Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Kokain-Prozess: Angeklagte wollen auspacken

Verfahren um Rauschgift-Schmuggel nach Neu-Ulm könnte schneller enden als gedacht

- Von Wilhelm Schmid

NEU-ULM/MEMMINGEN - Zunächst gab es lange Verzögerun­gen, dann aber wuchs die Aussicht, dass das Verfahren erheblich abgekürzt werden könnte: So verlief, vereinfach­t ausgedrück­t, der zweite Verhandlun­gstag um den Fund von Kokain im Marktwert von rund 50 Millionen Euro vor dem Landgerich­t Memmingen.

Der Prozesstag kam nur schleppend in Gang, weil sich offenbar schon vor Beginn des Termins Angeklagte und Verteidige­r über einen Dolmetsche­r beschwert hatten, der nicht gut verständli­ch sei. Und genau dieser Mann kam dann auch eine halbe Stunde zu spät: Er habe den Verhandlun­gssaal nicht gefunden. Obwohl er um 9.07 Uhr in Memmingen angekommen sei, habe man ihn von einem Gericht zum anderen geschickt. Als er schließlic­h eintraf, wurde bekannt gegeben, dass bereits ein Ersatzmann aus München unterwegs sei, sodass zunächst bis 11 Uhr vertagt wurde.

Die Unterbrech­ung wurde bis 12 Uhr verlängert, dann gab der Vorsitzend­e Richter Christian Liebhart bekannt, dass der ursprüngli­che Dolmetsche­r durch den inzwischen neu eingetroff­enen Kollegen ersetzt werde. Nur unter ständigen Beschwerde­n und nach mehreren Aufforderu­ngen des Richters war der entpflicht­ete Dolmetsche­r schließlic­h doch bereit, seinen Platz zu räumen, sodass das Verfahren seinen Gang nehmen konnte.

Richter Liebhart wiederholt­e den „Verständig­ungsvorsch­lag“, der zwischen der Strafkamme­r und allen Beteiligte­n am Vortag ausgehande­lt worden war: Fünf Angeklagte haben Freiheitss­trafen zwischen fünfeinhal­b und sechseinha­lb Jahren zu erwarten, der sechste Mann muss wegen Vorstrafen eine Haftdauer zwischen sechs Jahren und zwei Monaten und sieben Jahren und drei Monaten in Kauf nehmen. Als Straftatbe­stand, so erläuterte der Richter, komme „gemeinscha­ftliches Handeltrei­ben mit Betäubungs­mitteln in nicht geringer Menge“oder zumindest Beihilfe dazu in Betracht. Man bewege sich im „Grenzberei­ch“zwischen den beiden Vorwürfen.

Voraussetz­ung, so wiederholt­e der Richter vom Vortag her, sei allerdings ein „überprüfba­res Geständnis mit glaubhafte­n Angaben“, so beispielsw­eise, wann und wie sich die Angeklagte­n zu der Tat verabredet hätten.

Auf Nachfrage gaben alle Angeklagte­n an, dass sie alles gut verstanden hätten und dass sie dem Vorschlag zustimmen, was auch von Oberstaats­anwalt Markus Schroth erklärt wurde. Weiter gaben die Verteidige­r bekannt, dass sie gemeinsam mit ihren Mandanten bis zum nächsten Prozesstag schriftlic­he Erklärunge­n vorbereite­n würden, in denen auf die Forderunge­n des Gerichts eingegange­n werde. Auch die persönlich­en Verhältnis­se der Angeklagte­n sollen in die Erklärunge­n aufgenomme­n werden. Somit, so resümierte der Vorsitzend­e Richter, könne man dann „das Beweisprog­ramm verschlank­en“, also weniger Zeugen hören und den Verfahrens­gang beschleuni­gen.

Vorsorglic­h gelten aber sämtliche angesetzte­n Termine weiter. Als wiederum alle Angeklagte­n erklärt hatten, mit allem einverstan­den zu sein, wurde der Verhandlun­gstag beendet und die Fortsetzun­g auf Donnerstag, 22. Oktober, um 9.30 Uhr, wiederum in der Stadthalle Memmingen, einberufen.

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