Schwäbische Zeitung (Laupheim)
„Das alles wird den Kreis einiges kosten“
Landrat Heiko Schmid und Verkehrsamtsleiter Peter Hirsch sprechen über Mobilität im Kreis
BIBERACH - Im Landkreis Biberach soll sich in den kommenden Jahren einiges tun, wenn es um die Themen Verkehr, Klima- und Umweltschutz geht. Ein wichtiger Baustein dafür ist das dem Kreistag vorgelegte Mobilitätskonzept. In einem ersten Schritt wurde der Ist-Zustand im Landkreis erfasst, dazu wurden auch die Bürger befragt. Des Weiteren soll der ÖPNV weiter ausgebaut werden, aber auch der Fuß- und Radverkehr spielen eine wichtige Rolle. Tanja Bosch hat mit Landrat Heiko Schmid und Verkehrsamtsleiter Peter Hirsch über die Mobilität der Zukunft im Landkreis Biberach gesprochen.
Bei den Haushaltsberatungen vor einem Jahr hat die Kreisverwaltung das Mobilitätskonzept mit Zustimmung des Kreistags auf den Weg gebracht. Was hat sich bisher getan?
Heiko Schmid: Die Mobilität ganzheitlich anzugehen, ist für mich eines der wichtigsten Themen der Zukunft im Landkreis. Ich bin froh, dass es im Gremium eine große Übereinstimmung gab und wir die Erstellung eines Mobilitätskonzepts Anfang des Jahres in Auftrag geben konnten. Mit dem Ingenieurbüro Gevas haben wir einen verlässlichen Partner gefunden. Erste Ergebnisse hätte ich dem Kreistag Mitte Oktober gerne vorgestellt, die Klausurtagung musste aber aufgrund der Corona-Pandemie leider abgesagt werden. Nichtsdestotrotz arbeiten wir an unserem großen Mobilitätsprojekt aktiv weiter. Bisher haben wir eine Bestandsanalyse durchgeführt und auch die Bürger und Gemeinden bei einer großen Umfrage beteiligt. Auch diese Ergebnisse sind bereits ausgewertet.
Welche Themen werden gezielt angegangen?
Heiko Schmid: Wir wollen mit dem Mobilitätskonzept die Weichen für die Zukunft stellen, auch was die Stärkung des Umweltverbunds betrifft. Dabei soll der ÖPNV landkreisweit deutlich besser ausgebaut werden, also Bus und Bahn, und auch der Fuß- und Radverkehr steht im Fokus. Es geht hier um ein durchgängiges und nachhaltiges Angebot für die Bürger: direkt von der Haustür bis zum Zielort. Die E-Mobilität haben wir genauso im Blick wie zum Beispiel
neue Haltestellen für die RegioS-Bahn und den barrierefreien Ausbau von Bushaltestellen in den Städten und Gemeinden des Landkreises.
Peter Hirsch: Auch die Digitalisierung spielt bei der Mobilität der Zukunft eine entscheidende Rolle. Es soll alles vereinfacht werden und komfortabler für die Bürger. Zum Beispiel gibt es ja bereits das Handyticket, das bequem mit dem Smartphone gekauft werden kann. Außerdem soll es im ganzen Umweltverbund möglich sein, über einen Bestpreisrechner das günstigste Ticket zu kaufen. Des Weiteren würden wir gerne flächendeckend eine dynamische Fahrgastinformation an den Haltestellen einrichten, also Bildschirme, auf denen in Echtzeit angezeigt wird, wann Bus oder Bahn kommen. Da müssen wir aber noch mit den Kommunen verhandeln, genau so wie mit den barrierefreien Haltestellen.
In Biberach ist der Stadtbusverkehr ja seit Kurzem optimal vertaktet. Im ländlichen Raum herrscht allerdings noch Nachholbedarf. Wie geht es denn in den anderen Städten und Gemeinden voran?
Schmid: Unser Ziel ist es, überall einen schnelleren Takt hinzubekommen. Ich denke da an einen viertelstündlichen oder halbstündlichen Takt im ÖPNV in urbanen Räumen und beim Überlandverkehr dann stündlich. Wir haben bereits im ersten Jahr mit Warthausen angefangen, da fahren die Busse viertelstündlich in der Hauptverkehrszeit. Als nächstes kommen mit diesem komfortablen Takt Mittelbiberach und Ummendorf dran. Aber auch die Bereiche Laupheim, Riedlingen und das Illertal vergessen wir nicht.
Hirsch: In Laupheim wollen wir den Stadtverkehr ausbauen. Wir denken über einen sogenannten Quartiersverkehr nach. Dabei sind kleine Busse in einem Wohnquartier unterwegs, die je nach Bedarf einzelne Haltestellen und wichtige Punkte anfahren.
Was gibt es Neues in Sachen RegioS-Bahn?
Hirsch: Hier haben wir mit einem Gutachten fünf neue Haltepunkte zwischen Hochdorf und Aulendorf untersucht. Zwei bieten das meiste Potential und wären machbar: Hochdorf und Unteressendorf. Als nächstes muss die Bahn ihr Okay geben und dann könnten wir weiter planen. Ein neuer Haltepunkt kostet 2,3 Millionen Euro. Nach einem voraussichtlichen Zuschuss des Landes, blieben 300 000 Euro, die wir kommunal aufbringen müssten.
Welche Rolle soll der Radverkehr künftig spielen?
Schmid: Eine sehr große Rolle. Fahrradfahren ist mit die umweltfreundlichste und gesündeste Art sich fortzubewegen. Wir wollen ein völlig neues Radwegekonzept erstellen, eingebunden in die örtlichen und überörtlichen Verknüpfungen, ergänzt um Mobilitätsstationen. Sie soll es Zug um Zug in den Städten und Gemeinden geben. Die Mobilitätsstationen sollen dann beispielsweise ERoller, Bike-Sharing, Car-Sharing und E-Ladestationen mit dem ÖPNV verknüpfen. Das sind alles sehr ambitionierte Ziele, die bestimmt viel Geld kosten.
Kann sich der Landkreis das alles, trotz Corona-Pandemie, leisten?
Schmid: Ja, das alles wird den Landkreis fordern und würde natürlich einiges kosten. Wir wollen uns bestmöglich für die Zukunft aufstellen, alt und jung, der Wirtschaft und den Menschen gute Entwicklungen ermöglichen. Deshalb arbeiten wir ambitioniert an diesem Konzept. Wir hoffen, dass auch der Kreistag und die Städte und Gemeinden mitziehen.