Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Home oder Office
Unternehmer wettern gegen einen gesetzlichen Anspruch auf mobiles Arbeiten – Gewerkschaften widersprechen
Gespräche in der Kantine. Besonders problematisch ist für Münzer die Formulierung, dass der Anspruch nur für die Berufe gelten soll, bei denen aus betrieblicher Sicht nichts gegen mobiles Arbeiten spricht. Bei vielen Berufen sei das eindeutig, bei anderen nicht. „Der Teil des Gesetzes wird der große Zankapfel“, sagt Münzer. Es gebe sicherlich einige Busfahrer, Krankenschwestern, Köche oder eben Landschaftsgärtner, die auf ihren Anspruch auf mobiles Arbeiten bestehen würden.
Die Folge: Der Arbeitgeber hat die Pflicht zu einer sogenannten Erörterung und muss den Mitarbeitern erklären, warum dieser nicht von Zuhause arbeiten könne. „Auch die schriftliche Begründung der Ablehnung wäre aufwendig und Unternehmer müssten sich in vielen Fällen rechtliche Unterstützung holen“, sagt Philipp Merkel, Leiter des Referats Arbeitsrecht beim Arbeitgeberverband Südwestmetall. Das zeige die Erfahrung mit dem Anspruch auf Teilzeit, der ebenfalls vom Arbeitgeber abgelehnt werden darf. „Es werden für viele Berufsgruppen falsche Erwartungen geweckt“, sagt Merkel.
Ganz anders sehen die Gewerkschaften den Vorstoß des Bundesarbeitsministers. Das Gesetz ist sinnvoll, sagt Susanne Rohmund, Sprecherin der IG Metall Baden-Württemberg, „weil man gemerkt hat, dass das Bedürfnis nach mobiler Arbeit da ist.“Laut einer Studie der Krankenkasse DAK möchten über 75 Prozent der Beschäftigten, die erst in der CoronaKrise regelmäßig im Homeoffice gearbeitet haben, diese Arbeitsform – zumindest teilweise – fortführen. Für die Gewerkschaften ist es daher nur logisch, dass mobiles Arbeiten für alle sichergestellt wird. Jedoch: Mit dem Gesetz dürfe man nicht zu kurz springen. Viele Details seien noch offen. Stellt das Unternehmen die Arbeitsmittel bereit? Wie sieht der Arbeitsschutz genau aus? Und wie wird die Arbeitszeit festgehalten? Denn dem Vorurteil, die Angestellten würden im Homeoffice vor allem Privates erledigen und weniger arbeiten, widerspricht Rohmund. „Wir haben den Eindruck, dass die Beschäftigten im Homeoffice mehr arbeiten weil die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen“, sagt Rohmund.
Auch die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi lobt den Vorstoß, die Entscheidung über Homeoffice aus den Händen der Arbeitgeber in die Hände der Arbeitnehmer zu verlagern. Es gebe ja beispielsweise auch ein Recht auf Elternzeit, argumentiert Andreas Henke, Sprecher des Verdi-Landesbezirks Baden-Württemberg, „das überlässt man auch nicht der Bewertung des Chefs“. Einen Tag Homeoffice alle zwei Wochen findet Henke jedoch etwas willkürlich und dürftig. Obwohl Verdi Berufe im ÖPNV, im Verkauf und im öffentlichen Dienst vertritt, die kaum Chance auf Homeoffice haben, will die Gewerkschaft die neue Flexibilität unterstützen: „Warum sollten wir jemandem die Möglichkeit auf Homeoffice verwehren, nur weil andere, wie Krankenpflegerinnen, vor Ort arbeiten müssen?“Diese Aussage würde auch Gartenbauunternehmer Florian Haas unterschreiben, er stellt sich dennoch explizit gegen den rechtlichen Anspruch. Denn der bedeutet aus seiner Sicht vor allem eines: Unruhe im Betrieb.