Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Vorwürfe gegen den Ulmer Schlachthof
Das Virus ist jetzt auch im Donautal angekommen – Lokalpolitiker wollen Antworten
GULM - Nach dem Ausbruch der durch das neuartige Coronavirus ausgelösten Lungenkrankheit Covid-19 in mehreren deutschen Schlachthöfen rückt auch der Betrieb im Ulmer Donautal in den Fokus der Lokalpolitiker. Insbesondere, weil die Firma Müller-Fleisch (Enzkreis) im Zentrum diverser Vorfälle steht. Zu dieser Gruppe gehört auch „Ulmer Fleisch“, die Firma, die den Ulmer Schlachthof betreibt. In einem Antrag an Ulms OB Gunter Czisch verlangen jetzt etwa mehrere Fraktionen des Ulmer Gemeinderats Informationen über die Arbeits- und Lebensbedingungen der Mitarbeiter auf dem Ulmer Schlachthof.
Allein in einem Betrieb von Müller-Fleisch bei Pforzheim hatten sich nach Informationen des „Spiegels“300 Mitarbeiter mit Corona infiziert. Verantwortlich für derart hohe Fallzahlen machen Beobachter die unhygienische Unterbringung der Beschäftigten, die oftmals aus Osteuropa stammen. „Dass diese Arbeit unter teilweise menschenunwürdigen Bedingungen geleistet wird, ist allgemein bekannt, und zu vermuten ist, dass auch Ulm keine Ausnahme ist“, schreiben die Grünen in einem Antrag an OB Czisch.
Stephan Lange, der Geschäftsführer des Ulmer Schlachthofs, weist derartige Vorwürfe von sich. Für Ulm gebe es seit 13. März ein eigenes Pandemie-Team sowie einen ausgeklügelten Hygieneplan. „Über den täglichen Gesundheitscheck hinaus gelten an unserem Standort Hygieneauflagen im Rahmen unserer Lebensmittelproduktionsprozesse“, sagt Lange. Diese würden laufend vom Veterinäramt der Stadt Ulm überwacht. Darüber hinaus werde der Betrieb von externen Qualitätssicherungsinstituten im Auftrag der Kunden regelmäßig angemeldet und unangemeldet auditiert. Das Unternehmen habe bisher 40 Tests auf das neuartige Coronavirus veranlasst: Einer sei positiv gewesen.
Der betroffene Mitarbeiter habe sich während seines Urlaubs unter Missachtung der Kontaktbeschränkungen angesteckt. Die Kontaktpersonen seien mit dem Gesundheitsamt ermittelt worden. Und alle seien negativ getestet worden.
Insgesamt arbeiten 700 Menschen im Ulmer Schlachthof. 250 davon seien eigene Mitarbeiter der Firmen Ulmer Fleisch und des Süddeutschen Schweinefleischzentrum Ulm. 450 Mitarbeiter seien über Werkvertragsunternehmen angeheuert. Hinzu kommen 45 Mitarbeiter der Stadt Ulm. Die städtischen Mitarbeiter sind mit der Schlachttier- und Fleischuntersuchung befasst. Darunter
sind auch zwei Tierärzte im Beamtenverhältnis.
Insbesondere an der Unterbringung der indirekt angestellten Mitarbeiter fremder Werkvertragsunternehmen gab es an anderen Standorten von Müller-Fleisch Kritik. Auf eine Anfrage antwortet Schlachthaus-Chef Lange kurz: „Die Mitarbeiter unser Werkvertragsunternehmen kommen vorrangig aus Ungarn und Rumänien.“Diese wohnten teilweise auch in Gemeinschaftsunterkünften, die von den Werkvertragsunternehmen für ihre Mitarbeiter angemietet und zu Selbstkosten an diese weitervermietet würden.
Eine Anfrage der Fraktion der Grünen an die Stadtspitze aus dem
Herbst vergangenen Jahres erbrachte die Antwort, dass der Stadt Ulm keine Informationen über die Situation von Beschäftigten des Schlachthofs vorliegen. Die Pressestelle von Müller-Fleisch teilte nun in diesem Zusammenhang mit, dass das Unternehmen sich mit dem Verband der Fleischwirtschaft (VDF) in intensiven Gesprächen befinde, um im gesetzlichen Rahmen eine Lösung für das Thema Unterbringung der Werkvertragsbeschäftigten für die gesamte Fleischbranche zu finden. Auf Druck der Behörden musste das Unternehmen nun einen Entwurf für einen Pandemieplan vorlegen, um die Ausbreitung des neuartigen Virus an anderen Standorten zu verhindern.