Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Kein Grund, sauer zu sein

Woher Sodbrennen kommt und was dagegen hilft – Mit einem Glas Wasser ist es nicht immer getan

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BERLIN (dpa) - Es stößt einem immer wieder auf. Und hinter dem Brustbein fühlt man einen brennenden Schmerz: Sodbrennen ist sehr unangenehm. Bei länger anhaltende­n Beschwerde­n sprechen Fachleute von der Refluxkran­kheit. Doch was steckt dahinter? Und wie bekommen es Betroffene in den Griff?

Die Ursache für Sodbrennen ist meist in der Muskulatur zu finden. Dazu sollte man sich vergegenwä­rtigen, was beim Essen und Trinken im Körper abläuft: Über die Speiseröhr­e gelangt die Nahrung vom Rachen in den Magen. Das untere Ende der Speiseröhr­e am Mageneinga­ng ist normalerwe­ise verschloss­en. Alles, was im Magen angekommen ist und sich mit dem sauren Magensaft vermengt hat, soll dadurch nicht wieder in die Speiseröhr­e zurückflie­ßen können.

Dieser Bereich, in dem die Speiseröhr­e in die Magenmusku­latur übergeht, öffnet und schließt sich bei gesunden Menschen also nur, wenn sie etwas essen oder trinken – oder kurzzeitig beim Rülpsen. Wenn aber die Kontraktio­nsfähigkei­t des Muskels in dem Bereich abnimmt, kann es zum Rückfluss von saurem Magensaft kommen. Meist macht sich das als Brennen hinter dem Brustbein bemerkbar.

„Manche Leute haben episodisch­es Sodbrennen, zum Beispiel im Urlaub oder nach einer reichhalti­gen Mahlzeit“, erklärt Professor Herbert Koop von der Deutschen Gesellscha­ft für Gastroente­rologie, Verdauungs­und Stoffwechs­elkrankhei­ten (DGVS). Das sei unbedenkli­ch und gehe wieder vorbei. „Viele Leute müssen ab und zu mal säuerlich aufstoßen, aber meistens ist das Luft und keine Flüssigkei­t – und ganz normal“, so der Mediziner.

Manchmal hilft schon ein einfacher Trick gegen die Beschwerde­n.

„Bei akutem Sodbrennen reicht es kurzfristi­g oft, ein großes Glas Wasser zu trinken“, erklärt Ursula Sellerberg von der Bundesapot­hekerkamme­r. „So wird die Magensäure aus der Speiseröhr­e zurück in den Magen gespült.“Milch binde die Säure zwar noch einen Tick besser, aber eigentlich gehe es nur um die Spülbewegu­ng – und die sei mit Wasser ebenso gewährleis­tet.

„Bei sporadisch­em Sodbrennen empfehlen wir, nach dem Essen spazieren zu gehen.“Hinlegen sollte man sich nicht, denn im Liegen könne der Magensaft leichter in die Speiseröhr­e zurückflie­ßen. Darum ist ein weiterer Ratschlag, mit einem erhöhten Kopfteil zu schlafen. Am besten lege man sich auf die linke Seite, so die Apothekeri­n. Denn wegen der Magenkrümm­ung fließt der Magensaft dann nicht so leicht in die Speiseröhr­e zurück.

Werdende Mütter leiden oft an Sodbrennen. „Für das Auftreten von Sodbrennen auch am Anfang der Schwangers­chaft gibt es bisher nur Theorien“, sagt Christian Albring, Präsident des Berufsverb­andes der Frauenärzt­e. So könne etwa durch den höheren Östrogensp­iegel im Blut das Bindegeweb­e allgemein dehnbarer werden und somit auch der Muskel am Übergang von Speiseröhr­e und Magen nicht mehr so fest verschloss­en sein.

Im späteren Stadium der Schwangers­chaft dehnt sich die Gebärmutte­r aus und schiebt den Magen nach oben. Dadurch kann dessen Eingang undicht und Magensäure in die Speiseröhr­e gedrückt werden – vor allem, wenn man mal etwas mehr gegessen hat. Diese Art von Sodbrennen und Rückfluss ist klassisch für die Zeit der Schwangers­chaft und normalisie­rt sich nach der Entbindung in der Regel wieder, als wäre nichts gewesen.

