Schwäbische Zeitung (Laupheim)
„In unseren Augen ist das die Königslösung“
Südpack-Geschäftsführer Erik Bouts erklärt, wie Plastikverpackung nachhaltig sein kann und wo die Zukunft liegt
OCHSENHAUSEN - Die in Ochsenhausen ansässige Firma Südpack hat den Deutschen Verpackungspreis in der Kategorie Nachhaltigkeit erhalten. Der Verpackungspreis ist ein internationaler, branchen- und materialübergreifender Wettbewerb. Schirmherr ist das Ministerium für Wirtschaft und Energie. Vergeben wird der Preis einmal im Jahr vom Deutschen Verpackungsinstitut. Wofür die Firma Südpack den Preis bekommen hat, in welche Richtung sich die Firma bei den Themen Nachhaltigkeit und Recycling entwickelt und was Verbraucher zu einer höheren Recyclingquote beitragen können, erklärt Südpack-Geschäftsführer Erik Bouts im Interview mit Sybille Glatz.
Herr Bouts, zunächst herzlichen Glückwunsch zur Auszeichnung. Doch wofür hat Südpack den Deutschen Verpackungspreis eigentlich bekommen?
Wir haben den Preis für eine neue Produktfamilie bekommen. Sie heißt PureLine. Es ist eine Verpackungslösung für Hackfleisch und eine Innovation in der Verpackungswelt. Diese findet in zwei Formen Anwendung: als Beutelverpackung und als Tiefziehschale, die mit einer Oberfolie versiegelt wird.
Warum wurde die Verpackung in der Kategorie Nachhaltigkeit ausgezeichnet?
Um das zu erklären, möchte ich etwas ausholen. Viele sprechen von Kunststoff oder Plastik. Doch es gibt nicht nur eine Plastiksorte, es gibt viele davon. Häufig werden sogenannte Mehrschichtfolien aus mehreren Kunststoffen hergestellt, die miteinander verbunden werden. Das ist jedoch für den Verbraucher nicht erkennbar. Beim Recycling wird dies aber zum Problem, weil diese verschiedenen Kunststoffe nicht mehr getrennt werden können. Das heißt, man kann diese Folien nicht recyclen, weshalb sie in den meisten Fällen der thermischen Verwertung zugeführt werden (das heißt, sie werden in einer Müllverbrennungsanlage verbrannt, Anm. d. Redaktion). Die Folie aus der Linie PureLine ist eine sogenannte Monopolymer-Folie. „Mono“ist Griechisch und heißt „eins“. Die Folie besteht also aus nur einem Polymer, aus
TRAUERANZEIGEN einem einzigen Kunststoff. Wir verwenden dazu Polypropylen (PP).
Was hat das für einen Vorteil, dass die Folie aus nur einer KunststoffSorte besteht?
Der Vorteil ist, dass sie dadurch recyclebar wird. Sie wird von den Sortieranlagen erkannt und dem entsprechenden Recyclingprozess zugeführt. Ein weiterer Vorteil der Folie ist, dass sie sehr dünn ist. Sie ist einer der dünnsten Folien auf dem Markt. Dadurch, dass sie so dünn ist, wird viel weniger Material verbraucht. Die Ersparnis liegt bei 60 Prozent gegenüber bisherigen Folien. Und trotz ihrer Dünne ist sie gut bedruckbar und man sieht das Produkt hinter der Folie gut. Sie können die Folie auch schon im Handel sehen, sie liegt schon im Regal.
Weil sie recyclebar ist, könnte aus einer benutzten Folie also immer wieder eine neue Folie gemacht werden? Oder gibt es Grenzen beim Recycling?
