Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Das hilft gegen den Corona-Blues
Experten geben Tipps gegen Winterverstimmung und Einsamkeit während der Pandemie
während der Krise zugenommen“, sagt er. Hinzu komme, dass das nass-kalte Wetter im Herbst und im Winter die Psyche zusätzlich belasten könne.
Valet empfiehlt, sich nicht auf die Probleme und Herausforderungen, die die Krise mit sich bringt, zu versteifen. „Gerade in schwierigen Situationen müssen wir uns auf das Positive besinnen“, sagt er. Auch wenn gerade vieles unmöglich scheint, gebe es dennoch einen Handlungsspielraum. „Wenn ich zum Beispiel nicht in den Urlaub fahren konnte, kann ich mich darüber ärgern und darüber hinaus alles andere vergessen. Oder ich besorge mir einen Reiseführer aus der Region und entdecke meine nahe Umgebung und mache so das Beste daraus“, verdeutlicht der Psychologe. Gabriela Piber rät ebenfalls, Tätigkeiten nachzugehen, die erden und vom Grübeln abhalten. „Es kann auch mal helfen, wild zu putzen“, sagt sie.
Statt Problemen sollten, laut Wolfgang Valet, Lösungen fokussiert werden. „Ich kann diese besondere Zeit auch nutzen und etwas anpacken, was ich schon immer tun wollte“, sagt er. Generell helfe es, sich feste Ziele und Projekte vorzunehmen. „Das kann alles sein: Eine Ecke im Raum aufzuräumen, mit dem Fahrrad eine lange Strecke zurückzulegen oder ein neues Hobby beginnen“, sagt Valet. Er rät darüber hinaus dazu, sich regelmäßig an der frischen Luft zu bewegen. „Der Körper ist eine Einheit. Wenn ich mich ungesund ernähre, mich nicht bewege und es dem Körper dadurch schlecht geht, kann es auch der Psyche schlecht gehen.“
Wer unter Einsamkeit leide, dem empfiehlt der Diplompsychologe, im Rahmen der Möglichkeiten in Kontakt mit Freunden und Bekannten zu bleiben. „Diese Lage bietet auch die Chance, kreativ zu werden. Man könnte Freunden zum Beispiel mal wieder einen handgeschriebenen Brief schicken“, sagt er.
Wie gut Menschen in psychischer Hinsicht durch diesen Corona-Winter kommen, kann auch davon abhängen, wie resilient sie sind. „Ganz einfach gesagt ist Resilienz die psychische Widerstandskraft des Menschen – das heißt die Fähigkeit, nach Krisen und Schicksalsschlägen wieder aufzustehen und vielleicht sogar gestärkt aus der Situation herauszutreten“, erläutert Heike Berger vom Zentrum für Psychiatrie (ZfP). Sie ist therapeutische Leiterin der Tagesklinik Biberach.
Auch ihr Arbeitsalltag ist durch Abstands- und Hygieneregeln anstrengender geworden. „Neben diesen ,praktischen Problemen‘ erleben wir auch, dass Patienten zu uns kommen, deren Erkrankung früher oder noch stärker zum Ausbruch gekommen ist“, erläutert Berger. Das könne an Einsamkeit oder fehlender Alltagsroutine liegen: „Leider haben wir, aufgrund der geringeren Aufnahmekapazität
und des großen Bedarfs, eine viel zu lange Warteliste.“
Zurück zur Resilienz. Bei der Zwillingsforschung habe sich herausgestellt, dass etwa 40 Prozent der Fähigkeit, die man braucht, um resilient zu sein, angeboren sind, so die Psychotherapeutin. „Das heißt aber auch – 60 Prozent sind selbst erworben.“
Demnach kann jeder selbst etwas tun, um seine Resilienz zu stärken. Die Expertin hat drei konkrete Tipps, die sich mit denen von Valet decken:
Aufrechterhaltung von sozialen Kontakten
(zum Beispiel durch soziale Medien, Telefon oder einen gemeinsamen Spaziergang)
vor allem in der Natur in der weniger Hektik ist, für nutzen, die einem wirklich Freude bereiten (zum Beispiel Musik hören, ein Fotoalbum anschauen oder ein Buch).
„Theoretisch wissen wir dies alles. Es kommt darauf an, dies tatsächlich auch umzusetzen; die Dinge zu tun, die auch jetzt noch möglich sind“, sagt Berger. Denn resiliente Menschen zeichne auch aus, trotz manchmal schwieriger Lebensumstände den Blick für die schönen Dinge nicht zu verlieren und Hoffnung zu haben. „Sicherlich müssen wir jetzt durch schwierige Wintermonate hindurch“, erläutert die Expertin. Aber auch dieser Winter gehe vorbei und die Meldungen
Bewegung, Die Zeit,
Aktivitäten
bezüglich eines Impfstoffs seien sehr hoffnungsvoll.
Sollte man sich also einfach mit der schwierigen Situation abfinden, anstatt ständig auf Lockerungen beziehungsweise Besserungen zu hoffen? Ganz so einfach ist die Antwort auf diese Frage nicht. „Corona ist eine Pandemie und beeinträchtigt unser Leben in vielen Bereichen“, so Berger. Es sei einfacher dies zu akzeptieren. „Und dennoch ist es wichtig, daran zu glauben, dass es wieder besser wird und nicht nur den Verlusten nachzutrauern, sondern gleichzeitig zu schauen, was geht auch in diesen Zeiten noch.“
Laut ihr soll man auch Positives in der Krise sehen: „Wir können sogar mit mehr Erkenntnissen, zum Beispiel, was zählt im Leben, was ist wichtig, worauf kann ich auch verzichten, hervorgehen.“Mit dieser Einstellung lasse sich der CoronaWinter überstehen.
Die
ist unter den Rufnummern 0800/ 1110111 und 0800/1110222 kostenfrei rund um die Uhr für ein anonymes und vertrauliches Gespräch zu erreichen. Außerdem helfen die Mitarbeiter der Telefon-Seelsorge auch per E-Mail und Chat.