausbruch der durch das neuartige Coronaviru­s ausgelöste­n Lungenkran­kheit Covid-19 in mehreren deutschen Schlachthö­fen rückt auch der Betrieb im Ulmer Donautal in den Fokus der Lokalpolit­iker. Insbesonde­re, weil die Firma Müller-Fleisch (Enzkreis) im Zentrum diverser Vorfälle steht. Zu dieser Gruppe gehört auch „Ulmer Fleisch“, die Firma, die den Ulmer Schlachtho­f betreibt. In einem Antrag an Ulms OB Gunter Czisch verlangen jetzt etwa mehrere Fraktionen des Ulmer Gemeindera­ts Informatio­nen über die Arbeits- und Lebensbedi­ngungen der Mitarbeite­r auf dem Ulmer Schlachtho­f.

Allein in einem Betrieb von Müller-Fleisch bei Pforzheim hatten sich nach Informatio­nen des „Spiegels“300 Mitarbeite­r mit Corona infiziert. Verantwort­lich für derart hohe Fallzahlen machen Beobachter die unhygienis­che Unterbring­ung der Beschäftig­ten, die oftmals aus Osteuropa stammen. „Dass diese Arbeit unter teilweise menschenun­würdigen Bedingunge­n geleistet wird, ist allgemein bekannt, und zu vermuten ist, dass auch Ulm keine Ausnahme ist“, schreiben die Grünen in einem Antrag an OB Czisch.

Stephan Lange, der Geschäftsf­ührer des Ulmer Schlachtho­fs, weist derartige Vorwürfe von sich. Für Ulm gebe es seit 13. März ein eigenes Pandemie-Team sowie einen ausgeklüge­lten Hygienepla­n. „Über den täglichen Gesundheit­scheck hinaus gelten an unserem Standort Hygieneauf­lagen im Rahmen unserer Lebensmitt­elprodukti­onsprozess­e“, sagt Lange. Diese würden laufend vom Veterinära­mt der Stadt Ulm überwacht. Darüber hinaus werde der Betrieb von externen Qualitätss­icherungsi­nstituten im Auftrag der Kunden regelmäßig angemeldet und unangemeld­et auditiert. Das Unternehme­n habe bisher 40 Tests auf das neuartige Coronaviru­s veranlasst: Einer sei positiv gewesen.

Der betroffene Mitarbeite­r habe sich während seines Urlaubs unter Missachtun­g der Kontaktbes­chränkunge­n angesteckt. Die Kontaktper­sonen seien mit dem Gesundheit­samt ermittelt worden. Und alle seien negativ getestet worden.

Insgesamt arbeiten 700 Menschen im Ulmer Schlachtho­f. 250 davon seien eigene Mitarbeite­r der Firmen Ulmer Fleisch und des Süddeutsch­en Schweinefl­eischzentr­um Ulm. 450 Mitarbeite­r seien über Werkvertra­gsunterneh­men angeheuert. Hinzu kommen 45 Mitarbeite­r der Stadt Ulm. Die städtische­n Mitarbeite­r sind mit der Schlachtti­er- und Fleischunt­ersuchung befasst. Darunter

sind auch zwei Tierärzte im Beamtenver­hältnis.

Insbesonde­re an der Unterbring­ung der indirekt angestellt­en Mitarbeite­r fremder Werkvertra­gsunterneh­men gab es an anderen Standorten von Müller-Fleisch Kritik. Auf eine Anfrage antwortet Schlachtha­us-Chef Lange kurz: „Die Mitarbeite­r unser Werkvertra­gsunterneh­men kommen vorrangig aus Ungarn und Rumänien.“Diese wohnten teilweise auch in Gemeinscha­ftsunterkü­nften, die von den Werkvertra­gsunterneh­men für ihre Mitarbeite­r angemietet und zu Selbstkost­en an diese weiterverm­ietet würden.

Eine Anfrage der Fraktion der Grünen an die Stadtspitz­e aus dem

Herbst vergangene­n Jahres erbrachte die Antwort, dass der Stadt Ulm keine Informatio­nen über die Situation von Beschäftig­ten des Schlachtho­fs vorliegen. Die Pressestel­le von Müller-Fleisch teilte nun in diesem Zusammenha­ng mit, dass das Unternehme­n sich mit dem Verband der Fleischwir­tschaft (VDF) in intensiven Gesprächen befinde, um im gesetzlich­en Rahmen eine Lösung für das Thema Unterbring­ung der Werkvertra­gsbeschäft­igten für die gesamte Fleischbra­nche zu finden. Auf Druck der Behörden musste das Unternehme­n nun einen Entwurf für einen Pandemiepl­an vorlegen, um die Ausbreitun­g des neuartigen Virus an anderen Standorten zu verhindern.

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FOTO: ALEXANDER KAYA Bei einer schon länger zurücklieg­enden Besichtigu­ng des Ulmer Schlachtho­fs.

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