Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Es war Liebe auf den ersten Blick
Wie ein Schrauber aus Stetten zu seinem Ford Mustang GT gekommen ist
GSTETTEN - Auf einmal geht das Tor auf. „Und dann spitzelt da was Grünes und ich sehe die Scheinwerfer“, erinnert sich Bruno Maiorano. „Stop, das ist doch ein Mustang, denke ich mir.“Pause. Grübeln. Was passiert hier? Wo kommt auf einmal dieses Auto her? Denn eigentlich ist Maiorano mit seiner Frau Diana zu dem Händler nach Nersingen gefahren, um sich ein anderes Modell anzuschauen.
Doch es wurde ein Ford Mustang GT, Baujahr 2013, von dem Ehepaar aus Stetten wegen seiner grünen Farbe auch liebevoll „der Grinch“genannt. Eine gehäkelte Figur des Fabelwesens, das aus einem Kinderbuch für seinen Hass auf Weihnachten bekannt ist, sitzt stets auf dem Beifahrersitz. „Nur, wenn wir zu zweit unterwegs sind, muss der Grinch nach hinten“, erklärt Maiorano. Der Mustang ist für den 55-Jährigen ein ganz besonderes Auto. Auch, weil er früher schon einmal einen besessen hat.
Zurück ins Frühjahr 2016: Maiorano möchte es genauer wissen. „Können wir den angucken?“, fragt er den Händler. „Kein Problem“, antwortet der. Das Fahrzeug sei zwar noch nicht geputzt, es solle aber demnächst ohnehin zum Verkauf angeboten werden. Für den Autoliebhaber steht es schon jetzt da wie eine Eins. Ob er eine Probefahrt machen könne? Ebenfalls kein Problem. „Und dann ist es passiert“, schwärmt Maiorano noch heute. Herzklopfen. Schmetterlinge im Bauch. Wie das erste Mal verliebt sein. „Es hat wirklich alles gepasst. Vom Sound über die Sitze bis hin zur Farbe“– das Grün ist eine Sonderfarbe, das sogenannte „Gotta Have It Green“, das es nur zwei Jahre lang gegeben hat. „Wie es der Zufall wollte, haben wir das Auto auch noch am Gründonnerstag entdeckt. Besser hätte es einfach nicht passen können.“
Dabei hatte der Tag ganz anders begonnen. Maiorano und seine Frau waren schon länger auf der Suche nach einem Mustang. Sie hatten zahlreiche Angebote durchstöbert, und sie wären auch bereit gewesen, weitere Strecken zu fahren, um sich die Autos anzuschauen. Zum Beispiel nach Karlsruhe, Mannheim oder Aschaffenburg. „Aber es hieß immer, dass es schon andere Interessenten gibt“, erzählt Bruno Maiorano. „Deshalb sind wir nach Nersingen gefahren, obwohl uns das Angebot nicht umgehauen hat“– das Ehepaar wollte sich aber zumindest vor Ort ein Bild machen. Was folgte, war Ernüchterung: „Das Auto hatte ziemlich viele Gebrauchsspuren, es hat mir gar nicht gefallen. Ich wollte nicht einmal eine Probefahrt machen.“Eigentlich war der Tag gelaufen. Doch dann spitzelte das grüne Monster aus der Garage. Gesehen, gekauft.
Später, bei der Zulassungsstelle, haben Diana und Bruno Maiorano ein zweites Mal Glück: In Laupheim hat die Behörde bereits geschlossen, aber in Biberach kommen die beiden fünf Minuten vor Schluss an. Sie ziehen als letzte eine Nummer, nur ein Mann ist noch vor ihnen. Die Frau hinter dem Schalter sehnt sich schon dem Feierabend entgegen. „Und dann kommen wir und brauchen das ganze Paket“, erzählt Maiorano und schmunzelt. „Das Auto war ja noch nie in Deutschland zugelassen.“Die Frau hinter dem Schalter schaut auf die vielen Papiere und sagt: „Oh, ähm. Das wird jetzt ein Weilchen dauern.“Aber sie nimmt sich die Zeit. Die frischgebackenen Autobesitzer schmeicheln ihr: „Das ist ja so lieb von Ihnen, dass sie das noch machen!“Schließlich ist alles erledigt.
Die Geschichte von Maiorano und dem Mustang beginnt eigentlich schon viel früher: In den Achtzigerjahren ist er erstmals mit dem Modell in Berührung gekommen – mit einem Mustang, 5.0L, Baujahr 1980, um genau zu sein. „Mein Vater hat ihn mir 1986 geschenkt“, erinnert sich der 55Jährige. Er hatte ihn zuvor einige Jahre gefahren und sehr geschätzt – „ein halbes Jahr später hat er mich gefragt, ob er das Auto für den Spanienurlaub leihen könnte. Da konnte ich natürlich nicht nein sagen.“
Maioranos Eltern brechen auf und eine Woche später kommt der Anruf: Sie haben kurz vor Barcelona einen Unfall gehabt. Jemand ist ihnen in die Seite gefahren. Betrunken und ohne Führerschein. Zum Glück ist den beiden nichts passiert. Aber der Mustang ist hinüber. Was nun? Dass der Unfallverursacher der Familie den Schaden erstattet, ist unwahrscheinlich und mit hohen Kosten verbunden. Einem Anwalt hätte sie etwa 3000 DM im Voraus zahlen müssen.
„Ich habe mich dann entschlossen, das Auto zu reparieren“, erzählt Maiorano, der seit seinem 14. Lebensjahr leidenschaftlich schraubt. Schnell ist klar, dass er viele Ersatzteile braucht – diese besorgt sich der Schrauber über drei weitere Modelle, die er für die Reparatur ausschlachtet. Und schließlich hat er aus vier Fahrzeugen eins gemacht: Der rote Mustang mit dem Schriftzug „Streetmachine“am Kühlergrill erstrahlt im neuen Glanz. Anfang der Neunzigerjahre
verkauft Maiorano das Auto wieder. Der Grund: „Ich hätte wegen Behördenauflagen viel Geld in die Auspuffanlage stecken müssen, das war mit zu teuer.“
Erst seit dem besagten Gründonnerstag im Jahr 2016 kann der Schrauber aus Stetten wieder einen Mustang sein Eigen nennen. Und inzwischen ist ein weiteres Fahrzeug dazugekommen: ein blauer Buick Riviera, Baujahr 1965. „Das war mein Projekt für den Winter“, sagt Maiorano. „Der Wagen heißt Kenny.“Selbstverständlich hat seine Frau auch eine Puppe gehäkelt, sozusagen ein Geschwisterchen für den Grinch: einen kleinen blauen Drachen, der ebenfalls Kenny heißt.
Wer uns auch eine Auto-Geschichte zur SZ-Serie „Heilig’s Blechle“erzählen möchte, kann mit der Redaktion Laupheim unter redaktion.laupheim@schwaebische.de oder schriftlich an Schwäbische Zeitung, Mittelstraße 2, 88471 Laupheim Kontakt aufnehmen. Ein Foto des Wagens sollte vorhanden sein.