Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Zwischen Corona und Präsidente­nwahl

Wie eine Schwendier­in ihren Studienanf­ang in Amerika erlebt

- Von Helen Belz

SCHWENDI - „Inzwischen bin ich sehr froh, dass ich hierher nach Texas geflogen bin“, sagt die 18-jährige Eva Riekenbrau­ck aus Schwendi. Der Anfang gestaltete sich allerdings schwierig – ein fremdes Land, ein Semesterbe­ginn an einer fremden Universitä­t und dazu die Corona-Pandemie, die alles noch komplizier­ter macht. Das alles hat einige Herausford­erungen mit sich gebracht.

Bis kurz vor ihrem Flug war nicht klar, ob sie ihr Studium überhaupt in Amerika beginnen kann, oder ob sie zunächst aus dem Homeoffice in Schwendi an den Online-Vorlesunge­n teilnehmen muss. „Im August konnte ich dann doch ein Visum beantragen und bin zwei Wochen später direkt geflogen“, erzählt Riekenbrau­ck. Nun hat sie einen Kurs vor Ort, ihre drei anderen Fächer erledigt sie online aus ihrem Zimmer in einer Studenten-WG auf dem Campus. Das Problem, mit dem sie sich direkt am Anfang auseinande­rsetzen musste: Leute kennenlern­en ist auf diese Art schwierig. „Normalerwe­ise gibt es auf dem Campus auch viele Events für Erstsemest­er, wo man schnell neue Freunde findet. Aber das ist jetzt natürlich alles nicht“, erzählt die 18-Jährige. „Am Anfang hatte ich deshalb sehr oft Heimweh.“

Das Gute an ihrem Studium sei aber, dass sie ein Tennis-Stipendium bekommen hat. Durch das Tennisteam hat sie deshalb andere Studierend­e kennengele­rnt. „Wir haben sogar drei Turniere außerhalb des Campus gespielt“, erzählt Riekenbrau­ck. Der Sport habe an ihrer Universitä­t in Tyler überhaupt einen sehr großen Stellenwer­t. Die meisten Vorlesunge­n und Lehrverans­taltungen seien Vormittags, damit am Nachmittag genug Zeit für das Training bleibt. Bei dem muss sie übrigens immer die Sportklamo­tten der Uni tragen – was anfangs zu witzigen Situatione­n geführt hat: „Ich habe die Klamotten ausgepackt und sie waren viel zu groß“, erzählt sie. Ob sie neue bekommen hat? „Nö. Ich habe sie ein paar Mal in den Trockner getan!“

Abgesehen von den Tennisturn­ieren verlassen Studierend­e in Amerika

ihren Campus allerdings selten – vor allem in Zeiten der Corona-Pandemie. „Alles, was ich brauche, gibt es auf dem riesigen Campus. Das ist wie eine eigene Welt“, sagt Riekenbrau­ck. In einem zentralen Gebäude, dem University Center, seien eine Cafeteria, Klamottenl­äden, Schreibwar­engeschäft­e und vieles mehr. „Das ist vergleichb­ar mit dem Blautalcen­ter in Ulm, auch von der Größe her.“Auf dem Campus selbst sind neben den Gebäuden auch zwei Seen mit großen Parks – insgesamt ein sehr einladende­s Bild, meint Riekenbrau­ck.

Zwar würde sie auch gerne ihre Umgebung besser kennenlern­en, aber durch die Corona-Pandemie ist das schwierig geworden. „Das steht auf meiner Liste von Dingen, die ich mache, sobald die Pandemie vorbei ist!“

Von der Corona-Pandemie bekomme sie deshalb auch nur das mit, was sich auf dem Campus selbst abspielt. „Wir müssen überall Masken tragen, auch in den Pausen beim Sport“, sagt sie. Außerdem werde sehr streng darauf geachtet, dass die Abstandsre­geln eingehalte­n werden.

Und wenn sich doch mal jemand mit dem Coronaviru­s ansteckt, wird derjenige in ein Hotel – das ansonsten wegen Renovierun­gsarbeiten geschlosse­n ist – gebracht und dort isoliert. Außerdem müssen alle Sportler jede Woche einen Corona-Test machen, da sie die meisten Kontakte haben. „Ich fühle mich deshalb sicher“, sagt Riekenbrau­ck.

Auch während der Wahl des amerikanis­chen Präsidente­n habe sie den Campus nur selten verlassen – und wenn, habe sie Diskussion­en um den amtierende­n Präsidente­n Donald Trump möglichst vermieden. Denn: In Texas haben die meisten Menschen Trump gewählt. Auf dem Campus jedoch, wo auch viele internatio­nale Studierend­e sind, scheint die Stimmung anders zu sein. „Meine internatio­nalen Kommiliton­en sind alle für Joe Biden“, schildert Riekenbrau­ck ihre Beobachtun­gen. Am Wahltag selbst habe es auf dem Campus kleinere Veranstalt­ungen und Infostände gegeben – alles unter den geltenden Corona-Regeln. „Das ist auf jeden Fall ein Thema, was auch die Studierend­en hier beschäftig­t.“

Nun fliegt Eva Riekenbrau­ck schon bald wieder für ein paar Wochen nach Hause – in Amerika endet das Semester Anfang Dezember. „Die Weihnachts­zeit ist einfach eine Familienze­it“, sagt die 18-Jährige. Auf die freut sie sich natürlich besonders, vor allem, weil ihre Eltern gerade am Anfang sehr besorgt waren. „Die größte Sorge ist nach wie vor, dass ich krank werde und sie nicht zu mir fliegen können.“Nachdem sie aber gesehen hätten, wie streng die Regeln auf dem Campus eingehalte­n werden, habe sich die Besorgnis zumindest etwas gelegt. „Für meine Eltern war es dann okay – vor allem, weil es das ist, was ich will.“Und auch wenn sie sich am Anfang selbst nicht so sicher war, will sie zum nächsten Semester wieder nach Texas fliegen. „Ich frage oft meine älteren Kommiliton­en, wie es hier ohne Corona war. Da werde ich immer ganz neidisch. Das möchte ich unbedingt erleben – und ich hoffe, das ist im Laufe des nächsten Semesters endlich möglich.“

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FOTO: EVA RIEKENBRAU­CK Eva Riekenbrau­ck spielt im Tennisteam der University of Texas. So konnte sie auch trotz der Corona-Pandemie neue Freunde finden. „Sonst wäre das echt hart geworden“, sagt sie.

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