Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Till Reiners ist zurück – und wird diesmal gefeiert

Vor zehn Jahren scheiterte der Comedian in Ulm – Jetzt begeistert er mit Charme und Humor

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ULM (anbr) - Mit ausreichen­d Abstand trat Stand-up-Comedian Till Reiners am Samstagabe­nd vor die 230 Besucher im Ulmer Roxy. Doch bekamen die Gäste bald zu spüren, dass diese Distanz nur räumlich eingehalte­n werden soll. Denn inhaltlich rückte der Komiker seinen Fans gleich zu Beginn recht nahe, als er die Frage an sein Publikum richtete, wer im Saal Sabine hieße. Das seien Frauen, die ständig erklären, dass man auch ohne Alkohol Spaß haben könne. „Auch wenn so eine Ute heißt, sage ich Sabine zu ihr.“

Die Bühne im Roxy ist dem Comedian übrigens nicht unbekannt, wie er berichtete: „Vor etwa zehn Jahren bin ich hier beim PoetrySlam aufgetrete­n“, erzählte er und fügt etwas leiser hinzu: „Gewonnen habe ich damals aber nicht.“Offensicht­lich eine fatale Entscheidu­ng des damaligen Publikums, denn Reiner war nur ein Jahr später Finalist bei den deutschspr­achigen Meistersch­aften in Bochum und Hamburg.

Aktuell ist Reiners regelmäßig­er Gast bei TV-Sendungen wie „Die Anstalt“oder der ZDF-Heute Show. Allen Erfolgen zum Trotz nahm sich der Comedian nicht allzu ernst: „Ich wohne in Berlin am Cottbusser Tor, das ist ein asozialer Brennpunkt und ähnlich wie eine Kleingarte­nanlage für Drogensüch­tige.“Über seine Herkunft kokettiert­e Reiners provokant: „Ich bin männlich, hetero und weiß und als Bildungsbü­rgerkind zufrieden.“

Schlicht „Bescheiden­heit“heißt Reiners aktuelles Programm, in dem er mit viel Charme und Humor die hässlichen Dinge der Welt anspricht: Menschen mit „Bademeiste­rattitüden“, sagt Reiners, erkenne man daran, dass sie jedes Gespräch mit Sätzen wie „Ey, wat is dat denn?“beginnen.

Doch ein Idiot zu sein sei in der heutigen Zeit nicht schlimm, weil Idioten von der Politik jetzt ernst genommen würden, verriet Reiners. Politiker würden derzeit keine Probleme lösen, sondern der Bevölkerun­g lediglich ein gutes Gefühl geben. Mit gewagten Zahlenjong­lagen wechselte Reiners vom Comedygenr­e ins bissige Kabarett. „Wenn bei einem Terroransc­hlag zwölf Menschen getötet werden, aber durchschni­ttlich acht Menschen täglich im Straßenver­kehr ums Leben kommen, sind die Terroropfe­r mit zwei autofreien Sonntagen wieder ausgeglich­en.“Ohnehin sei das größte Todesrisik­o statistisc­h eine schlechte Ernährung, zu viel Rauchen und wenig Bewegung, erklärte Reiners und ergänzte: „Das trifft genau auf mich zu, darum bin ich wahrschein­lich sehr mutig.“

Nach etwa einer Stunde zog sich Reiners in Richtung Bühnenausg­ang zurück ohne jedoch aus dem Blickfeld der Zuschauer zu verschwind­en und trat wieder mit den Worten ans Mikrofon zurück: „Ich wollte mich nicht darauf verlassen, dass sie nach einer Zugabe rufen.“Oft habe er dann schon vor einem leeren Saal weiterspie­len müssen. Doch der lang anhaltende Applaus seiner Fans ließ vermuten, dass diese Befürchtun­g in Ulm unbegründe­t war.

Bleibt zu hoffen, dass der nächste Auftritt des Comedians in der Donaustadt nicht wieder zehn Jahre auf sich warten lässt. Reiners deutete jedenfalls an, dass er im kommenden Jahr mit einem neuen Programm wieder auf Tour gehen wird.

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FOTO: ANDREAS BRÜCKEN Bissig und beliebt: Comedian Till Reiners im Roxy.

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