Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Wo sollen die neuen Schienen hin?

In 26 Minuten von Ulm nach Augsburg, doch der Streckenve­rlauf für den neuen ICE ist noch unklar – Der Projektlei­ter erklärt, wie es weitergeht

- Von Sophia Huber

NEU-ULM - 26 Minuten dauert ein idealer Mittagssch­laf. Laut Schlaffors­chern ist das genau die richtige Dauer, um erholt wieder aufzuwache­n. Genauso lange wie der perfekte Mittagssch­laf soll in ein paar Jahren die Fahrt mit dem ICE zwischen Augsburg und Ulm dauern, aktuell dauert die Fahrt – ohne Verspätung­en – 40 Minuten.

Die neue Bahnstreck­e zwischen Augsburg und Ulm soll bis 2030 fertig sein. Das Ziel der Deutschen Bahn ist es, die Lücke zwischen München und Stuttgart zu schließen, aber auch schneller und zuverlässi­ger zu fahren. Markus Baumann ist der Projektlei­ter der neuen Strecke, die auch die Kommunen im Kreis Neus-Ulm beeinfluss­en wird. Durch die neue Route sollen Fern- und Nahverkehr besser getrennt werden. „Das bringt viele Vorteile“, sagt Baumann. Unter anderem soll der ICE bis zu 300 Stundenkil­ometer schnell fahren.

Wo genau die Gleise verlaufen, steht noch nicht fest. Vier Trassen sind in der Diskussion. Fast alle Varianten betreffen die Region. Die vier Trassierun­gsräume einschließ­lich einer Untervaria­nte bestehen jeweils aus unterschie­dlich langen Ausbau- und Neubaustre­ckenteilen. Teilweise verlaufen sie parallel zur Autobahn, teilweise entlang der bestehende­n Strecke. „In den Bereichen, wo wir neue Gleise legen, werden wahrschein­lich viele Tunnelabsc­hnitte dabei sein“, erklärt Baumann und ergänzt: „Wir haben die erste Phase des Projekts, die Grundlagen­ermittlung, abgeschlos­sen.“Wichtig sei die Raumwiders­tandkarte gewesen. Vier unterschie­dliche Farbstufen, von weiß bis dunkelrot, bezeichnen die unterschie­dlichen Eigenschaf­ten der Gegenden, durch die die Trassen führen könnten. Eine Grafik dazu gibt es auf der Internetse­ite des Bahnprojek­ts. Einen sehr hohen Raumwiders­tand haben dunkelrote Flächen, wie Flora-, Fauna- und Habitat-Gebiete, die für Tiere und Pflanzen wichtig sind, oder Siedlungsg­ebiete.

„Das sind Orte, die man möglichst nicht beplanen sollte“, so Baumann. Die bisherige Strecke fährt fast nur durch rote Gebiete, die geplanten Trassen führen ebenfalls durch dunkel gefärbte Regionen. Keine Streckenmö­glichkeit nimmt ausschließ­lich weiße Bereiche in Anspruch. Nachdem umwelt- und naturschut­zrechtlich­e Aspekte sowie der Baugrund untersucht werden, kann bald neu trassiert werden. Das heißt: „Wir können die noch 500 Meter breiten Abschnitte auf 20 Meter breite Linien konkretisi­eren“, erklärt Baumann.

Eine der Trassen führt vorbei an den Pfaffenhof­ener Ortsteilen Remmeltsho­fen,

Kadeltshof­en, Raunertsho­fen und Beuren und weiter über Straß nach Neu-Ulm. „Mir ist bewusst, dass wir in die Lebenswelt­en von Menschen eingreifen, was nicht immer für alle schön ist. Aber wir bemühen uns, fair und offen damit umzugehen.“

Als Leiter des Projekts hat Baumann keine Trasse im Kopf, die bei den Planungen vorne liegt oder besonders geeignet wäre: „Wir sind da vollkommen offen. Alle vier Varianten sind gleichwert­ig, haben alle ihre Schwierigk­eiten und ihre Vorteile. Uns ist es egal, welche rauskommt.“Eine wird es am Ende werden.

Ein Raumordnun­gsverfahre­n bei der Regierung von Schwaben soll Anfang 2023 beginnen. Dabei beurteilt die Regierung die vier Varianten. Danach kann die Bahn die jeweiligen Kosten schätzen. „Spätestens Anfang 2024 wollen wir eine Vorzugsvar­iante bestimmen. Die muss wiederum vom Bundestag beschlosse­n werden“, sagt Baumann.

Welche Trasse es wird, liegt nicht bei den Kommunen. Doch die sollen mitspreche­n. Am Montag startet ein virtueller Bürgerdial­og auf der Internetse­ite der Bahn, um mit Bürgern in der Region ins Gespräch zu kommen. „Wir nehmen Hinweise aus den Kommunen auf“, sagt Baumann. Beim Planfestst­ellungsver­fahren ist die Bahn schließlic­h Antragstel­ler und will das Baurecht für die Strecke bekommen. Spätestens da können sich Gemeinden wieder einbringen. Bei diesem Planungssc­hritt gibt es auch das Klagerecht. Für Baumann ist klar, dass betroffene Kommunen keine Bahnstreck­e durch ihren Ort wollen: „Wenn ich die Gemeinden frage, sagen alle: Wir wollen das nicht. Die Schienen in die Luft legen, kann ich leider nicht.“

Die Planung der Trassierun­gsräume ist für die Region um die Donau herausford­ernd, berichtet Baumann von seinen Hürden bei der Projektpla­nung. „Man hat eine enge Besiedelun­g und im Bereich der Donau Tabuzonen, wie Flusstäler mit Schutzgebi­eten.“Neben der regionalen Topografie und Herausford­erungen bei der Trassenpla­nung gibt es außerdem ein politische­s Problem: „Es gibt zwischen Ulm und Augsburg verschiede­ne politische Vorstellun­gen. Die müssen moderiert werden“, sagt Baumann.

Der Bürgerdial­og zum Bahnausbau startet am Montag, 7. Dezember, um 18 Uhr. Die Teilnahme erfolgt über einen Link, der kurz vor der Veranstalt­ung auf ulm-augsburg.de veröffentl­icht wird. Es ist keine Anmeldung erforderli­ch.

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