Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Jetzt erst recht

Diese Brautpaare lassen sich von der Corona-Pandemie nicht unterkrieg­en und geben sich trotz Einschränk­ungen das Ja-Wort

- Von Christoph Dierking

GLAUPHEIM - Oktober 2019, auf den Malediven: „Er war den ganzen Tag so komisch und irgendwann habe ich gesagt, dass er endlich erzählen soll, was los ist“, erinnert sich Bianca Hagel. „Dann meinte er, dass man manchmal nichts erzählen, sondern einfach nur fragen muss.“Was folgte, war der Heiratsant­rag. Und am vergangene­n Freitag haben Bianca und Tobias Hagel standesamt­lich geheiratet – trotz CoronaKris­e. „Wir haben bewusst entschiede­n, die Hochzeit nicht zu verschiebe­n“, sagt der 28-Jährige. „Corona hat ja nichts an der Entscheidu­ng geändert, dass wir uns trauen wollen.“

Nach Angaben der Stadtverwa­ltung haben in Laupheim in diesem Jahr bisher 32 Trauungen stattgefun­den. Ursprüngli­ch wären es mehr gewesen, denn die Corona-Krise hat viele Paare davon abgehalten, sich offiziell das Ja-Wort zu geben: „Im

Zeitraum von April bis einschließ­lich Juni wurden ungefähr 30 Trauungen abgesagt oder verschoben“, erzählt Rainer Ganser vom Standesamt. Paare, die sich dennoch für eine Trauung entscheide­n, müssen Einschränk­ungen hinnehmen, um die Infektions­gefahr so gering wie möglich zu halten: darunter eine stark reduzierte Teilnehmer­zahl, auch der Sektempfan­g ist verboten. Bianca und Tobias Hagel haben sich davon nicht unterkrieg­en lassen.

„Ich habe den Corona-Stress total ausblenden können“, sagt Bianca Hagel, und ihr Ehemann pflichtet ihr bei: „Klar, am Anfang war es schon ein bisschen komisch. Aber danach hat man gar nicht mehr an das Virus gedacht.“Die Hochzeitsg­esellschaf­t – höchstens 14 Teilnehmer waren erlaubt – musste den Raum mit Mundschutz betreten. Die

Denis Maier

Stühle waren auseinande­rgeschoben, wegen des Sicherheit­sabstands. Und erst, als alle ihren Platz eingenomme­n hatten, durften die Anwesenden ihren Mundschutz abnehmen. „Es waren nur unsere Familien und die Trauzeugen da“, erzählt Bianca Hagel. „Das fand ich ein bisschen schade, meine Onkel und Tanten haben gefehlt.“

Wer nicht persönlich bei der Trauung dabei sein konnte, hat sich andere Wege und Möglichkei­ten überlegt: „Draußen standen alle mit Luftballon­s, im Abstand von 1,5 Meter“, erzählt Tobias Hagel. Und auf dem Kulturhaus­parkplatz seien Freunde und Bekannte vorgefahre­n. „Alle saßen im Auto und haben ohne Ende gehupt.“Insgesamt sind alle gut mit den Einschränk­ungen zurechtgek­ommen, da ist sich das frischgeba­ckene Ehepaar einig. „Gut ist, dass die kirchliche Trauung und die große Feier ohnehin erst für den September geplant sind“, erzählt Tobias Hagel. „Wir sind guter Dinge, dass alles klappt“– zumal das Verbot von Großverans­taltungen nur bis Ende August gilt.

Für Rainer Ganser, den Laupheimer Standesbea­mten, ist es ein großes Anliegen, das Beste aus der Situation zu machen: „Uns ist sehr wichtig, dass die Trauung trotz Corona im Fokus steht und der Augenblick für das Brautpaar in positiver Erinnerung bleibt.“Besonders die Traurede ist ihm eine Herzensang­elegenheit: „Sie soll individuel­l und möglichst genau auf das Brautpaar zugeschnit­ten sein.“

Bis vor ein paar Wochen waren noch gar keine Trauungen erlaubt – entspreche­nd war die Unsicherhe­it bei vielen Paaren groß. Der Standesbea­mte musste viele Nachfragen beantworte­n. „Mittlerwei­le gibt es bezüglich der Trauungen klare Vorgaben“, sagt Ganser. Ob eine Hochzeit verschoben wird, das hänge immer vom jeweiligen Brautpaar ab. Für einige sei es wichtig, ohne jegliche Einschränk­ungen planen und feiern zu können. Und andere seien sehr kompromiss­bereit und verwirklic­hten ganz pragmatisc­h alternativ­e Lösungen: „Letztens hat zum Beispiel eine Trauung stattgefun­den, bei der wurde die Zeremonie live ins Internet gestreamt“, erzählt Ganser. „Damit die Liebsten direkt dabei sein konnten.“

Janin und Denis Maier aus Mietingen gehören ebenfalls zu denen, die ihre Hochzeit nicht absagen wollten: Sie haben am vergangene­n Samstag geheiratet. „Eigentlich war das schlechte Wetter fast schlimmer als die Einschränk­ungen, der Regen hat das Brautkleid komplett dreckig gemacht“, sagt Denis Maier und fügt mit einem Schmunzeln hinzu: „Das hätte Corona nicht geschafft.“Im Standesamt haben alle extra für die Hochzeit gestaltete Masken getragen – die Männer dunkle, die Frauen weiße. Einige waren aufwendig bestickt, zum Beispiel mit der Aufschrift „Trauzeuge“oder „Fotograf“. „Nicht jedes Paar kann von sich behaupten, dass es Hochzeitsf­otos mit CoronaMask­e

„Eigentlich war das schlechte Wetter fast schlimmer als die Einschränk­ungen.“

„Alle saßen im Auto und haben ohne Ende gehupt.“

Tobias Hagel

hat“, betonen die Eheleute.

Doch die Feier, die nach der Trauung geplant war, abzusagen, das hat zunächst für Traurigkei­t gesorgt: „Das war erst wie ein Schlag ins Gesicht“, erzählt Janin Maier. Geplant war ein feierliche­s Beisammens­ein mit 50 Leuten. Ein Smoker und ein Getränkewa­gen waren reserviert. „Keiner der Dienstleis­ter hat StornoGebü­hren verlangt, obwohl wir auch dafür Verständni­s gehabt hätten“, sagt Denis Maier. „Das fanden wir wirklich sehr großzügig.“

Wann die Feier nachgeholt wird? „Im nächsten Jahr, außerdem soll es noch eine freie Trauung geben“, verrät Janin Maier. Und ihr Ehemann fügt hinzu: „Wir fangen schon in den nächsten Wochen mit der Planung an und hoffen einfach, dass alles im nächsten Jahr stattfinde­n kann.“Das gilt im Übrigen auch für die Flitterwoc­hen auf Mallorca, die vorerst ausfallen müssen: „Eigentlich wären wir nächste Woche geflogen.“

Bianca und Tobias Hagel hingegen hatten so gesehen Glück im Unglück: Ihre Hochzeitsr­eise war noch nicht geplant, sie sollte erst im Herbst stattfinde­n: „Wir hoffen einfach das Beste“, sagt Tobias Hagel. Womöglich geht es wieder auf die Malediven – dorthin, wo er seiner heutigen Ehefrau den Antrag gemacht hat.

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FOTO: PRIVAT Ein Hochzeitsf­oto mit Mundschutz? Das hat nicht jedes Brautpaar, finden Janin und Denis Maier.
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FOTO: PRIVAT Haben sich am vergangene­n Freitag das Ja-Wort gegeben: Bianca und Tobias Hagel.

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