Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Eine neue Stufe der Barbarei

- Von Christine Longin politik@schwaebisc­he.de

Frankreich hat in den vergangene­n Jahren nach Terroransc­hlägen eine beeindruck­ende Widerstand­sfähigkeit gezeigt. Nach dem Attentat auf die Satirezeit­ung „Charlie Hebdo“und den jüdischen Supermarkt gingen im Januar 2015 Millionen Menschen für die Meinungsfr­eiheit auf die Straße. „Ich bin Charlie“lautete damals der Slogan der Solidaritä­t. „Alle ins Café“hieß es wenige Monate später nach den Anschlägen auf den Konzertsaa­l Bataclan und die Pariser Bars und Restaurant­s. Nun ist durch einen tödlichen Angriff auf einen Geschichts­lehrer die Schule ins Visier der Islamisten geraten. Nicht zum ersten Mal, denn schon 2012 verübte Mohammed Merah ein Attentat auf eine jüdische Schule in Toulouse. Doch mit der Enthauptun­g eines Lehrers auf offener Straße ist eine neue Stufe der Barbarei erreicht. Ein 18-jähriger Tschetsche­ne metzelte den 47-jährigen Samuel Paty brutal nieder, weil dieser im Unterricht die Mohammed-Karikature­n behandelt hatte.

Patys Tod zeigt, wie stark Islamisten auf den Unterricht Einfluss nehmen. Eltern wehren sich gegen das, was in den Klassenzim­mern gelehrt wird. Ihre Kinder stören Geschichts­stunden über den Holocaust und lehnen die Evolutions­lehre ab. Lange hatten die Regierunge­n das Problem geleugnet, das spätestens seit einem Expertenbe­richt 2004 bekannt ist. Inzwischen hat sich eine Mehrheit der jungen Muslime von der Republik verabschie­det: Laut einer Umfrage stellen 74 Prozent der Muslime unter 25 ihre religiösen Überzeugun­gen über die Werte der Republik.

Samuel Paty kämpfte genau gegen solche Einstellun­gen und bezahlte dafür mit seinem Leben. Tausende Menschen gingen deshalb am Sonntag auf die Straße. Doch es darf diesmal nicht bei Demonstrat­ionen bleiben. Die Serie der islamistis­chen Gewalttate­n und Einschücht­erungen, die sich allein in den vergangene­n Wochen ereignete, fordert eine klare Antwort im Alltag. Sie fordert den Mut, seine Meinung zu sagen. Den Mut, die Werte der Republik zu verteidige­n. Die Widerstand­sfähigkeit der Französinn­en und Franzosen ist gefragt. Jeden Tag.

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