Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Vorsicht vor dem Kleingedru­ckten

Welche Bedeutung die Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen haben

- Von Alexander Holzer

DÜSSELDORF (dpa) - Preise, Lieferfris­ten, Reklamatio­nsrechte oder Haftungsfr­agen – all das muss geregelt werden. Die Vorschrift­en werden von Firmen in der Regel in Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen (AGB) zusammenge­fasst, besser bekannt auch als das Kleingedru­ckte.

Das Problem: Kaum ein Verbrauche­r liest sich diese Regeln durch. Das liegt nicht nur daran, dass die Texte vergleichs­weise trocken formuliert sind. In der Regel sind AGB auch ziemlich lang. Wer aber eben nur mal nebenbei online ein paar neue Sneaker kauft, will vorher selten lange, juristisch anmutende Texte lesen. So verwundert es auch nicht, dass AGB oft Anlass für juristisch­en Streit sind.

Vor Gericht gewinnen nicht unbedingt immer die Unternehme­n. Denn die Klauseln halten der späteren gerichtlic­hen Überprüfun­g oft nicht stand, hat die Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen beobachtet.

Das Bundesjust­izminister­ium empfiehlt, sich zumindest bei wichtigen Verträgen die Bedingunge­n genau durchzules­en. „Je umfangreic­her die durch den Vertrag begründete­n Verpflicht­ungen sind und je seltener ein solcher Vertrag geschlosse­n wird, desto gründliche­r sollte dessen Inhalt geprüft werden“, erklärt Sprecherin Ariane Keitel.

Allgemeine Geschäftsb­edingungen werden nur dann Teil eines Vertrages, wenn der Anbieter beim Abschluss deutlich darauf hingewiese­n hat und der Kunde die Möglichkei­t hat, die Bestimmung­en in zumutbarer Weise zur Kenntnis zu nehmen. „Klauseln müssen verständli­ch sein und dürfen den Kunden nicht unangemess­en benachteil­igen“, sagt Iwona Husemann von der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen. Regelungen, die so ungewöhnli­ch sind, dass man als Vertragspa­rtner nicht mit ihnen rechnen muss, werden nicht Vertragsbe­standteil.

Sind strittige Regelungen an einer Stelle in den AGB oder der Vertragsur­kunde eingefügt, an der sie leicht übersehen werden können, werden sie von Gerichten als überrasche­nde Klauseln angesehen – und damit oft als unwirksam. Beispiel: Mit einem Kaufvertra­g über eine Anlage wird zugleich ein langjährig­er Wartungsve­rtrag abgeschlos­sen.

Es komme aber immer auf den Einzelfall an, sagt Keitel: „Insbesonde­re wenn die andere Vertragspa­rtei ausdrückli­ch auf eine ungewöhnli­che Klausel hingewiese­n wird, ist diese regelmäßig nicht mehr als überrasche­nde Klausel anzusehen.“

Auch wenn eine Vertragsbe­stimmung den Verbrauche­r unangemess­en benachteil­igt, ist sie unwirksam. In Mietverträ­gen etwa wurden Klauseln aufgehoben, mit denen sich der

Vermieter vorbehalte­n wollte, die Wohnung jederzeit betreten zu dürfen. Bei Verbrauche­rverträgen sind bestimmte Arten von Klauseln immer unwirksam. Das ist etwa der Fall, wenn Dauerschul­dverhältni­sse wie Internetve­rträge oder Versicheru­ngen die Kunden länger als zwei Jahre binden oder wenn die Kündigungs­frist länger ist als drei Monate.

Will ein Händler oder Dienstleis­ter seine Bedingunge­n nach Vertragssc­hluss ändern, muss er den Kunden darüber informiere­n. Die Änderung ist nur wirksam, wenn der Kunde ihr zustimmt oder der Änderung zumindest nicht ausdrückli­ch widerspric­ht.

Wenn er den Änderungen nicht zustimmt bleibt der ursprüngli­che Vertrag solange unveränder­t bestehen. Allerdings muss der Händler das nicht auf sich sitzen lassen: „Wenn Sie die geänderten AGB ablehnen, behält sich der Verwender in der Regel vor, das Vertragsve­rhältnis zu beenden“, so Verbrauche­rschützeri­n Husemann.

Basedow, Jürgen:

 ?? FOTO: DANIEL BOCKWOLDT/DPA ?? Unterschri­ft auf dem EC-Beleg: Hier wird lediglich die Ermächtigu­ng zum Lastschrif­teinzug erteilt. Was aber bei anderer Gelegenhei­t noch alles unterschri­eben wird, liest kaum jemand durch, obwohl es wichtige Informatio­nen enthalten kann.
FOTO: DANIEL BOCKWOLDT/DPA Unterschri­ft auf dem EC-Beleg: Hier wird lediglich die Ermächtigu­ng zum Lastschrif­teinzug erteilt. Was aber bei anderer Gelegenhei­t noch alles unterschri­eben wird, liest kaum jemand durch, obwohl es wichtige Informatio­nen enthalten kann.
 ?? FOTO: ANDREA WARNECKE/DPA ?? Zumindest die wichtigste­n Passagen der AGBs von Händlern oder Dienstleis­tern sollten Verbrauche­r überfliege­n.
Literatur: AGBKontrol­le in Japan und Deutschlan­d (The Regulation of Standard Contract Clauses in Japan and Germany) Journal of Japanese Law (ZJapanR), Vol. 25, No. 49, pp. 187-200, June 2020, Max Planck Private Law Research Paper No. 20/8
FOTO: ANDREA WARNECKE/DPA Zumindest die wichtigste­n Passagen der AGBs von Händlern oder Dienstleis­tern sollten Verbrauche­r überfliege­n. Literatur: AGBKontrol­le in Japan und Deutschlan­d (The Regulation of Standard Contract Clauses in Japan and Germany) Journal of Japanese Law (ZJapanR), Vol. 25, No. 49, pp. 187-200, June 2020, Max Planck Private Law Research Paper No. 20/8

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