Schwäbische Zeitung (Laupheim)
„Corona, rutsch’ mir den Buckel runter“
Wie die Schemmerberger Brüder Kleinheinz ihre eigene Weihnachtswelt erschaffen haben
unzählige Flaschen Schnaps gekauft, und natürlich Desinfektionsmittel. „Alles war vorbereitet und geplant.“Ein weiteres Rekordjahr hätte es werden können, so wie im Winter 2019/2020, als mehr als 3000 Gäste den Weg nach Schemmerberg fanden. Zwei Fernsehsender hatten über die Brüder und ihren Baum berichtet. Die Besucher reisten aus Stuttgart an, aus dem Allgäu und der ganzen Umgebung. 200 Liter Schnaps wurden getrunken, dicht an dicht drängten sich die Schaulustigen im Wohnzimmer der Kleinheinz-Brüder.
In der Nacht, als alles zu scheitern drohte, begann Kleinheinz Gedanken zu wälzen. Klar war: Keine Gäste durften in den Wintergarten, erst recht keine ins Wohnzimmer. Ein Weihnachtsbaum war damit ausgeschlossen. Von außen wäre er kaum zu sehen. Den Baum im Freien aufzustellen, war allerdings undenkbar. Zu stark wäre der Wind, zu wertvoll die tausende Kugeln.
„Ich hab an dem Abend so viel über Corona geschimpft“, erzählt Kleinheinz, „das hat mir meine ganze Freude geraubt.“Doch dann irgendwann nach Mitternacht sei ihm die Erleuchtung gekommen. Mit ihrer ganzen Farbenpracht hatte er sie plötzlich vor Augen: eine Winterwaldwunderwelt, mit kleinen schneebedeckten Tannen, Rehen, Engeln, Vögelchen, Häuschen und natürlich den unzähligen Kugeln. Kein Zentimeter sollte ungeschmückt bleiben. Schon am nächsten Tag machte er sich an die Arbeit. „Corona, rutsch’ mir den Buckel runter“, habe er sich gedacht. In den vergangenen drei Wochen arbeitete er im Akkord. Als alles geschmückt war, fand er noch immer freie Stellen, an denen vielleicht eine Kugel oder ein glitzerndes Auto zu wenig war. Wo für kritische Zeitgenossen der Kitsch beginnt, fängt für Kleinheinz die Freude erst an. Und genau das ist offensichtlich ihr Erfolgsgeheimnis.
Auch dieses Jahr hätten bereits die ersten Gäste durch das Fenster gespickelt und sich erfreut gezeigt. Der Vorteil der Winterwelt liegt auf der Hand: Sie ist in all ihrer Pracht auch problemlos durch das geschlossene
Fenster vom Parkplatz aus zu bestaunen. Kleinheinz hat noch die leise Hoffnung, dass er einen kleinen Rundgang durch den Wintergarten öffnen kann, bei dem die Gäste einzeln und bei geöffneten Türen an der Winterwelt vorbeigehen können. Doch das sei noch unklar. Ins Haus werde er jedenfalls niemanden lassen. „Da muss man dieses Jahr einfach streng sein“, sagt er.
Größere Menschenansammlungen vor dem Haus sollen vermieden werden. Aber Kleinheinz sagt auch: Wer kommen möchte, sei willkommen. Vielleicht werde es dieses Jahr ein besinnlicheres Weihnachten ohne den großen Rummel, ohne Schnaps im Wohnzimmer, ohne die Weihnachtslieder. Günther Kleinheinz sagt, er sei zufrieden mit dieser Lösung. Für dieses Jahr. Aber nächstes Weihnachten freue er sich dann wieder so zu feiern, wie in all den Jahren zuvor.