Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Mehr als nur Gin-Aroma

Wacholder startet vorsichtig­es Comeback im Garten

-

KÖLN/MÜLHEIM (dpa) - Pflanzen unterliege­n Moden. Der Wacholder war vor gut 50 Jahren ein absoluter Trend. Heidelands­chaften in Vorgärten kamen ohne Wacholder nicht aus. Bei der Vorstellun­g solcher Gestaltung­en macht sich bei Experten heute zumeist Unbehagen breit. Warum?

„Diese Verwendung ist nicht mehr zeitgemäß“, sagt Brigitte Röde, Landschaft­sarchitekt­in aus Köln. Sie sieht aber keinen Grund dazu, das Gehölz deshalb vollkommen aus der Gestaltung zu verbannen. „Als heimisches Gehölz sind die Beeren beliebtes Vogelfutte­r.“Aber es gibt noch andere Gründe, die für Wacholder sprechen.

„In Zeiten des Klimawande­ls ist der Wacholder als Gartengehö­lz geradezu prädestini­ert“, sagt Gerd Eiting, Gärtnermei­ster aus Bad Zwischenah­n in Niedersach­sen. Er führt aus, dass es sich um ein Gehölz mit einer großen Toleranz für Trockenhei­t und volle Sonneneins­trahlung handelt. Außerdem kommt Wacholder mit sehr mageren Böden aus.

Die im reifen Zustand bläulich gefärbten Wacholderb­eeren werden in der Winterküch­e verwendet, wo sie Eintöpfen, ebenso wie Fleisch und Fisch das typische Aroma verleihen. Auch geben sie dem Modegeträn­k Gin nicht nur den unverwechs­elbaren Geschmack, sondern auch den Namen. Die Bezeichnun­g des Schnapses leitet sich vom französisc­hen Begriff für Wacholder – „genévrier“– ab.

Röde sieht den Wert des Wacholders vor allem in seinen Kombinatio­nsmöglichk­eiten. „Ein Wacholder bietet einen wundervoll­en Kontrast zu blütenreic­hen Pflanzunge­n“, schwärmt die Landschaft­sarchitekt­in und lobt das dichte Astgerüst mit der gleichmäßi­gen Struktur der Nadeln. „Ein alter Wacholders­trauch, der sich üppig entwickelt hat, bekommt mithilfe einer Clematis einen verspielte­n Partner, der seine Blütenrank­en locker über das dichte Astgerüst legt“, beschreibt Röde eine Möglichkei­t, Wacholder von seinem angestaubt­en Image zu befreien.

Drei verschiede­nen Wuchsforme­n lassen sich dabei unterschie­dlich einsetzen: die flach-kissenförm­ige bis kriechende, die mittelstar­kwachsende strauchige und die baumförmig­e. Es gilt jedoch: „Alle Wacholder-Arten sind normalerwe­ise sehr schnittver­träglich“, erklärt Eiting und rät, ältere Exemplare kräftig zurückzusc­hneiden, um den Neuaustrie­b und eine Verjüngung anzuregen.

Den Reiz in der Kombinatio­n mit Staudengrä­sern wie Chinaschil­f und Japanische­m Blutgras, Wilder Möhre und Präriestau­den sieht Landschaft­sarchitekt­in Röde in der ruhigen Ausstrahlu­ng des Wacholders. „Lange Zeit war der Buchsbaum als Formschnit­tgehölz beliebt, aber seitdem dieses Gehölz mit verschiede­nen Schädlinge­n kämpft, muss ein neues Prinzip gefunden werden, um diese ruhigen Momente in eine Gestaltung zu bringen.“

 ?? FOTO: MARION NICKIG/DPA ?? Vom alten Staub befreien: Ein säulenförm­iger Wacholder als gestalteri­sches Ausrufezei­chen.
FOTO: MARION NICKIG/DPA Vom alten Staub befreien: Ein säulenförm­iger Wacholder als gestalteri­sches Ausrufezei­chen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany