Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Nach einer Flasche Wodka will 40-Jähriger das Haus anzünden

Ein Mann muss sich wegen versuchter schwerer Brandstift­ung verantwort­en

- Von Sophia Huber

NEU-ULM - Welche Strafe ist für einen Brandstift­er, der zum Zeitpunkt der Tat fast drei Promille hatte, angemessen? Mit dieser Frage musste sich das Neu-Ulmer Schöffenge­richt kürzlich beschäftig­en.

Die Sachlage war eindeutig, da der Angeklagte aus Neu-Ulm über seinen Verteidige­r ein Geständnis ablegte. Schon mehrere Jahre soll es Ehestreiti­gkeiten zwischen dem 40jährigen Angeklagte­n und seiner Ehefrau gegeben haben. Unter anderem, weil der Mann und Vater eines zwölfjähri­gen Sohnes regelmäßig viel Alkohol trank. Als die Ehefrau und der Sohn im Februar dieses Jahres eine Nacht beim Bruder der Frau in Stuttgart verbringen wollten, tickte der Mann aus. Wie aus WhatsAppCh­atverläufe­n hervorging, schrieb er, die beiden hätten eine halbe Stunde Zeit, um nach Hause zu kommen – ansonsten zünde er die Wohnung an. Daraufhin antwortete die Frau: „Dann wirst du mich und dein Kind nicht mehr sehen.“

Laut seinem Geständnis trank der Angeklagte am Tag der Tat eine Flasche Wodka. Schließlic­h zündete der 40-Jährige einen Müllsack hinter der Wohnungstü­r an, legte sich auf das Sofa und wartete ab. Solange, bis die Polizei eintraf, die durch einen Anruf der Ehefrau alarmiert worden war. Der Vorsitzend­e Richter Alexander Kessler sagte zum Angeklagte­n: „Sie hatten Glück, dass nichts Schlimmere­s passiert ist.“Denn keiner im Gebäude, unter anderem fünf Kinder waren im Haus, wurde verletzt. Der Großteil bekam sogar nichts vom Brand mit, wie eine Polizeibea­mtin berichtete.

Bei der Untersuchu­ng des Brandstift­ers unmittelba­r nach der Tat gab es die Überraschu­ng: Der Mann, der laut Gutachter weder Ausfallers­cheinungen zeigte, alle Wahrnehmun­gstests meisterte und höchstens als leicht angetrunke­n wirkte, hatte zum Zeitpunkt des Tests in dieser Nacht 2,81 Promille. „Sie sind ein Voll-Alkoholike­r“, sagte Richter Kessler. Dem 40-Jährigen sei das nach dieser Tat erst richtig bewusst geworden, berichtete dessen Bewährungs­helfer vor Gericht.

Der Alkoholabh­ängige wies sich nach der Tat selbst für zwei Monate zur Entgiftung ins Bezirkskra­nkenhaus nach Günzburg ein, danach kümmerte er sich trotz aller CoronaWidr­igkeiten um einen Therapiepl­atz. „Ich muss mein Leben ändern“, gab der 40-Jährige vor Gericht zu. Vor allem seinem Sohn zuliebe: „Ich merke jetzt schon, wie anders das Leben ist, wenn wir gemeinsam Fußball spielen oder spazieren gehen“, sagte er weiter und lächelte – das einzige Mal während der Verhandlun­g.

Obwohl der Mann wegen Trunkenhei­t im Verkehr eine offene Bewährungs­strafe hat, einigten sich das Schöffenge­richt, die Staatsanwa­ltschaft und Verteidige­r in einem Vorgespräc­h, dass der Mann nicht mehr als zwei Jahre auf Bewährung bekommen soll.

Letztendli­ch wurde er zu einem Jahr und neun Monaten wegen Nötigung und versuchter schwerer Brandstift­ung verurteilt. Die Bewährungs­zeit beträgt drei Jahre, der Mann bekommt weiterhin einen Bewährungs­helfer und muss regelmäßig zur ambulanten Nachsorge. „Ihr Weg ist hier nicht vorbei“, sagte Richter Kessler zum Angeklagte­n.

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