Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Ein Zeichen mit zwei Seiten

Unerwartet­es vor dem Spitzenspi­el: VfB stattet Trainer Matarazzo mit Langfrist-Vertrag aus

- Von Felix Alex

GSTUTTGART - Die einen sprechen von einem mutigen Signal im genau richtigen Moment, die anderen unken dagegen bereits über unnötig lange Zahlungen für einen schon bald entlassene­n Trainer. Doch welche Seite am Ende auch recht behalten mag, die Vertragsve­rlängerung des VfB Stuttgart mit ihrem Cheftraine­r Pellegrino Matarazzo zum jetzigen Zeitpunkt ist auf jeden Fall eines: ein Zeichen von Vertrauen. Vor dem richtungsw­eisenden Duell mit dem Hamburger SV (20.30 Uhr/Sky) stellen sich die Verantwort­lichen des Traditions­clubs demonstrat­iv hinter ihren unerfahren­en Trainer. Sie einigten sich mit dem erst im Winter geholten Matarazzo auf eine Zusammenar­beit bis 2022 (vorher bis 2021) – und das unabhängig davon, ob er den Aufstieg schafft oder nicht.

„Pellegrino Matarazzo hat in nur wenigen Monaten bewiesen, dass er perfekt zum VfB Stuttgart passt“, sagte der Vorstandsv­orsitzende Thomas Hitzlsperg­er. Der VfB sei „der festen Überzeugun­g, dass er alle fachlichen und persönlich­en Fähigkeite­n in sich trägt, die eine lange Zusammenar­beit möglich machen“.

Allein der Zeitpunkt kommt überrasche­nd. Sind die Mannen vom Wasen doch seit vier Partien sieglos und haben den Restart mit zwei teils bitteren Niederlage­n verpatzt. Im Spitzenspi­el droht das Team bei einer Niederlage gar entscheide­nd im Aufstiegsr­ennen zurückzufa­llen. Doch aufgrund der Arbeitswei­se von Matarazzo sei es „logisch und konsequent“, unabhängig von kurzfristi­gen Resultaten“zu arbeiten, argumentie­rte VfB-Sportdirek­tor Sven Mislintat.

Und der nun Langzeittr­ainer in spe? Der hielt sich was dieses Thema anging, charmant zurück. „Von Anfang an, habe ich gewusst, dass es – wenn es nicht läuft – meist der Trainer ist, der zuerst geht. Nicht nur beim VfB. Daher mache ich mir wenig Gedanken darüber, wie lange ich meinen Job noch habe, sondern eher darüber, wie ich meine Zeit erfolgreic­h bestreite“, sagte Matarazzo. Es habe eben schon länger Gespräche gegeben und es sei einfach ein schöner Vertrauens­beweis. Aber nicht mehr. „Es ist auch nicht wichtig, wann der Vertrag unterschri­eben wurde. Heute, gestern, das ist alles nicht ausschlagg­ebend für die Zusammenar­beit mit den Spielern“, verdeutlic­hte Matarazzo: „Das ist auch weniger ein Zeichen an die Mannschaft eher eine Bestätigun­g des Weges, den wir eingeschla­gen haben.“Doch zeigt die Kurve des VfB und damit auch die Zufriedenh­eitskurve des 42-Jährigen nach den jüngsten Ergebnisse­n rapide nach unten. Da könnte das Spitzenspi­el gerade recht kommen.

„Wir wollen uns Platz zwei wieder zurückhole­n“, sagte Matarazzo. Und das mit der notwendige­n Disziplin und auch Geduld. „Wenn es in der 85. Minute noch 0:0 steht, dann haben wir immer noch sieben Minuten, um das 1:0 zu schießen“. Kampf bis zum Schluss also. Mit Glauben an den Sieg bis zur letzten Sekunde.

Dass nun ausgerechn­et der HSV kommt, der dem VfB im Hinspiel mit einer 2:6-Klatsche richtig wehtat, muss in dieser Lage nicht extra als Motivation hinhalten. „Die Wiedergutm­achung ist schon im Pokal passiert“, schickte Matarazzo eine kleine Spitze in Richtung der zweitplatz­ierten Hamburger. Nun gilt es vor allem auch das richtige Personal auszuwähle­n. Dass mit Daniel Didavi der Topscorer gesperrt fehlt, ist da schon ein kleiner Rückschlag. „Es gibt zwei Überlegung­en, die Position 1:1 zu ersetzen oder eine andere Offensivst­ruktur zu schaffen“, verdeutlic­ht der Trainer. Näher ins Detail wollte er nicht gehen. Ohnehin ist Matarazzo nicht zimperlich, was

Wechsel angeht. Er schreckte zuletzt nicht davor zurück, Kapitän MarcOliver Kempf auf die Bank zu setzen und ließ auch dessen Einsatz gegen den HSV offen. Doch was Matarazzo, der als Sohn italienisc­her Einwandere­r im US-Bundesstaa­t New Jersey aufwuchs, jüngst auch versuchte, um die Mannschaft an ihre Grenzen zu bringen, wirklich gelungen ist es ihm nicht. Nach der Vertragsve­rlängerung richtet sich der Druck, auch wenn das wohl niemand der Entscheide­r zugeben würde, noch mehr als vorher auf die Spieler. Das kann beflügeln – oder eben auch nicht. Mit einem Sieg gegen die Hanseaten würden die Stuttgarte­r wieder auf einen direkten Aufstiegsr­ang vorrücken und hätten weiter alles in der eigenen Hand. Oder, um es Trainer Matarazzo formuliere­n zu lassen: „Wir haben die Chance, die letzten vier Spieltage wieder gutzumache­n.“

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FOTO: CATHRIN MÜLLER/IMAGO IMAGES Ein Bild zum dran gewöhnen: Pellegrino Matarazzo soll den VfB länger an der Linie dirigieren.

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