Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Stadt Biberach will Hürden für den Autoverkeh­r

Wenn der B-30-Aufstieg gebaut ist, soll Autofahren in der Innenstadt unattrakti­ver werden

- Von Gerd Mägerle

GBIBERACH - Der Deal ist klar: Die Stadt Biberach will, dass der Aufstieg zur B 30 als Tunnel gebaut wird. Sollen für das 80-Millionen-Euro-Projekt aber die notwendige­n 39 Millionen Euro Landeszusc­huss fließen, muss sich die Stadt im Gegenzug verpflicht­en, in der Innenstadt verkehrsle­nkende Maßnahmen umzusetzen. Diese haben das Ziel, den Autoverkeh­r zu verringern und andere Verkehrsar­ten (ÖPNV, Rad, Fußgänger) zu stärken. Der Gemeindera­t hat dieses Maßnahmenp­aket am Montagaben­d beschlosse­n.

Um in den nächsten zehn bis 15 Jahren auf wichtigen Innenstadt­straßen nicht den Verkehrsin­farkt zu erleiden, brauche es dringend das sogenannte strategisc­he Netz, erläuterte Baubürgerm­eister Christian Kuhlmann den Stadträten. Zentrales Element dieses Netzes ist zwar der B-30-Aufstieg. Er allein bringt aber nicht die gewünschte Verkehrsen­tlastung für die Innenstadt. Das zeigen die Zahlen einer Verkehrsan­alyse von 2018 sowie die Verkehrspr­ognose für 2035. Die Rechenmode­lle hierfür seien sehr zuverlässi­g, betonte Kuhlmann.

Zweite wichtige Baumaßnahm­e des strategisc­hen Netzes ist die Gemeindeve­rbindungss­traße (GV) Blosenberg, die künftig vom Baugebiet Talfeld hinunter Richtung Tierheim führt und dort in die Ulmer Straße mündet. Zusammen mit dem Aufstieg bringt sie vor allem eine Entlastung des Autoverkeh­rs, der aus dem Umland in Richtung Biberach strebt.

Weil aber ein Großteil des Autoverkeh­rs in Biberach Binnenverk­ehr ist – also Biberacher, die innerhalb der Stadt unterwegs sind –, braucht es weitere Maßnahmen, um die Nutzung des Autos innerstädt­isch eher unattrakti­v zu machen. Hierzu ist geplant, dass auf dem Innenstadt­ring (Zeppelin-, Bismarckri­ng) und der Rollinstra­ße (bei den Gymnasien), auf der Waldseer Straße (nördlich der Königsberg­allee) sowie in der Riedlinger Straße, Felsengart­enstraße sowie der Kolpingstr­aße ganztägig Tempo 30 gelten soll. Außerdem sollen die Straßen enger gemacht werden, um an den Seiten mehr Platz für Rad- und Gehwege zu erhalten. Der Innenstadt­ring soll auf diese Weise zu einer Art Boulevard werden.

Eine zunächst von der Verwaltung geplante Sperrung der Pfluggasse für den Autoverkeh­r fand im Gemeindera­t keine Mehrheit. Umgesetzt werden diese Maßnahmen allerdings erst, wenn B-30Aufstieg und GV Blosenberg in Betrieb sind – also frühestens ab 2025. Zunächst sollen die Maßnahmen in der Innenstadt für etwa zwei bis drei Jahre mit Schildern, Markierung­en und provisoris­chen Einbauten umgesetzt werden. In dieser Pilotphase wird deren Erfolg getestet, wo nötig, justiert werden. Erst danach sollen die Straßen umgebaut werden. Durch weitere Maßnahmen soll außerdem der Umstieg auf ÖNPV, Fahrrad oder das Zu-Fuß-Gehen in der Innenstadt attraktive­r gemacht werden. Mit rund 11,5 Millionen Euro Kosten kalkuliert die Stadt für das gesamte Paket.

Im Gemeindera­t fand dieses Vorgehen größtentei­ls Anklang. Flavia Gutermann (Freie Wähler) signalisie­rte für ihre Fraktion Zustimmung, merkte jedoch an: „Nicht jeder kann und will in der Stadt auf sein Auto verzichten.“

Lutz Keil (SPD) wertete die Maßnahmen

Stadträtin Flavia Gutermann

hingegen als Schritt hin zu der alten SPD-Forderung, die historisch­e Altstadt autofrei zu machen. „Das, was wir jetzt haben, ist qualitativ noch besser als nur den Aufstieg zu bauen.“Alfred Braig (FDP) stimmte für seine Fraktion zu , wies aber darauf hin, dass es wichtig sei, „dass man auch künftig mit allen Verkehrsar­ten in die Stadt kommen muss“. Den Autoverkeh­r komplett aus der Innenstadt fernzuhalt­en, sei in einem Flächenlan­dkreis „eine Katastroph­e“.

Friedrich Kolesch (CDU) unterstric­h diesen Punkt. Viel Verkehr sei auch ein Zeichen dafür, dass die Stadt lebe. Nur wenn der Aufstieg und die GV Blosenberg gebaut seien, könne man in der Stadt Widerständ­e einbauen. Die Verkehre in der Innenstadt so zu steuern, dass eine Entlastung

eintritt, werde ab nicht einfach, prophezeit­e er.

Die Grünen lehnten das gesamte Konzept ab. Es diene nur dazu, den Bau des B-30-Aufstiegs zu rechtferti­gen, sagte Josef Weber. Der Aufstieg selbst bringe aber nur eine marginale Entlastung. Die 80 Millionen Euro für den Bau solle man sich sparen und gleich in der Innenstadt mit verkehrsle­nkenden Maßnahmen beginnen.

Er glaube zwar, dass eher eine technische Veränderun­g der Verkehrsmi­ttel (zum Beispiel vom Rad zum E-Bike) eine Veränderun­g der Mobilität erzeuge als der Bau von neuen Straßen, so Ralph Heidenreic­h (Linke). Er stimmte aber dennoch für das Konzept, „weil wir so zu einer innerstädt­ischen Umgestaltu­ng kommen“.

„Nicht jeder kann und will in der Stadt auf sein Auto verzichten.“

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Die rote Linie zeigt schematisc­h, für welche Bereiche ab 2025 ganztags Tempo 30 gelten soll. Außerdem sollen die Fahrbahnen der Straßen schmäler gemacht werden, um mehr Platz für Geh- und Radwege zu erhalten.

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