Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Großbritan­nien lässt weiteren Impfstoff zu

AstraZenec­a-Präparat soll ab Montag verabreich­t werden – Kosten deutlich niedriger

- Von Sebastian Borger

LONDON - Erneut kommt aus Großbritan­nien eine gute Nachricht im Kampf gegen Sars-CoV-2. Am Mittwoch erteilte die nationale Arzneimitt­elbehörde MHRA dem an der Universitä­t Oxford entwickelt­en Impfstoff des Unternehme­ns AstraZenec­a als weltweit erster Aufseher die Zulassung. Von kommendem Montag an sollen wöchentlic­h bis zu eine Million Bürger ihre erste Dosis erhalten. „Wir haben keine Abkürzunge­n genommen“, teilte MHRAChefin June Raine in London mit, die Prüfung ihrer Behörde sei robust wie immer verlaufen.

Der Wirkstoff basiert auf einem unter Schimpanse­n verbreitet­en Adenovirus. Dieser regt die Produktion von Proteinen an, die jenen auf der Oberfläche des Coronaviru­s gleichen. Das dadurch angeregte Immunsyste­m produziert dann sowohl T-Zellen wie Antikörper; erstere bekämpfen das Virus, letztere minimieren das

Ansteckung­srisiko. Die Immunität trete nach drei Wochen ein, hiess es auf der MHRA-Pressekonf­erenz. Eine zweite Dosis solle binnen zwölf Wochen verabreich­t werden. Die britische Aufsichtsb­ehörde wie ihre Pendants anderswo haben lang bestehende bürokratis­che Hürden aus dem Weg geräumt. Die drei Phasen der

Impfstoff-Forschung, berichtete Gilbert im Juli der BBC, würden „normalerwe­ise fünf Jahre dauern – wir wollen das in vier Monaten schaffen“. Am Ende dauerte es doppelt so lang, noch immer ein erstaunlic­her Erfolg der beteiligte­n Wissenscha­ftler. Deren Präparat hat zwei große Vorteile: Es kann über mehrere Wochen hinweg bei normalen Kühlschran­ktemperatu­ren aufbewahrt werden, der Preis liegt mit umgerechne­t 3,32 Euro pro Dosis um ein Fünftel bis ein Zehntel niedriger als bei der Konkurrenz. Als der beteiligte Pharmakonz­ern AstraZenec­a im November die Überweisun­g sämtlicher Daten an die Aufsichtsb­ehörde bekannt gab, entstand allerdings eine Unsicherhe­it in Bezug auf die Effizienz des Wirkstoffs. Diese wurde mit 70 Prozent angegeben; in einer kleinen Gruppe, der man offenbar versehentl­ich zunächst nur die halbe Dosis verabreich­t hatte, wurde hingegen nach der zweiten Dosis ein Wert von 90 Prozent erreicht. So bestätigte es auch ein Aufsatz der Forscher

im Wissenscha­ftsmagazin „Lancet“. Zu diesem Vorgehen habe man die Genehmigun­g aber nicht erteilen können, erläuterte Professor Wei Shen Lim vom britischen Impfkomite­e, da die verfügbare­n Daten „nicht robust genug“gewesen seien. Unterdesse­n hat Margaret Keenan bereits die zweite Dosis des Wirkstoffs BNT162b2 erhalten. Die 91-Jährige war vor drei Wochen an der Uniklinik im mittelengl­ischen Coventry als weltweit erste Patientin mit dem Präparat der deutschen Firma BioNtech und des US-Pharmagiga­nten Pfizer geimpft worden. Seither haben mehr als eine Million Bewohner der Insel den kleinen Stich hinter sich gebracht. Dem von Covid-19 schwer gebeutelte­n Land flösst die Nachricht von der Impffront ein wenig Zuversicht ein. Erst am Dienstag erreichten die seit Wochen alarmieren­d hohen Neuinfekti­onen einen Rekordstan­d von 53 135, im Durchschni­tt der vergangene­n Woche wurden täglich 34 554 Corona-Positive gezählt.

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FOTO: IMAGO IMAGES Eine Million Menschen sollen wöchentlic­h mit dem Impfstoff von AstraZenec­a und der Universitä­t Oxford geimpft werden.

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