Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Vorläufiger Abzug aus Afghanistan
Einsatzpause für die CH-53 – vielleicht wird es ein endgültiger Abschied
LAUPHEIM - Die Chancen stehen gut, dass Weihnachten 2020 für Dutzende Angehörige des Hubschraubergeschwaders 64 (HSG) ein besonderes Fest wird. Wenn alles nach Plan läuft, können sie statt im Feldlager Masar-e Sharif zu Hause feiern, denn die Bundeswehr zieht ihre CH-53-Transporthubschrauber und das dafür notwendige Personal zumindest vorübergehend aus Afghanistan ab.
„Nach heutigem Stand bekommen die CH-53-Kräfte eine 18-monatige Einsatzpause“, sagt Oberst Christian Mayer, Kommodore des HSG. In der Zwischenzeit übernehmen Heeresflieger aus Fassberg und Niederstetten mit der kleineren NH-90 ihre Aufgaben, zu denen der Lufttransport von Verwundeten zählt. Am 15. Dezember ist Wachablösung.
Die ersten NH-90 sind bereits in Afghanistan eingetroffen. Zwei der fünf in Masar-e Sharif stationierten CH-53 sollen noch vor dem Jahreswechsel
nach Deutschland zurückkehren, im Bauch von gecharterten Antonow-Großraumflugzeugen; von Leipzig aus werden sie auf der Straße direkt zur Hauptinspektion nach Diepholz gebracht. Die anderen drei Maschinen folgen im Januar. Sie haben noch Flugstunden auf der Uhr und werden zunächst gründlich entsandet.
Christian Mayer hofft, dass die rund 80 Soldatinnen und Soldaten seines Geschwaders, die aktuell in Masar-e Sharif stationiert sind, bis Heiligabend zu Hause sind. „Das wird für alle, die mit diesem Hubschrauber arbeiten, ein anderes Weihnachten“, sagt er. 29 Jahre lang, beginnend mit der Irak-Mission 1991, war die CH-53 pausenlos im Auslandseinsatz, zuerst in Verbänden der Heeresflieger, seit 2013 in Diensten des Hubschraubergeschwaders 64 der Luftwaffe. Viele Piloten, Bordtechniker und Mechaniker, die sie flogen und warteten, wurden immer wieder entsandt, bis an die Grenzen der Belastbarkeit, manchmal darüber hinaus.
Apropos Weihnachten daheim: Sollte es wegen der aufwendigen Quarantäne-Prozeduren schwierig werden, termingerecht Techniker von Deutschland nach Afghanistan zu schicken für die Rückführung der drei Hubschrauber im Januar, müssten einzelne Geschwaderangehörige wohl bis dahin weiter am Hindukusch ausharren und den Job erledigen, befürchtet Christian Mayer.
Mitte 2022, so der offizielle Zeitplan, endet für die CH-53-Kräfte die Einsatzpause in Afghanistan. Christian Mayer hält es jedoch durchaus für möglich, dass die Maschinen nicht erneut dorthin verlegt werden müssen. „Im Kopf“, gesteht er, plane sein Verband sogar schon für dieses Szenario, zeichne sich doch ab, dass die Amerikaner Afghanistan verlassen. Dann wäre die deutsche Präsenz am Hindukusch wohl ebenfalls Geschichte, sagt der Kommodore – „wir haben uns aus Bündnissolidarität beteiligt“.
Unterdessen bereitet das Geschwader bereits den nächsten Auslandseinsatz vor. Voraussichtlich im ersten Halbjahr 2021 werden Soldaten aus Laupheim mit dem leichten Mehrzweckhubschrauber der Spezialkräfte der Luftwaffe in das westafrikanische Land Niger geschickt. Sie sollen die Spezialkräfte der Marine unterstützen, die seit etwa zwei Jahren die Ausbildung einheimischer Streitkräfte begleiten. Bisher liefen diese Aktivitäten auf bilateraler Ebene; künftig sollen sie mit einem Mandat des Bundestags, das mehrere Staaten in der Sahel-Region einbezieht, in den europäischen „Trainingseinsatz Mali“integriert werden.
Das Engagement orientiere sich an den afrikapolitischen Leitlinien der Bundesregierung, erklärt Christian Mayer. Es soll dazu beitragen, eine Region zu stabilisieren, die als Unruheherd und Rückzugsort für Terroristen gilt und durch die klassische Migrationsrouten führen.