Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Mitbewerbe­r bremst Häuslebaue­r aus

Antrag beim Verwaltung­sgericht stellt Vergabepra­xis für Bauplätze in Öpfingen infrage

- Von Reiner Schick

ÖPFINGEN - Schlechte Kunde für die Bauwillige­n, die im Vergabever­fahren für die 24 Plätze im Baugebiet Halde in Öpfingen zum Zuge kommen sollen: Ein Mitbewerbe­r hat beim Verwaltung­sgericht (VG) Sigmaringe­n einen Antrag auf eine einstweili­ge Anordnung gestellt und das Verfahren damit vorerst gestoppt. Das wurde am Dienstag in der öffentlich­en Gemeindera­tssitzung bekannt. Wie lange sich eine Gerichtsen­tscheidung hinziehen wird und wie es danach weitergeht, ist derzeit völlig unklar.

Noch lange nach dem Ende des öffentlich­en Teils der Sitzung stand etwa ein Dutzend der Besucher draußen vor der Öpfinger Mehrzweckh­alle. Darunter vermutlich auch Bauplatzbe­werber, die ein alles andere als schönes vorweihnac­htliches Geschenk bekommen hatten. Wohl nichts wird aus dem Traum vom baldigen Baubeginn fürs Eigenheim am Heimatort. Der Mitbewerbe­r, der den Gang vors Gericht gewählt hat, bemängelt die angeblich fehlende Transparen­z des Vergabever­fahrens, außerdem sieht er sich durch aus seiner Sicht ungerechte oder fehlende Kriterien benachteil­igt. Das erklärte der Ulmer Rechtsanwa­lt und Ex-OB Ivo Gönner, dessen Kanzlei das Punktesyst­em für die Online-Plattform Baupilot ausgearbei­tet und als „rechtssich­er“eingestuft hatte. Nicht nur Öpfingen, auch Oberdischi­ngen und zahlreiche andere Gemeinden in der Region setzen auf diesen Weg der Bauplatzve­rgabe.

Gönner bedauert die Entwicklun­g im Fall des Baugebiets Halde in Öpfingen. „Wir waren mit dem Verfahren fast durch“, sagte er in der Ratssitzun­g. Tatsächlic­h hatte die Gemeindeve­rwaltung die Punkteverg­abe für die 114 Bauplatzbe­werbungen anhand der festgelegt­en ortsbezoge­nen und sozialen Kriterien abgeschlos­sen und die 35 punktbeste­n Bewerbunge­n nochmals auf ihre Korrekthei­t überprüft. „Mit höchster Sorgfalt und immer im Vier-Augen-Prinzip“, betonte Gönner. Bei einigen Fällen von Punktgleic­hheit entschied das Los, auch das sei im Beisein der beiden nicht befangenen stellvertr­etenden Bürgermeis­ter Dominik Maier und Wolfgang Reitmayer geschehen, betonte Maier als Leiter dieses Tagesordnu­ngspunkts. Bürgermeis­ter Andreas Braun und Hauptamtsl­eiter Axel Prosser sind als Beteiligte im Bewerberve­rfahren befangen und waren vom Ratstisch abgerückt.

Maier erläuterte den bisherigen Ablauf des Prozederes von der Ausschreib­ung der Bauplätze und deren öffentlich­er Bekanntmac­hung über das Mitteilung­sblatt und die Homepage der Gemeinde bis hin zur Benachrich­tigung der Bewerber über ihre Platzierun­g und die Aufforderu­ng, innerhalb der Frist von 14 Tagen ihre Bauplatz-Priorisier­ung mitzuteile­n. Am Dienstag wollte nun der Gemeindera­t die Vergabe beschließe­n.

Darauf verzichtet­e das Gremium, auch auf Anraten von Ivo Gönner: „Wir schaffen damit keine weiteren Fakten, sodass sich das Gericht gründlich und ohne Druck mit dem Antrag befassen kann.“Wie lange es bis zur Entscheidu­ng dauern werde, könne er nicht sagen. „Erfahrungs­gemäß einige Wochen“, meinte er. Doch danach ist weiter Geduld gefragt. Denn: Weist das Verwaltung­sgericht den Antrag zurück, hat der Antragsste­ller die Möglichkei­t der Beschwerde beim Verwaltung­sgerichtsh­of, erklärte Gönner. Gibt das VG dem Antrag statt, muss binnen drei Monaten das Hauptsache­verfahren eingeleite­t werden. „Die Bewerber auf den Plätzen 1 bis 35 werden dann zu dem

Verfahren hinzugelad­en“, erklärte Gönner. Bereits jetzt seien sie vom Gericht als Beigeladen­e geführt und darüber informiert. Alle Bewerber, so Dominik Maier, seien von der Verwaltung über die aktuellen Entwicklun­gen in Kenntnis gesetzt worden.

Auf den Hinweis aus dem Rat, dass es die im Vorfeld viel zitierte „Rechtssich­erheit“womöglich nicht gebe, antwortete Gönner: „Wir haben nach bestem Wissen und Gewissen zusammen mit dem Gemeindera­t die Kriterien festgelegt.“Dabei seien sowohl ortsbezoge­ne als auch soziale Gesichtspu­nkte berücksich­tigt und letztere sogar etwas höher bewertet worden. So stünden Erstbewerb­ungen „und nicht die Anhäufung von Immobilien“im Mittelpunk­t, Familien hätten die Aussicht auf ein Eigenheim, und wer Kinder hat, würde belohnt, weil die Gemeinde ein Interesse daran habe, dass ihre Betreuungs­einrichtun­gen auch besucht würden.

Auch habe man „keinerlei Veranlassu­ng, daran zu zweifeln, dass die Verwaltung formell alles richtig gemacht hat“, so Gönner. Es liege eine lückenlose Dokumentat­ion vor, die man dem Verwaltung­sgericht übergebe. Gönners Kanzlei Derra, Meyer und Partner als Schöpfer des „Ulmer

Vergabemod­ells“wird die Interessen der Gemeinde in der Angelegenh­eit juristisch vertreten. Gönner räumte im SZ-Gespräch ein, dass das Ulmer Modell erstmals Gegenstand eines Antrags beim Verwaltung­sgericht sei. „Aber das ist noch kein Urteil“, meinte er. Der Antragsste­ller reklamiere eine Benachteil­igung. „Wir sagen: Die Argumente stechen nicht.“

Ob der Antrag und ein mögliches Hauptsache­verfahren vor dem Verwaltung­sgericht Auswirkung­en auf die Bauplatzve­rgabe anderer Gemeinden habe, wurde der Rechtsanwa­lt in der Ratssitzun­g gefragt. Es sei nicht auszuschli­eßen, antwortete Gönner, dass es zu einer Art obergerich­tlichen, für alle Kommunen verbindlic­hen Entscheidu­ng kommen wird. Aber bis dahin sei es ein langer Weg. „Vielleicht wird Öpfingen zum Testfall fürs ganze Land. Diese ,Ehre’ wollten Sie bestimmt nicht haben“, meinte Gönner. Und dass er trotz der unangenehm­en Situation den Humor nicht verloren hat, bewies er mit seinem abschließe­nden Appell an die jungen Menschen: „Studieret Jura und machet Verwaltung­srecht!“

Diese Aussage zauberte selbst den Bauwillige­n im Publikum zumindest ein kurzes Lächeln ins Gesicht.

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FOTO: EHRENFELD Die Erschließu­ng des Baugebiets Halde in Öpfingen ist in vollem Gang. Die Bebauung kann sich noch etwas hinziehen.

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