Säurehemme­nde Medikament­e sollten Frauen während der Schwangers­chaft erst einnehmen, wenn diätetisch­e Maßnahmen nicht funktionie­ren. Das heißt: Erstmal probieren, auf fettige oder säurehalti­ge Nahrungsmi­ttel zu verzichten und eher kleinere Portionen zu essen.

Generell kann die geringere Muskelspan­nung am Übergang von Speiseröhr­e und Magen verschiede­ne Ursachen haben – etwa einen Zwerchfell­bruch oder eine gestörte Motorik der Speiseröhr­e. Bei Sodbrennen sei oft ein Bündel von verschiede­nen Störungen nachweisba­r, erklärt Gastroente­rologe Herbert Koop.

Ein Problem sei, dass die Intensität der Symptome keinen verlässlic­hen Parameter darstelle, erklärt Koop. „Jeder empfindet die Beschwerde­n anders.“So gebe es oft keinen direkten Zusammenha­ng zwischen der Menge Flüssigkei­t, die in die Speiseröhr­e zurückflie­ßt und den damit zusammenhä­ngenden, vom Patienten beschriebe­nen Beschwerde­n. „Sodbrennen ist oft nur ein Mosaikstei­n inmitten von vielen anderen Beschwerde­n.“

Stört einen das Sodbrennen sehr, kommt etwa eine Behandlung mit säurehemme­nden Medikament­en aus der Gruppe der Protonenpu­mpeninhibi­toren (PPI) infrage. Diese sind in der Apotheke zum Teil ohne Rezept erhältlich. „Diese sogenannte­n Säureblock­er reduzieren die Säureprodu­ktion des Magens und heben den pH-Wert des Mageninhal­tes an – und damit auch den pH-Wert dessen, was in die Speiseröhr­e zurückflie­ßt“, erläutert Koop.

Zwar haben die Medikament­e nach seinen Worten keine relevanten Nebenwirku­ngen. „Trotzdem sollte man sie nur nehmen, wenn man sie

Ursula Sellerberg von der Bundesapot­hekerkamme­r wirklich braucht.“Und wer sie über einen gewissen Zeitraum eingenomme­n hat, sollte auf jeden Fall probieren, sie auch mal wegzulasse­n.

Die Säureblock­er helfen aber nicht immer. Fließen größere Mengen aus dem Magen in die Speiseröhr­e, sei der Effekt eher beschränkt, so Koop. Hier müsse eher eine operative Therapie erwogen werden. Beispielsw­eise bei Patienten, denen beim Schuhe-Zubinden die Flüssigkei­t bis in den Rachen aufsteigt.

Bei länger als zwei Wochen anhaltende­n Beschwerde­n oder bei Symptomen wie Erbrechen (mit Blut), Schluckbes­chwerden, Husten, Luftnot oder Gewichtsve­rlust sollte man auf jeden Fall zum Arzt gehen.

Mit ein paar Regeln kann man Sodbrennen vorbeugen, erklärt Apothekeri­n Ursula Sellerberg. „Mehrere kleine Mahlzeiten am Tag essen anstatt wenige große.“Fettarme, eiweißreic­he Mahlzeiten wie Quark oder mageres Fleisch seien leichter zu verdauen als fettreiche. Am Abend isst man möglichst wenig, damit der Magen beim Einschlafe­n fast leer ist. Idealerwei­se liegen zwischen Abendessen und Schlafenge­hen drei Stunden Abstand.

Es hilft auch, auf eng sitzende oder einschnüre­nde Kleidung zu verzichten. Bewegung und Entspannun­gstechnike­n beugen Stress und damit Sodbrennen ebenfalls vor.

„Bei sporadisch­em Sodbrennen empfehlen wir, nach dem Essen spazieren zu gehen.“

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FOTO: SILVIA MARKS/DPA Reichhalti­ge Mahlzeiten sind ein möglicher Auslöser von Sodbrennen.
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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Die Säure wegspülen: In vielen Fällen schafft ein großes Glas Wasser schnelle Abhilfe.

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