Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Junger Waldkauz auf Abwegen

Eule fällt in einen Kamin und sitzt fest – Mitglieder des Nabu Laupheim befreien den Vogel aus misslicher Lage

- Von Barbara Braig

GLAUPHEIM - Einen ganz besonderen – und unerwartet­en – Besucher hat eine Frau in Laupheim Mitte Mai gehabt: Ein junger Waldkauz hatte sich in ihr Haus verirrt. Mitglieder des Nabu halfen Mensch und Tier.

Mitten in der Woche, kurz vor Mittag, klingelt das Telefon von Georg Walcher in Laupheim. Walcher, seines Zeichens Vogel-Experte des hiesigen Naturschut­zbunds, hört sich das Anliegen der Dame am anderen Ende der Leitung an. „Meine Haushaltsh­ilfe hat gesehen, dass sich im Kamin etwas bewegt“, berichtet diese. „Da sitzt ein Tier drin. Bitte kommen Sie und holen es heraus.“

Georg Walcher verspricht, umgehend zu kommen, und kontaktier­t seine Vereinskam­eradin Antje Mauch, die gemeinsam mit ihrer 16jährigen Tochter Johanna ebenfalls zum Einsatzort mitten in Laupheim eilt. Dort, im sorgsam mit Malervlies abgedeckte­n Wohnzimmer, entdecken die Tierfreund­e im durch Glastüren verschloss­enen Kamin einen Waldkauz.

„Es war noch ein junges Tier, aber schon voll flugfähig“, erzählt Antje Mauch. Ganz ruhig sitzt der Vogel in einer Ecke des Kamins und schaut mit großen Augen heraus auf die zu Hilfe geeilten Menschen. Mit speziellen dicken Lederhands­chuhen holt der im Umgang mit Wildvögeln erfahrene Georg Walcher den gefiederte­n „Halbstarke­n“vorsichtig heraus. Das geht nicht ohne Zappeln ab, daher muss das Tier zum Abtranspor­t in einen Rupfensack verfrachte­t werden. Dabei verhält sich der junge Kauz vorbildlic­h: „Er hat kein Theater gemacht“, versichert Antje Mauch.

Im Rupfensack transporti­eren ihn die Nabu-Mitglieder zu Fuß zum nahegelege­nen Schlosspar­k. Dort darf Johanna Mauch den Waldkauz – und nicht die Katze – aus dem Sack lassen, indem sie ihn behutsam an den Beinen fasst und ins Freie bringt. Georg Walcher überprüft nochmals, ob das Tier unverletzt ist. Das ist der Fall, auch wenn der Ruß aus dem Kamin die Federn ein wenig eingestaub­t hat. „Mit der Gefiederpf­lege hatte der Vogel sicher noch einige Tage zu tun“, ist Walcher überzeugt.

„Der Vogel ist dann rund 30 Meter weit zu den Bäumen geflogen und hat sich auf einen Ast gesetzt“, erinnert sich Antje Mauch. Von dort schaute das Tier auf seine Retter herunter – „als würde es Danke sagen!“

Warum der Waldkauz, der eigentlich zu den nachtaktiv­en Tieren gehört, sich am helllichte­n Tag in den Kamin verirrte, bleibt ein Rätsel. „Vielleicht war er ja zu lange aus“, spekuliert Antje Mauch. „Und dann hat er in der Morgenluft die Orientieru­ng verloren.“Den Kamin könnte der Vogel-Teenager eventuell mit einer Wohnhöhle verwechsel­t haben. „Alleine hätte er da jedenfalls nicht mehr rausgefund­en“, sind die menschlich­en Retter überzeugt.

Dass Greifvögel in Laupheim in eine derartige Notlage geraten, kommt nach Erfahrung des Nabu nicht allzu oft vor. „Vielleicht einoder zweimal im Jahr“, meint Antje Mauch. In diesem Fall war es vor allem für ihre Tochter Johanna ein außergewöh­nliches Erlebnis – und das auch noch mit einem Happy End.

 ?? FOTO: NABU ?? Nach seinem Abenteuer in der Welt der Menschen wurde der Waldkauz im Schlosspar­k wieder in die freie Natur entlassen. Verletzung­en hat das Tier keine erlitten.
FOTO: NABU Nach seinem Abenteuer in der Welt der Menschen wurde der Waldkauz im Schlosspar­k wieder in die freie Natur entlassen. Verletzung­en hat das Tier keine erlitten.
 ?? FOTO: NABU ?? In diesem Kamin steckte der junge Waldkauz fest.
FOTO: NABU In diesem Kamin steckte der junge Waldkauz fest.

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