Schwäbische Zeitung (Laupheim)
EnBW plant landesweit größten Solarpark in Wilflingen
Ortschaftsrat stimmt dem Mega-Projekt mit einer Leistung von 70 Megawatt grundsätzlich zu
GWILFLINGEN - Das was die Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) zusammen mit dem Projektentwickler SolNet in Wilflingen auf den Weg bringen möchte, sprengt bisherige Dimensionen eines Solarparks im Land. Auf 80 Hektar (ha) Fläche wird der größte Solarpark Baden-Württembergs mit einer Leistung von 70 Megawatt geplant. Das Freiflächenprojekt soll förderfrei außerhalb des Erneuerbare-Energien-Gesetzes auf Basis eines Stromabnahmevertrags realisiert werden. Der Wilflinger Ortschaftsrat stimmte der Errichtung des Parks grundsätzlich zu. Als nächstes muss der Langenenslinger Gemeinderat abstimmen.
Nicht allein wegen Corona tagte der Rat in der Halle, auch wegen des Zuhörerinteresses. Neben Fachleuten der EnBW und SolNet waren Naturschutz-Experten zur Sitzung eingeladen, um den Ortschaftsrat und die Bürger „aus erster Hand zu informieren“, wie Bürgermeister Andreas Schneider sagte. Es sei wichtig, sich mit Energieversorgern und der Erzeugung in der Zukunft zu beschäftigen. „Wir müssen aktiv die Energiewende mitgestalten.“Seitens der Gemeinde stehe man dem Projekt vorbehaltlos gegenüber, schließlich spüle es auch Geld in die Gemeindekasse. Ein weiterer Aspekt sei der Imagegewinn und die Ausnahmestellung der Ortschaft, wenn der Park realisiert werden könne. Zudem ist an eine Bürgerbeteiligung gedacht.
In die Materie der Gewinnung des grünen Stroms und in das geplante Projekt führte Hans Pfisterer, Geschäftsführer der SolNet GmbH, ein. Er erläuterte den Standort oberhalb des Eisighofes, auf den Flächen des Freiherrn von Stauffenberg. Das 80 ha große Areal – tatsächlich bebaut werden 60 ha – ist von drei Seiten von Wald umgeben, im Norden befindet sich das landwirtschaftliche Gehöft. Anlagenbetreiber ist die EnBW, die in das Projekt 40 Millionen Euro investiert. Der gewonnene Strom wird auf dem Energiemarkt verkauft. Erzeugt werden circa 77 Millionen Kilowattstunden (kWh), was dem Bedarf von cirka 19 000 Haushalten mit 70 000 Bewohnern entspricht. Die Wilflinger PV-Anlage wäre etwa 8,5 Mal größer als die Anlage in Zwiefaltendorf mit sieben Hektar Fläche. Der erwartete Ertrag von rund 77 Millionen kWh wäre mehr als 13 Mal so hoch wie in Zwiefaltendorf (5,8 Gigawattstunden).
Die Flächen beim Eisighof in Wilflingen wurden bislang landwirtschaftlich genutzt. Es handelt sich um Acker mit einer geringen Bodenqualität. Die Ackerzahl liegt zwischen 29 und 57 auf einer Skala von 1 (sehr schlecht) bis 120 (sehr gut). Die Ständer würden nur in den Boden gerammt, versiegelt würde durch Fundamente lediglich ein Prozent der Fläche. Auch nach der Errichtung der PV-Anlage wäre eine zusätzliche landwirtschaftliche Nutzung in Form von Beweidung mit Schafen möglich.
Das Projekt ist seit 2019 in der Planung. Die EnBW kooperiert dabei mit dem Projektentwickler SolNet GmbH aus Lichtenau bei Baden-Baden. SolNet übernimmt die Projektierung des Solarparks, die EnBW die technische Planung, den Bau und die Betriebsführung der Anlage. Pfisterer ging in der Ortschaftsratssitzung darauf ein, wie man auf das Gelände bei Wilflingen gestoßen sei. Der Projektentwickler bediente sich dabei des Regionalplans und begab sich auf die Suche nach sogenannten Weißflächen,
die keinen Schutzstatus haben. „Die sind in Deutschland rar gesät“, so Pfisterer. Beim Eisighof in Wilflingen wurde der Projektplaner fündig.
Damit der Solarpark gebaut werden kann, ist eine Baugenehmigung erforderlich. Im Genehmigungsprozess sowie in der Planungs- und Bauphase wird die EnBW eng mit den Behörden zusammenarbeiten. In der Sitzung am Dienstag klärte Lea Müller von der EnBW auch über eine mögliche Beteiligung der Bürger an dem Projekt auf. Solarparks seien keine Spekulationsprojekte. Sie sollen 30 Jahre betrieben werden, sagte sie.
In der Ortschaftsratsitzung hatten die Räte ein paar Fragen. Die Anlage soll eingezäunt werden mit 20 Zentimetern Bodenfreiheit für Niederwild und zwei Metern Höhe. Der Strom soll über eine 20-kV-Leitung im Boden zum Netzwerkpunkt geleitet werden, wo wird noch geklärt. Das Wegenetzwerk und die Streuobstbestände bleiben erhalten.
Die Rätin Christine Unger fand die Anlage an sich richtig, aber in dieser Dimension zu groß. „60 Hektar sind eine Hausnummer.“„Ja, sie ist groß“, bestätigte der Projektleiter. „Das wird bundesweit durch die Presse gehen.“Auf die landschaftliche Veränderung, die die Anlage mitbringt, verwies Reiner Reck. Die Module sollen mit einer flachen Neigung nach Süden ausgerichtet werden. Der Höhenunterschied der Module beträgt zwischen 80 Zentimetern und 3,50 Metern. Der Ortschaftsrat empfahl dem Gemeinderat einmütig eine Zustimmung. Die Inbetriebnahme des Solarparks würde frühestens im Sommer 2022 erfolgen. Ab der Inbetriebnahme ist eine Nutzungsdauer von 30 Jahren geplant.