Eine Grenze ist eine gesetzliche. Wenn eine Lebensmittelverpackung wie beispielsweise unsere Folie mechanisch recycelt wird, darf sie nicht wieder für Lebensmittelverpackungen verwendet werden. Das ist gesetzlich nicht erlaubt. Doch es gibt eine Alternative dazu: das chemische Recycling. Beim chemischen Recycling werden Kunststoffe in einem Ofen auf 1400 Grad Celsius erhitzt. Sie werden dabei flüssig. Aus diesem flüssigen Material, sogenanntes Pyrolyseöl, kann neues Plastikgranulat hergestellt werden. Das kann man auch wieder für Lebensmittelverpackungen verwenden. Doch leider wird das, was dabei rauskommt, in Deutschland nicht als Recycling anerkannt. Das finden wir schade. Man darf die Methode nützen und das tun wir auch, aber das fließt nicht in die deutsche Recyclingquote ein. In anderen Ländern wie Großbritannien oder Frankreich ist das anders. Wir haben zwei Produkte auf dem Markt, die aus chemisch recyceltem Kunststoff bestehen. Die sehen aus wie neue Verpackungen.
Das ist das Gute am chemischen Recycling: Man kann das immer wieder wiederholen, man kann so Kunststoff unendlich recyclen. In unseren Augen ist das die Königslösung für die Zukunft.
Neben Recycling gelten ja auch Verpackungen aus nachwachsenden Rohstoffen als mögliche Lösung für das Müllproblem. Stellt Südpack auch Verpackungen aus diesen Rohstoffen her?
Wir setzen zwei Bio-Granulate ein. Das eine ist Polyethylen (PE), das aus nicht erdölbasierten Rohstoffen hergestellt wird, das zweite ist Polylactid (PLA), das aus Zuckerrohr oder Mais gewonnen wird. Doch im Vergleich zur gesamten Produktion nimmt BioPlastik bei uns nur einen geringen Anteil ein. Das liegt daran, dass die Rohstoffe sehr teuer sind und auch nicht in ausreichenden Mengen verfügbar.
Kann man Verpackungen aus BioPlastik essen? Oder sie in den Kompost im eigenen Garten werfen?
Man kann sie nicht essen und sie bauen sich auch nicht in einem normalen Kompost ab. PLA kann in Industriekompostanlagen kompostiert werden, PE aus Mais ist in etwa gleich gut abbaubar wie Kunststoff aus Rohöl.
Vor Kurzem meldete das Umweltbundesamt einen neuen Rekord beim Verpackungsmüll in Deutschland. Jeder Bürger produzierte 2018 rechnerisch 227,5 Kilogramm Abfall. Die Recyclingquote bei Kunststoff lag bei 47,1 Prozent. Was können Verbraucher tun, damit mehr Plastik recycelt wird? Und was sollten sie im Sinne des Umweltschutzes lieber vermeiden?
Je besser und gründlicher die Verbraucher zu Hause trennen, desto einfacher wird der Recyclingprozess. Da machen schon Kleinigkeiten einen Unterschied. Nehmen wir zum Beispiel einen Joghurtbecher, der noch zusätzlich eine Umverpackung aus Pappe hat. Am besten ist es, den Deckel und die Umverpackung abzuziehen und alles getrennt zu entsorgen. Tut man das nicht und lässt den Deckel hängen oder die Umverpackung dran, kann es von den Sortiermaschinen nicht erkannt werden. Der Becher wird dann nicht sortenrein getrennt und recycelt, sondern landet in der Verbrennung.
Südpack stellt ja nicht nur Lebensmittelverpackungen her, sondern ist auch in den Bereichen Medizin und Technik aktiv. In welchem Ihrer Unternehmensbereiche ist der Trend zur Nachhaltigkeit am größten?
Die Forderungen nach mehr Nachhaltigkeit sind im Lebensmittelbereich am größten. Doch auch im Medizinbereich sehen wir einen Trend zu mehr Nachhaltigkeit, so wie bei den Lebensmitteln. Doch dort dauert die Umsetzung länger. Wenn Sie bei einem Medikament die Verpackung ändern, kann es Jahre dauern, bis es von den entsprechenden Behörden mit der neuen Verpackung zugelassen wird. Denn es muss zuvor erst geklärt und dokumentiert werden, ob und wie das Medikament mit der neuen Verpackung reagiert und wie stabil es in der Verpackung bleibt. Das ist ein langer Prozess.