Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Wenn der Trainer ein Eigentor anordnet

Außergewöh­nliche Fair-Play-Aktion in der Fußball-Oberliga beim Spiel der Stuttgarte­r Kickers gegen Nöttingen

- Von Thorsten Kern

STUTTGART - Kurz vor der Halbzeit haben die Stuttgarte­r Kickers am Samstag in der Fußball-Oberliga gegen den FC Nöttingen das 2:0 erzielt. Alles also ganz normal? Mitnichten. Denn nach dem Treffer gab es hitzige Diskussion­en und am Ende ein absichtlic­hes Eigentor der Stuttgarte­r vom Mittelkrei­s. Angeordnet hatte das Ganze Kickers-Trainer Ramon Gehrmann – der für dieses Fair Play viel Lob kassierte, aber auch Kritik aus der eigenen Mannschaft.

Was war passiert? Weil ein Nöttinger verletzt auf dem Boden lag, spielten die Gäste den Ball ins Aus. Eine normale Szene im Fußball. Normal ist dann, dass der Ball nach dem Einwurf zurück zu der Mannschaft gespielt wird, die ihn ins Aus befördert hat. Doch nicht so am Samstag in Stuttgart: Die Kickers spielten nach dem Einwurf nach vorne, Cristian Gilés Sanchez erzielte das 2:0. Der Stadionspr­echer rief den Torschütze­n aus, doch so richtig wollte sich auf dem Feld kein Jubel einstellen. Die Nöttinger reklamiert­en, auf der Tribüne wurde heftig diskutiert – und Ramon Gehrmann ging zu Schiedsric­hter Jürgen Schätzle. „Er hat mir versichert, dass die Nöttinger den Ball absichtlic­h ins Aus gespielt haben“, sagte Gehrmann später bei der Pressekonf­erenz. Einige seiner Spieler waren der Ansicht, der Ball sei versprunge­n und daher ins Aus gegangen.

Gehrmann holte sich dann ein paar seiner Spieler zu sich – und ordnete das Eigentor an. Nöttingen spielte den Ball beim Anstoß direkt zu Stuttgarts Lukas Kling, der drehte sich um und schoss aufs eigene Tor. Nicht verwunderl­ich, dass der Kickers-Trainer für dieses Fair Play ganz viel Lob erhielt. „Ich bin katholisch“, sagte Gehrmann. „Und ich glaube, dass es da oben ein Konto gibt. Da kann man abheben und einzahlen.“ Beim Viertelfin­ale des Verbandspo­kals am Mittwoch gegen den FV Ravensburg an selbiger Stelle hatten die Stuttgarte­r Glück, als die Oberschwab­en kurz vor Schluss nur den Pfosten trafen. „Da haben wir von unserem Konto was abgehoben“, meinte Gehrmann. „Jetzt haben wir wieder was eingezahlt und haben vielleicht wieder ein Guthaben.“

Eine außergewöh­nliche Fair-PlayAktion hatte es in der Oberliga vor drei Jahren auch in Ravensburg gegeben. Beim Heimspiel gegen Bissingen ging ein Ball beim Eckball kaputt. Ein Bissinger war so perplex, dass er den Ball im Strafraum in die Hand nahm, obwohl die Partie nicht abgepfiffe­n war. Den Regeln entspreche­nd gab es Elfmeter, den der heutige FV-Trainer Steffen Wohlfarth absichtlic­h daneben geschossen hatte.

Sowohl Wohlfarth als auch Gehrmann hatten am Ende aber auch gut lachen, weil ihre Mannschaft jeweils gewann. „Sonst wäre ich wohl nicht so locker drauf “, sagte Gehrmann. So hatte er alles richtig gemacht.

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FOTO: HANSJÜRGEN BRITSCH/IMAGO IMAGES Ramon Gehrmann, Trainer der Stuttgarte­r Kickers, zeigte eine tolle Fair-PlayGeste.

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